Am Mittwoch hat sich Landaus erster Beauftragter für jüdisches Leben vorgestellt. Offiziell ist er noch nicht in seinem Amt bestätigt. Sobald er loslegen kann, hat er viel zu tun.
"Es gehört Mut dazu, gerade in dieser Zeit dieses Amt machen zu wollen", sagt Landaus Oberbürgermeister Dominik Geißler (CDU) bei der Vorstellung von Andreas Boltz. Geht es nach Geißler, soll der 57-jährige Boltz der Beauftragte für jüdisches Leben in Landau werden und auch zuständig sein für die Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus in der Stadt.
Ein städtischer Antisemitismusbeauftragter - so etwas gibt es in dieser Form bisher nirgends in Rheinland-Pfalz. Es ist ein Ehrenamt mit einer langen Aufgabenliste. Boltz, der jüdische Vorfahren hat, will ein Netzwerk bilden aus jüdischen und nichtjüdischen Experten aus Wissenschaft, Bildung und Zivilgesellschaft. Er will Vorträge, Schulbesuche, Gesprächsangebote organisieren. Sich mit anderen Religionsgemeinschaften vernetzen. Und: eine jüdische Gemeinde in Landau aufbauen:
Ein Ziel: Aufbau einer jüdischen Gemeinde in Landau
In einer neuen jüdischen Gemeinde, wie sie sich Andreas Boltz und Landaus OB Geißler vorstellen, könnten praktizierende und nicht praktizierende Juden zusammenkommen. Eine neue Gemeinschaft soll entstehen, Menschen sollen sich trauen, "ihr Judentum offen zu zeigen".
Wie viele Juden es in Landau oder der Südpfalz gibt? Das wisse er nicht, sagt Geißler. Und die genaue Zahl sei auch egal. So oder so gebe es Antisemitismus in der Stadt: Er berichtet von Drohzetteln, zerstochenen Reifen, Mobbing am Arbeitsplatz.
Schon vor dem Überfall der Hamas am 7. Oktober vergangenen Jahres habe er einen Antisemitismusbeauftragten einsetzen wollen, sagt Landaus Oberbürgermeister. Die Idee dazu sei unter anderem von Andreas Boltz an ihn herangetragen worden.
Boltz: Antisemitismus im Migrationsbeirat von Landau
Ein Grund: Boltz sagt, er habe "schwerwiegende antisemitische Äußerungen" erlebt, im Landauer Beirat für Migration und Integration. Dem Beirat, der unter anderem das gleichberechtigte Zusammenleben der in Landau wohnenden Menschen verschiedener Nationalitäten, Kulturen und Religionen fördern und sichern soll, hat Boltz dreieinhalb Jahre lang angehört - bis er aus Protest im März 2023 zurückgetreten ist.
Andere bestätigen Boltz' Vorwürfe. Zum Beispiel SPD-Stadträtin Magdalena Schwarzmüller, die ebenfalls in dem Beirat aktiv ist: "Ja, auch ich habe diese Vorfälle mitbekommen."
Wird Andreas Boltz vom Stadtrat in seiner nächsten Sitzung bestätigt, kann er loslegen. Erst einmal ein Jahr lang wird er als Antisemitismusbeauftragter und als Beauftragter für jüdisches Leben ehrenamtlich arbeiten - danach soll geschaut werden, ob die vielen Aufgaben und das Ehrenamt zusammenpassen.
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Appell an Stadt: Mehr Gruppen brauchen Unterstützung
"Ich wünsche ihm eine dicke Haut", sagt Francesca Vidal. Die Landauer Uni-Professorin von der SPD engagiert sich unter anderem in der jüdisch-arabischen Verständigung. Sie hätte sich gewünscht, dass die Anforderungen an einen städtischen Antisemitismusbeauftragten vorher in größerer Runde besprochen worden wären. Nun müsse es Andreas Boltz schaffen, alle Landauer zusammenzubringen, die sich gegen antisemitische Haltungen stellten.
An die Stadtspitze gerichtet sagt sie: "Ich finde es sehr wichtig, dass es diesen Beauftragten gibt, wünsche mir aber, dass sich die Stadt generell gegen Menschenfeindlichkeit positioniert." Auch andere Gruppen wie die Sinti und Roma bräuchten Unterstützung.
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