Zum Landespflegetag in Rheinland-Pfalz

Was den Job in der ambulanten Pflege so schwierig macht

Stand
Autor/in
Wolfgang Seligmann

In der ambulanten Pflege gibt es zu wenig Arbeitskräfte, was aber wohl eher selten am Verdienst liegt. Andere Probleme wiegen schwerer und bringen die ambulante Pflege ans Limit.

Rainer Püschel weiß, wovon er spricht: Seit mehr als 30 Jahren ist er in der Pflege tätig. Er hat in Heimen gearbeitet, hat den Ausbilderschein für Pflegeberufe und die Zusatzausbildung als Pflegedienstleiter. Derzeit arbeitet er als Pfleger im ambulanten Kranken- und Pflegedienst seiner Mutter im rheinhessischen Friesenheim.

Das Team dort ist so klein, dass pflegebedürftige Menschen teilweise abgelehnt werden. "Wir haben viel mehr Anfragen, als wir annehmen können. Und wenn sich der Zustand unserer Patienten verschlechtert und sie mehr Pflege brauchen, können wir das teilweise auch nicht mehr leisten", sagt Rainer Püschel.

Rentnerinnen helfen beim Pflegedienst

Überhaupt ist der Dienstplan auf Kante genäht. "Uns geht es wie praktisch allen anderen Pflegediensten auch: Fällt nur eine examinierte Kraft aus, müssen Überstunden und Wochenenddienste zusätzlich gemacht werden." Der Pflegedienst habe den Vorteil, dass dort viele Rentnerinnen und Rentner aushelfen und einspringen. Nur weil das so ist, könnten die Angestellten teilweise den Urlaub nehmen, der ihnen zusteht.

Neue Pflegekräfte dringend gesucht

Der ambulante Pflegedienst hat acht Pflegekräfte, vier für hauswirtschaftliche Arbeiten bei den Patientinnen und Patienten. Insgesamt werden mehr als 120 Menschen von dem Friesenheimer Team versorgt. Es werden dringend mehr Beschäftigte gesucht.

Aber warum gibt es so wenig Arbeitskräfte im ambulanten Pflegedienst? Am Verdienst liegt es eigentlich nicht. So zumindest bekommt es Rainer Püschel von den meisten seiner Kolleginnen und Kollegen gespiegelt. Andere Gründe spielen eine größere Rolle.

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Pflegekräfte sind körperlich am Ende

So scheiden viele aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig aus dem Pflegeberuf aus. "Ein Beispiel: Einen erheblich pflegebedürftigen Menschen, der auch noch sehr schwer ist, kann man alleine nicht bewegen. Die Pflegekasse sagt dann, 'schickt doch gerne eine zweite Pflegekraft mit'. Bezahlt wird aber nur eine." Also, so Püschel weiter, fahre nur einer zu diesem Patienten und mache sich dabei auf Dauer dann den Rücken kaputt.

Die Bürokratie nimmt immer mehr zu

Bürokratie ist ein weiteres Problem, das viel Zeit in der Pflege frisst. "Ich habe bei vielen Patienten Akten, die so dick sind wie ein Buch, weil alles bis ins Kleinste dokumentiert werden muss. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MdK) kontrolliert das auch regelmäßig - also nicht die Qualität unserer Pflege, sondern unserer Unterlagen."

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"Politik setzt falsche Anreize in der Pflege"

Überhaupt habe die Politik vieles besser machen wollen, aber sei dabei den falschen Weg gegangen, sagt Rainer Püschel. "Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, hat die Politik viele Möglichkeiten des Aufstiegs geschaffen: Pflegekräfte können zum MdK wechseln, sich weiterbilden als sogenannte Wundmanager und vieles mehr." Das nutzten auch viele Pflegekräfte, vor allem weil die Arbeitszeiten angenehmer seien, aber all diese Kräfte fehlten nun in der Pflege. Man habe nicht die Pflege attraktiver gemacht, sondern den Ausstieg.

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Rainer Püschel erzählt aber auch, dass viele Pflegerinnen und Pfleger aus mangelndem Respekt ihren Beruf an den Nagel hängen wollen. Dabei gehe es gar nicht mal um den Respekt aus Politik und Gesellschaft, auch wenn der deutlicher ausfallen könnte. Es gehe auch um den Respekt der Patienten. "Früher hieß es: schön, dass du hilfst. Man war Ansprechpartner, fast sogar ein Familienmitglied", so Püschel. Heutzutage hieße es häufig: "Wir zahlen so viel Geld, mach das, was wir dir sagen!" Man werde zum reinen Dienstleister.

Die schöne Seite des Pflegeberufs

Auf die Frage, ob er diesen Job noch einmal wählen würde, sagt Rainer Püschel nach kurzem Zögern: "Ehrlich gesagt, ja. Die Möglichkeit, einem todkranken Menschen zu helfen, dass er in Frieden und würdevoll gehen kann oder einem schwerkranken Patienten ein Lächeln auf die Lippen zu bringen oder auch, wenn ein verwahrloster Patient nach einer Rasur in den Spiegel schaut und sich wohl fühlt - das ist mit Geld nicht zu bezahlen."

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Wolfgang Seligmann