Mehr Menschen als erwartet hatten am Samstag auf dem Dorfplatz in der Gemeinde Rhodt unter Rietburg gegen Demokratiefeindlichkeit demonstriert.
Dem Aufruf unter dem Titel "Rhodt statt Braun" waren am Samstagvormittag geschätzt rund 200 Menschen gefolgt. Ortsbürgermeister Armin Pister, hatte die Kundgebung als Privatperson angemeldet und die Teilnehmerzahl im Vorfeld vorsichtig auf rund 30 Menschen geschätzt. Der kleine Dorfplatz war fast komplett gefüllt. Neben Rhodter Bürgerinnen und Bürgern kamen viele Teilnehmende aus dem Nachbardorf Weyher, aber auch aus der weiteren Umgebung wie Speyer oder Eußerthal.
Viele Demonstranten hatten bunte Fahnen und selbst gebastelte Plakate mitgebracht, mit Aufschriften wie "Menschenrechte statt rechte Menschen", "Jeden Tag Demokratie leben und verteidigen" oder "Schwarz Rot Gold statt Braun".
Rhodt: Angemeldeter Wahlkampfstand der AfD blieb weg
Vom Infostand, den nach SWR-Informationen der südpfälzische AfD-Bundestagsabgeordente Bernd Schattner angemeldet hatte, war dagegen am Samstagvormittag nichts zu sehen. Somit kam es auch nicht zu Diskussionen mit AfD-Vertretern. Stattdessen kamen die an der Kundgebung Teilnehmenden miteinander ins Gespräch.
Und es gab viel Applaus für die Reden von Wolfgang Schwarz (SPD), Ortsbürgermeister aus dem nahe gelegenen Hainfeld und ehemaliger Landtagsabgeordneter, und des pensionierten Pfarrers Lothar Schwarz aus Altdorf (ebenfalls Kreis Südliche Weinstraße).
Wie es zu der Demo in dem kleinen Ort kam
Rhodt unter Rietburg ist ein idyllisches Weindorf im Kreis Südliche Weinstraße mit knapp 1.000 Einwohnern. Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Man kennt sich mit Namen, hilft einander und feiert gerne zusammen, erzählen Dorfbewohner. Es gibt ein reges Vereinsleben und im Ortsgemeinderat würden alle 16 Mitglieder an einem Strang ziehen, sagt Ortsbürgermeister Armin Pister (FWG): "Die Parteizugehörigkeit spielt hier keine Rolle und die AfD ist gar nicht präsent hier im Ort."
Demo war gegenüber AfD-Infostand geplant
Umso erstaunter sei er gewesen, als die AfD plötzlich für Samstag einen Infostand auf dem zentralen Dorfplatz, dem Eichplatz, angemeldet hat, so Pister. Man habe am Dorfstammtisch und auch über Social Media darüber diskutiert, was zu tun sei. Und als er vorgeschlagen habe, doch zur gleichen Zeit auf dem Eichplatz eine Demo anzumelden, sei das auf große Zustimmung gestoßen. Gesagt, getan. Innerhalb weniger Tage war ein Flugblatt erstellt. Der Titel: "Rhodt statt Braun".
Auf dem Flugblatt hieß es unter anderem: "Die AfD vertritt in Teilen rechtsextremes Gedankengut, das unseren Grundwerten entgegensteht. In Zeiten, in denen rechtsextreme Tendenzen zunehmen, ist es entscheidend, aktiv für unsere Werte einzutreten und ein Zeichen gegen jegliche Form von Extremismus zu setzen."
Ortsbürgermeister: Demoaufruf stieß auf viel Resonanz
Im Vorfeld der Demonstration berichtete der Ortsbürgermeister, die Resonanz auf den Aufruf, für Vielfalt, Toleranz und eine starke Demokratie auf die Straße zu gehen, sei enorm gewesen. Es hätten sich immer mehr Leute angemeldet und gesagt: "Ja, tolle Sache". Auch für den Flyer hätte man viele Vereine gewinnen können, die sagten, "Ja, wir stehen auch für diese Sache ein und wir unterzeichnen dieses Flugblatt."
Diese Haltung zeigte sich auch bei einer Umfrage des SWR im Ort. Ein junger Südpfälzer sagte vor der Demo beispielsweise "Gerade in so einer kleinen Gemeinde ist es, glaube ich, schwieriger, sich mit seiner politischen Meinung in der Masse zu verstecken, weil man sich ja auch meistens kennt. Respekt vor den Leuten, die das machen! Ich finde das richtig gut, dass sie demonstrieren, weil das ist genau das, was wir brauchen, denn es sollte sich nicht wiederholen, was schon mal in diesem Land war!"
Ortsbürgermeister: Warum gerade das kleine Rhodt?
Warum aber wollte die AfD plötzlich in dem kleinen südpfälzischen Ort Rhodt Präsenz zeigen? Bürgermeister Pister hat eine Vermutung: "Im ländlichem Raum, wo man meint, da ist alles noch in guter Ordnung: Vielleicht ist das ein Ansatzpunkt für die AfD da für Stimmen zu werben."
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