Bildungsministerium schaltet sich ein

Gräfenauschule Ludwigshafen: 40 Grundschüler bleiben sitzen - was sagt die Stadt?

Stand
Autor/in
Birgit Baltes
Foto für Autorenseite

Die Schulleiterin der Gräfenauschule in Ludwigshafen hat vor kurzem Alarm geschlagen: 40 Erstklässler bleiben im Sommer wohl sitzen. Was sagt die Stadtverwaltung?

"Alles in allem tun wir bereits alles, was in unseren Möglichkeiten liegt, die Kinder optimal in die Schule zu begleiten." Mit diesen Worten fasst die Bürgermeisterin und Schulderzernentin der Stadt Ludwigshafen, Cornelia Reifenberg (SPD), das zusammen, was sie auf SWR-Anfrage zur Situation in der Gräfenauschule auf drei DIN A4-Seiten ausgeführt hat.

"Alles in allem tun wir bereits alles, was in unseren Möglichkeiten liegt, die Kinder optimal in die Schule zu begleiten."

In ihrer Stellungnahme beschreibt Reifenberg ausführlich die vielen Hilfsangebote, die es seit Jahren in der Gräfenauschule, aber auch im gesamten Hemshof in Ludwigshafen-Nord gibt - ein Stadtteil, der als sozialer Brennpunkt bekannt ist. Da ist beispielsweise von Schulsozialarbeit die Rede, von ehrenamtlichen Lernpaten und einem Mütter-Café bis hin zu speziellen Lern- und Sprachförderprojekten. Das betrifft sowohl die Gräfenauschule als auch zwei städtische Horte, die ein Großteil der Grundschulkinder besucht.

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Aber all die Angebote reichen offensichtlich nicht, wie das Beispiel Gräfenauschule zeigt: Zum Ende des Schuljahres bleiben voraussichtlich 40 Erstklässler sitzen. Daran sei auch enormer Personalmangel Schuld, sagt die Dezernentin. "Dadurch ist es uns oft nicht möglich, die beschriebenen Standards zu halten, wodurch wir leider auch in der Bildung und Förderung Abstriche machen müssen." Für knapp 60 der insgesamt etwa 450 Schülerinnen und Schüler der Gräfenauschule - davon 98 Prozent mit Migrationshintergrund - wird derzeit eine regelmäßige Sprach- und Lernförderung im Unterricht oder im Hort angeboten. Unklar bleibt dabei, wie viele der Kinder tatsächlich einen zusätzlichen Förderbedarf haben.

Im Hemshof fehlen 125 Kita-Plätze

Es klemmt aber schon bei den Kita-Plätzen, obwohl der Hemshof hier im Vergleich zu anderen Ludwigshafener Stadtgebieten noch gut aufgestellt ist, wie Reifenberg betont. Aktuell stehen demnach in zehn Kitas im Hemshof 956 Plätze zur Verfügung, 125 Plätze weniger als benötigt. Die Schuldezernentin betont, wie eng diese Kitas, mit den beiden Grundschulen und Horten im Stadtteil zusammenarbeiten.

Vorsitzender des Migrationsbeirats: Probleme seit Jahren bekannt

Der Vorsitzender des Beirats für Migration und Integration, Joannis Chorosis (CDU), kam 1961 im Grundschulalter mit seinen Eltern aus Griechenland in den Hemshof und direkt in die Gräfenerauschule. Damals seien in seiner 1. Klasse drei Kinder mit Migrationshintergrund gewesen, sagte er dem SWR. Das habe sich im Laufe der Jahre stark verändert. Die Probleme, die damit an der Gräfenauschule einher gingen, seien schon seit mindestens zehn Jahren bekannt.

Die Probleme mit Sprache und Integration bereiteten nicht Kinder der Familien aus der Türkei, Italien und Griechenland, die hier bereits in zweiter oder dritter Generation lebten, sondern vor allem Menschen aus Bulgarien, Rumänien oder Flüchtlinge aus dem nicht-europäischen Ausland. "Viele haben andere kulturelle Standards, weil sie aus völlig anderen Kulturen kommen", so Chorosis. Und sie blieben auch unter sich. "Das Traurige dabei ist, aber dass es niemanden so richtig interessiert und man sagt "es ist halt so". Er kritisiert, dass sich keine der Parteien im Stadtrat und keiner der Ortsvorsteher in Ludwigshafen des Themas annähme.

"Das Traurige dabei ist, dass es niemanden so richtig interessiert und man sagt "es ist halt so."

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Chorosis lobt den Hilferuf von Schulleiterin Barbara Mächtle. "Ich bin froh, dass eine neue Schulleiterin mal die Initiative ergriffen hat," so Chorosis. "Es ist zwar kein schönes Thema. Aber es kann auch nicht so bleiben!" Ein großes Problem sei, dass immer mehr Deutsche aus der Innenstadt in Ludwigshafen wegzögen und der Anteil an Migranten immer weiter steige. "Wenn wir jetzt nichts unternehmen, dann dauert es nicht lange, bis nicht 40, sondern 80 Erstklässler sitzen bleiben!," warnt Chorosis.

Land hat Sprachkurse in Kitas gestrichen

Er fordert, wieder Sprachkurse in den Kitas anzubieten, damit schon dort die deutsche Sprache vermittelt werden kann. Das Land habe die bereits bestehenden Deutsch-Kurse mit dem neuen Kita-Gesetz abgeschafft. Damit fehlten nun Lehrkräfte, die diese Aufgabe übernehmen könnten.

Gefragt seien auch die Ortsvorsteher, auch, aber nicht nur im Hemshof. Politiker müssten sich mehr einbringen und über ihre Parteien Anträge stellen, die etwas in Bewegung bringen. Da würde als Minimum schon die Anfrage reichen, wie es an anderen Grundschulen in Ludwigshafen aussieht. "Aber keiner stellt so einen Antrag", sagt Joannis Chorosis verärgert.

Außerdem seien auch die vielen Vereine der alteingesessene Nationalitäten etwa aus der Türkei, Italien und Griechenland gefragt. Sie könnten viel mehr tun, um Neuankömmlinge zu integrieren und auch, um Deutsche an ihrer Kultur teilnehmen zu lassen.

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Dezernentin Reifenberg will Lösungen finden - mit den Akteuren vor Ort, aber auch mit allen Verantwortlichen. Die Stadt prüfe deshalb die bestehenden Angebote für Kinder im Hemshof und schaue, wo noch nachgebessert werden müsse.

Wegen der Gräfenauschule ist Mitte Mai ein Gespräch zwischen Stadt und rheinland-pfälzischem Bildungsministerium geplant. "Wir stehen hier von einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung, bei der im Hinblick auf die Migration und Schulen insbesondere die Bundes- und Landespolitik gefragt sind", so Reifenberg.

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