Während der Rhein-Pfalz-Kreis in einem Brandbrief an Bund und Land zuletzt einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge gefordert hat, versucht die kleine Gemeinde Limburgerhof weiterhin, Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen. Selbst im Rathaus wurden Betten aufgestellt.
Die Männer vom Bauhof packen an diesem Morgen kräftig mit an: In Windeseile bauen sie Stockbetten für 18 Flüchtlinge aus der Ukraine an einem ziemlich außergewöhnlichen Ort auf - in Büroräumen des Rathauses der Kommune Limburgerhof im Rhein-Pfalz-Kreis.
"Wir haben immer mehr Personal, deswegen haben wir diesen Flügel des Gebäudes dazu gekauft. Früher gehörte der einer Küchenfirma", erzählt die ehrenamtliche Beigeordnete Rosemarie Patzelt, die in Limburgerhof für die Geflohenen zuständig ist. Doch die Rathausmitarbeiter haben diese Büroräume nie bezogen.
Unterbringung in Zelten kommt nicht in Frage
Als klar war, es kommt eine Großfamilie aus der Ukraine mit zwölf Kindern im Alter von fünf bis 15 Jahren in der Gemeinde an, da hat Rosemarie Patzelt nicht lang gefackelt. Kurzerhand hat sie der Kreisverwaltung mitgeteilt, dass die Räume jetzt keine Büros werden, sondern eine Notunterkunft für Flüchtlinge. "Eigentlich bräuchten wir ja jetzt eine Baugenehmigung dafür. Aber das ist mir Wurscht. Hätte ich die Familie in Wurfzelten unterbringen sollen!?", fragt die pragmatische Endsechzigerin fast ein bisschen trotzig.
So viel Privatsphäre wie möglich
Rosemarie Patzelt ist seit zehn Jahren in Limburgerhof zuständig für die Geflohenen. Turn- und Kulturhallen kamen für die 69-Jährige als Unterkunft für Geflohene nie in Frage. Genauso wenig wie Container. Und zwar nicht nur, weil sie den Senioren nicht ihr Seniorencafé wegnehmen wollte oder den Vereinen den Ort für den Sport, sondern weil sie den geflohenen Menschen so viel Privatsphäre wie nur möglich einräumen wollte.
"Das brauchen wir doch auch alle - Privatsphäre!", erklärt sie lapidar. Außerdem sei nur in dezentralen Unterkünften eine tatsächliche Integration möglich. das ist ihre feste Überzeugung.
Büroräume im Rathaus Übergangslösung
Und so ist ihr klar, dass die ehemaligen Büroräume im Rathaus nur eine vorübergehende Lösung sein können. "Die Leute brauchen richtige Wohnungen und zwar schnell!", weiß die langjährige Beigeordnete. Und bis jetzt hat sie noch fast jeden dezentral untergebracht, erklärt sie nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme. Auf die Frage, wie sie das schaffe, weist sie bescheiden auf die anderen Mitarbeiter der Kommune hin. Die Mitarbeiter des Bauhofes, die mal schnell Betten zusammen zimmern, die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen, die sich sofort darum bemühen, dass Kinder in Kitas und Schulen unterkommen.
Solidarität der Bürger
"Und natürlich kann ich mich auf die Bürger vom Limburgerhof verlassen. Wenn ich denen sagen würde, ich brauche Fernseher, dann hätte ich morgen 50 davon in meinem Büro stehen!", weiß sie um die Solidarität der Gemeinde. Die Bürger vertrauen Rosemarie Patzelt und vermieten gerne an die Kommune. 400 Flüchtlinge sind in Limburgerhof zu hause, verteilt auf 100 Häuser und Wohnungen. Lediglich eine kleine Gruppe lediger Männer sei tatsächlich in einem Containerkomplex untergebracht, das sei aber die absolute Ausnahme. "Gerade gestern habe ich wieder ein 120 Quadratmeter großes Haus angeboten bekommen und konnte so eine Familie mit sieben Kindern ein ordentliches Zuhause zur Verfügung stellen", erzählt Rosemarie Patzelt.
Den Geflohenen ein Gesicht geben
Das Rathaus in Limburgerhof ist in einem Gebäude untergebracht, indem auch Wohnungen und Geschäfte beheimatet sind. "Klar, war da nicht jeder erfreut, als wir darüber informiert haben, dass hier jetzt auf Zeit auch Flüchtlinge leben. Aber wenn man sich erst einmal gegenseitig kennen gelernt hat, geht das. Ich sage immer, wenn man erstmal ein Gesicht zu dem Flüchtling hat, dann gibt es da eine ganz andere Basis für gegenseitiges Verständnis", findet Rosemarie Patzelt.
Allmählich wird es auch in Limburgerhof "eng"
Doch auch in Limburgerhof wirds allmählich eng - Engagement hin oder her. In diesem Jahr wurden der Gemeinde bereits 80 Geflohene zugewiesen, bliebe es bei der Geschwindigkeit und Menge an Zuweisungen, kämen bis Ende des Jahres weitere 80 Menschen hinzu. "Die Flüchtlinge, die im Jahr 2015 zu uns gekommen sind, haben sich ja nicht in Luft aufgelöst. Die leben immer noch in den Wohnungen, die wir ihnen damals zugewiesen haben. Und zwar nicht, weil sie nicht willens wären, sich etwas anderes zu suchen, sondern schlicht, weil es auf dem Wohnungsmarkt so eng ist und sie nichts anderes finden", erklärt Patzelt nüchtern.
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Turnhallen belegen - so lange wie möglich vermeiden
Noch hofft Rosemarie Patzelt weiter auf die Solidarität der Bürger in Limburgerhof und vertraut auf ihre enorme Kreativität, Wohnraum zu suchen und zu finden. Aber auch sie weiß, das Engagement hat Grenzen. Irgendwann wird auch die Gemeinde Limburgerhof Turnhallen und Container für Flüchtlinge öffnen müssen. Doch bis es so weit ist, geht Rosemarie Patzelt erstmal lieber Geschirr besorgen für die neuen Bewohner im Rathaus. Schließlich müssen die ja versorgt sein, erklärt sie und eilt emsig davon.
Erste Beigeordnete hat ebenfalls Wohnraum zur Verfügung gestellt
Rosemarie Patzelt geht im Übrigen natürlich auch mit gutem Beispiel voran. Als ein Pflegeheim Wohnraum für einen Flüchtling gesucht hat, der zum Altenpfleger ausgebildet wird, hat sich das Heim auch an Rosemarie Patzelt gewandt. Der junge Mann wohnt jetzt in einer Einliegerwohnung, die Rosemarie Patzelt und ihrem Mann gehört. "Um diesen jungen Flüchtling kümmert sich allerdings mein Ehemann. Der ist schon in Rente. Ich kann mich ja nicht um alles kümmern", erklärt die 69-Jährige.
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