Drei Straßen in Bad Dürkheim sind nach Männern mit NS-Bezug benannt - und werden jetzt trotzdem nicht umbenannt. So haben die Bad Dürkheimer am Sonntag entschieden. Das sind die Reaktionen.
Die Entscheidung des Bürgerentscheids war eindeutig: 73,7 Prozent der Wähler lehnten eine Umbenennung der Straßen ab, nur 26,3 Prozent hätten diese befürwortet. Auf die Frage "Soll die Umbenennung der Karl-Räder-Allee, der Philipp-Fauth-Strasse und der Maler-Ernst-Straße unterbleiben?" stimmten demnach 4.256 Bad Dürkheimer mit "ja". 1.522 stimmten mit "nein". Die Wahlbeteiligung an dem Bürgerentscheid lag laut Stadt bei 38 Prozent.
Große Mehrheit gegen Umbenennung Bürgerentscheid in Bad Dürkheim: Straßennamen bleiben - trotz NS-Bezug
Drei nach Männern mit NS-Vergangenheit benannte Straßen in Bad Dürkheim werden nicht umbenannt. Das sei das vorläufige Ergebnis eines Bürgerentscheids, teilte die pfälzische Stadt am Sonntagabend mit.
Straßennamen in Bad Dürkheim bleiben: Bürgerinitiative zufrieden
Ulrich Martin ist Sprecher der Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt der umstrittenen Bad Dürkheimer Straßennamen eingesetzt und das Bürgerbegehren zum Thema auf den Weg gebracht hat. Er sagte dem SWR am Montag, er sei sehr überrascht und auch froh über die Klarheit des Ergebnisses. Vor allem hätten nun aber die Bürgerinnen und Bürger von Bad Dürkheim selbst über dieses Thema entschieden - und nicht nur der Stadtrat. Das sei das wichtigste Ziel der Bürgerinitiative gewesen.
Die Straßenschilder einfach abzuhängen, hätten er und seine Mitstreiter falsch gefunden: "Wenn man das weiterdenkt, müsste man den Großteil der Geschichte vor 1945 umbenennen oder abhängen - das geht nicht."
Hinweisschilder an noch viel mehr Straßen?
Hinweisschilder und ergänzende Anmerkungen zu den drei Straßennamens-Gebern hält er für eine sehr gute Lösung: "Das war unsere Idee von Anfang an." Die kritikwürdigen Aussagen könnten beispielsweise über einen QR-Code abgebildet und eingeordnet werden - am besten sogar für alle Straßennamen der Stadt. Denn aus heutiger Sicht problematische Ansichten hätten viele Größen der deutschen Geschichte - von den Dichtern Goethe und Schiller über Physiker wie Heisenberg bis zum Komponisten Richard Wagner.
BI-Sprecher wünscht sich entspanntere Diskussionen
Ulrich Martin wünscht sich auch, dass Diskussionen wie die um die Straßennamen in Bad Dürkheim zukünftig "etwas entspannter" geführt werden. Im Verlauf des Bürgerbegehrens seien er uns seine Mitstreier für ihren Vorschlag "inflationär" als "Nazis" beschimpft worden, so Martin. Da in Zukunft noch mehrere ähnliche Diskussionen zu führen seien, wünsche er sich, dass "wir was als Gesellschaft mit weniger Schaum vorm Mund hinbekommen."
Bürgermeister: "Straßennamen mahnen uns"
Bad Dürkheims Bürgermeister Christoph Glogger (SPD) sagte dem SWR am Montag, das demokratische Votum sei klar und eindeutig: Die Straßennamen bleiben wie sie sind. "Damit müssen wir nun umgehen. Das gehört zur Demokratie dazu." Gleichzeitig betonte er die Verantwortung, die diese Entscheidung für die Stadt nun mit sich bringe.
"Wir erinnern jetzt so weiterhin an Menschen, die in Zeiten des Nationalsozialismus überzeugte Anhänger des Regimes waren. Und natürlich müssen wir darauf hinweisen." Die Straßennamen und das ganze Thema seien "wie ein Stachel, eine kleine Wunde, die uns mahnt, wie wichtig die Erinnerung ist und wie schwierig sie auch ist."
Die Straßen müssten nun ein kleines Mahnmal dafür sein, dass soetwas wie im Nationalsozialismus nie wieder passieren dürfe. Bislang seien Zusatzschilder und eine Gedenktafel geplant. Die Details stehen laut Glogger aber noch nicht fest.
Darum sind die Namen so umstritten
Zwei der Straßen, um die es bei dem Bürgerentscheid ging, befinden sich im Stadtzentrum, eine im Bad Dürkheimer Ortsteil Seebach. Sie sind nach Karl Räder, Gustav Ernst und Philipp Fauth benannt. Letztgenannter war Astronom und stand laut Sachverständigen dem SS-Führer Heinrich Himmler nahe. Gustav Ernst war Maler. In seinem Tagebuch fand man antisemitische und Hitler verherrlichende Einträge. Karl Räder wiederum war Dichter und betrieb laut Historikern Propaganda für die Nationalsozialisten. "Als glühender Verehrer Adolf Hitlers verfasste er ihm zu Ehren etliche Gedichte", so die Stadt. Auch sei Räder oft zusammen mit NS-Funktionären aufgetreten.