Drei nach Männern mit NS-Vergangenheit benannte Straßen in Bad Dürkheim werden nicht umbenannt. Das sei das vorläufige Ergebnis eines Bürgerentscheids, teilte die pfälzische Stadt am Sonntagabend mit.
73,7 Prozent der Wählerinnen und Wähler lehnten demnach eine Umbenennung der Straßen ab, wie die Stadtverwaltung auf ihrer Internetseite schreibt. 26,3 Prozent hätten für einen solchen Schritt gestimmt. Auf die Frage "Soll die Umbenennung der Karl-Räder-Allee, der Philipp-Fauth-Strasse und der Maler-Ernst-Straße unterbleiben?" stimmten demnach 4.256 Bad Dürkheimer mit "ja". 1.522 stimmten mit "nein".
Die Wahlbeteiligung an dem Bürgerentscheid lag laut Stadt bei 38 Prozent. Nun soll in Gremien diskutiert werden, ob die Schilder der Maler-Ernst-, Karl-Räder- und Philipp-Fauth-Straße etwa mit einem erklärenden Zusatz versehen werden.
Darum sind die Namen so umstritten
Zwei der Straßen, um die es geht, befinden sich im Stadtzentrum, eine im Bad Dürkheimer Ortsteil Seebach. Sie sind nach Karl Räder, Gustav Ernst und Philipp Fauth benannt. Letztgenannter war Astronom und stand laut Sachverständigen dem SS-Führer Heinrich Himmler nahe. Gustav Ernst war Maler. In seinem Tagebuch fand man antisemitische und Hitler verherrlichende Einträge. Karl Räder wiederum war Dichter und betrieb laut Historikern Propaganda für die Nationalsozialisten. "Als glühender Verehrer Adolf Hitlers verfasste er ihm zu Ehren etliche Gedichte", so die Stadt. Auch sei Räder oft zusammen mit NS-Funktionären aufgetreten.
Stadtrat hatte für Umbenennung gestimmt
Anders als die Bürger hatte sich der Stadtrat zuvor mit überwältigender Mehrheit für eine Umbenennung der Straßen ausgesprochen. Bei den drei Männern finde sich demokratiefeindliches, nationalsozialistisches und antisemitisches Gedankengut, wie wissenschaftliche Gutachten und ausführliche Recherchen nach Angaben der Kommune feststellten. Die Stadtverwaltung Bad Dürkheim beschloss daraufhin Mitte Juli, die Straßen umzubenennen.
Bürgerinitiative sammelte Unterschriften gegen Namensänderungen
Eine Bürgerinitiative (BI) sammelte jedoch mehr als 1.500 Unterschriften gegen die Umbenennung der Straßen und erzwang so ein Bürgerbegehren. Sie schlug vor, die Straßennamen beizubehalten, aber mit Hinweisschildern über die Rolle der drei Männer im Nationalsozialismus zu versehen. Bereits 1.200 Unterschriften hätten für den Entscheid gereicht.
Ulrich Martin, der Sprecher der BI, hatte vor dem Stadtrat kritisiert, dass eine Namensänderung Kosten verursache, die die ohnehin klamme Stadtkasse zusätzlich belasten würden. Außerdem berichtete er, dass vor allem ältere Bad Dürkheimer sich gegen die Umbenennung ausgesprochen hätten. Sie hätten ihm gesagt, dass es im NS-Regime damals gang und gäbe gewesen sei, sich anzupassen und Kompromisse zu schließen, um zu überleben.
Bürgermeister sieht Votum als Chance
Bürgermeister Christoph Glogger (SPD) erklärte am Sonntagabend, die belasteten Straßennamen seien eine Wunde und Chance zugleich: Sie mahnten die Bad Dürkheimer, die Erinnerung wach zu halten und aus der Geschichte zu lernen. "Nie wieder dürfen Antidemokraten und Rassisten die Macht ergreifen", so Glogger. "Bleiben wir wachsam und streiten wir gemeinsam für eine starke Demokratie und eine offene und vielfältige Gesellschaft."