Immer mehr trockene Jahre machen den Winzern in Rheinhessen zu schaffen. Viele von ihnen setzen deshalb auf künstliche Bewässerung. Aber nicht alle Winzer halten das für die Lösung.
"Letztes Jahr war ganz extrem. Da haben wir mehr als 600.000 Liter Wasser an unsere Reben gefahren", sagt Quirin Ewen, Winzer aus Gau-Algesheim im Kreis Mainz-Bingen. Er muss seine Pflanzen seit einigen Jahren bewässern.
In einem Teil seiner Weinberge hat Ewen ein besonderes Problem: extrem sandige Böden. "Durch die Sandkörner kann das Wasser da zwar sehr gut eindringen. Die Sonne kann es aber genauso gut zum Verdunsten bringen", so Ewen. Wenn es sehr wenig regnet und die Sonne viel scheint, wird das zum Problem. Die Pflanzen finden kaum noch Wasser im Boden und vertrocknen.
Bewässerung kann sehr teuer sein
Wenn Quirin Ewen viel bewässern muss, merkt er das auch finanziell: "Es ist vor allem der Faktor Zeit. Unser Tank fasst 5.000 Liter. Bis der voll geladen und zum Wingert gefahren ist, vergeht schon viel Zeit." Den Tank muss er dann an die Schläuche anschließen, die sich durch seinen Weinberg ziehen. Oft sei er dann während des Bewässerungs-Vorgangs zum Hof zurückgefahren und habe den nächsten Tank gefüllt. "Da ist schon eine Arbeitskraft den ganzen Tag nur mit Bewässern beschäftigt. Und das wochenlang."
Dabei hat Ewen Glück, dass nur rund drei seiner knapp 17 Hektar extrem trockenen Boden haben. Die restlichen Flächen muss er weniger oder gar nicht bewässern. Zudem komme ihm zugute, dass es in Gau-Algesheim mehrere öffentliche Brunnen gebe, aus denen er Wasser entnehmen könne. Damit komme er niemandem in die Quere, weil die Brunnen kein Trinkwasser fördern. Einen Teil des Wassers muss Ewen aber dem öffentlichen Leitungsnetz entnehmen.
Manche Winzer lehnen Bewässerung ab
Ein Schritt, der für Martina Bernhard-Fazzi undenkbar wäre. Die junge Winzerin aus Wolfsheim, keine 15 Kilometer von Gau-Algesheim entfernt, lehnt künstliche Bewässerung grundsätzlich ab. "Wir leiden jetzt schon unter Wasserknappheit. Dieses kostbare Gut sollten wir nicht dafür verwenden, Gärten zu sprenkeln oder Weinberge zu bewässern", so Bernhard-Fazzi.
Zudem sei eine dauerhafte Bewässerung für Weinreben gar nicht hilfreich. "Mit diesem Eingriff in die Natur beeinflusst man, wie die Wurzeln der Reben wachsen", sagt Bernhard-Fazzi. "Die Wurzeln der Reben wachsen immer dahin, wo Wasser und Nährstoffe sind. Das ist normalerweise tief im Boden. Wenn ich dauerhaft bewässere, steht das Wasser weiter oben zur Verfügung und die Rebe wurzelt nicht mehr so tief." Das bedeutet: Sie kommt noch schlechter an Wasser und muss umso häufiger bewässert werden.
Ohne Wasser wenig Ertrag
Für Bernhard-Fazzi Grund genug, Bewässerung abzulehnen. Deshalb musste sie in den letzten Jahren immer wieder Ernteausfälle in Kauf nehmen. "Wir haben in manchen Jahren nur die Hälfte unserer normalen Erntemenge geerntet. Die Ausgaben sind aber gleich geblieben. Das musst du auch wirtschaftlich erstmal verkraften." Bernhard-Fazzis Vater Jörg Bernhard möchte deswegen auch anfangen, die Weinberge zu bewässern. Bisher konnte sich seine Tochter aber durchsetzen. "Vielleicht kann man sagen: 'Er ist der Realist, ich bin der Idealist.'"
Den Idealismus kann sich Quirin Ewen auf seinen sandigen Böden nicht leisten. Sonst würde sein Weinberg sterben. "Letztendlich müssen wir vielleicht die eine oder andere Fläche ganz aufgeben", sagt er. Die Bewirtschaftung würde sonst auf Dauer zu teuer. "Wir haben uns schon nach anderen Flächen umgeschaut und vor zwei Jahren einen neuen Weinberg auf einem Boden gepflanzt, der weniger Wasser benötigt." Eine andere Alternative seien Rebsorten, die tiefer wurzeln und so an mehr Wasser kommen. Denn auch Winzer Quirin Ewen ist klar: "Immer mehr Wasser in die Weinberge zu fahren, kann ja auf Dauer auch keine Lösung sein."