Bürokratie macht Planung zum Kraftakt

Fastnacht - Kosten und Regeln belasten die Vereine

Stand
Autor/in
Susanne Weber

Viele Fastnachtsvereine und Kommunen haben vor Kosten und bürokratischen Hürden kapituliert und ihre Fastnachtsumzüge abgesagt. Die, die durchhalten, brauchen gute Nerven.

Es sind nicht nur die gestiegenen Kosten, die den Vereinen und Veranstaltern Kopfzerbrechen bereiten - Stichwort Inflation, Corona-Pandemie und Energiekrise. Vor allem die neuen gesetzlichen Vorgaben zum Schutz von öffentlichen Veranstaltungen sind ein Problem:

"Es sind extremste Auflagen"

"Wo ich früher eine Seite Antrag gestellt habe, mach ich heute 20 Formulare", sagt Kornelia Punstein, 1. Vorsitzende des Möhnen-Clubs Mülheim-Kärlich. Der traditionelle Möhnen-Umzug findet statt, aber die Vorbereitung ist ein Kraftakt.

"Wir sind Ehrenamtler, normale Menschen, die mit Verwaltung und Rechtswissenschaft gar nichts zu tun haben", so Punstein. Jetzt sitzt sie in ihrer Freizeit auf Ämtern und schreibt Anträge.

Wir bekommen sogar von den Behörden gesagt: Wir bewundern euch und staunen darüber, dass ihr das durchzieht.

Alle Zugteilnehmer müssen im Vorfeld gemeldet werden, der Antrag muss drei Monate vor dem Termin eingehen. Seit Monaten läuft die Planung, der Verein ist verpflichtet, ein Sicherheitskonzept vorzulegen. Das regelt nahezu alles - vom Ordnungsdienst über Brandschutz, Straßensperrungen und Sanitätsdienst bis hin zur Kommunikation.

Der Verein muss Personen einsetzen, die sich den ganzen Tag bei den Ämtern, bei Polizei, Feuerwehr und Rotem Kreuz, aufhalten. "Wir müssen uns jetzt Funkgeräte leihen. Alle, die für das Sicherheitskonzept zuständig sind, müssen mit Geräten ausgestattet sein, es könnte ja Telefon- oder Handy-Netz zusammenbrechen", so Kornelia Punstein.

"Wir werden bewertet wie ein Umzug in Köln oder Mainz"

Natürlich müsse es Regeln geben, die auch beachtet werden. Aber: "Was uns ein Problem bereitet, ist, dass es nicht gestaffelt ist. Wir werden theoretisch genauso bewertet wie ein Umzug, der in Köln, Koblenz oder Mainz stattfindet."

Punstein wünscht sich dabei mehr Differenzierung und keine Regelungen bis ins kleinste Detail. Möhnen-Präsidentin Martina Niepagen habe dies bei einer Vorbesprechung mal so ausgedrückt: "Ja sollen wir denn ein Netz über Kärlich spannen" - zur Abwehr etwa von Drohnenangriffen. Nicht alles könne im Vorfeld geregelt werden.

Herxheim

Sicherheitskonzept nur für 15.000 Zuschauer Aus Angst vor Besuchermassen: Herxheim sagt Fastnachtsumzug ab

Aus Sorge vor Zuschauermassen hat der Karnevalverein im südpfälzischen Herxheim seinen traditionellen Fastnachtsumzug am 21. Februar abgesagt. Das Sicherheitskonzept war auf 15.000 Zuschauer ausgelegt.

Der Möhnen-Umzug gilt formal ebenso als Großveranstaltung wie der Mainzer Rosenmontagszug. Und damit gelten die gleichen Vorschriften gemäß Paragraph 26 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes des Landes Rheinland-Pfalz. Der regelt die "Gefahrenvorsorge und Gefahrenabwehr bei öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel". Hinter diesem Titel steht ein Berg von Vorschriften. Allein die "Anwendungshinweise für Planung, Verfahren, Durchführung und Nachbereitung" umfassen 114 Seiten.

Möhnen-Verein trägt rund 15.000 Euro Kosten

Die Mülheim-Kärlicher Möhnen veranschlagen für dieses Jahr für den Verein Kosten von rund 15.000 Euro für den Umzug.

Man muss viel Bier verkaufen, um allein diese Kosten reinzuholen.

Und diese Summe betrifft überwiegend die reine Veranstaltung, also Zeltmiete, Tontechnik, DJs und ähnliches. Etliche Kosten, die in anderen Städten die Vereine tragen müssten, übernimmt hier die Stadt.

Stadt übernimmt einen Teil der Kosten

"Wir werden von der Stadt sehr unterstützt, auch finanziell. Die übernehmen auch Kosten, die normalerweise die Vereine tragen", so Punstein. In diesem Fall zahlt die Stadt für den Einsatz des Deutschen Roten Kreuzes und für die Straßenabsperrungen. In Mülheim-Kärlich gebe es zum Glück einen eigenen Bauhof und damit die Möglichkeit, durch die großen Baufahrzeuge und Baken die Zubringerstraßen abzusperren.

In Frankenthal hätte die Stadt nach eigenen Angaben fast 40 Lkw anmieten müssen, um die Straßensperren zu gewährleisten. Das hätte einen "fünfstelligen Betrag" gekostet, hieß es. Die Stadt hatte den Umzug Anfang Januar abgesagt.

RoMo in Mainz kostet rund 500.000 Euro

Der Mainzer Rosenmontagszug wird nach zwei Jahren Corona-Pause wie geplant stattfinden. Aber auch hier sind allein die Sicherheitskosten enorm: Hannsgeorg Schönig, Präsident des Mainzer Carneval-Vereins (MCV), rechnet mit rund 150.000 bis 170.000 Euro.

Zum Vergleich: Im Jahr 2015 waren es noch 40.000 Euro. Dazu kommen dann noch die Kosten für Personal, Bühnen und Motivwagen - der Umzug in der Landeshauptstadt wird laut Schönig rund eine halbe Million Euro verschlingen.

 

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Susanne Weber