Die Kommunen in Rheinland-Pfalz haben im vergangenen Jahr im Ländervergleich erneut den größten Überschuss erzielt. Die Finanzlage vieler Kommunen im Land ist dennoch weiterhin schlecht.
Leere Kassen, hohe Schuldenberge: Den Kommunen in Rheinland-Pfalz geht es seit Jahren finanziell ziemlich schlecht. Sie gehören zu den meist verschuldeten in ganz Deutschland. Umso mehr verwundern die Zahlen aus dem neuen Kommunalen Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung. Danach haben die Städte, Kreise und Gemeinden aus Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr mehrere positive Rekorde hingelegt.
- So hoch ist der Überschuss der Kommunen
- Hohe BioNTech-Steuereinnahmen
- Infrastruktur in RLP verfällt immer mehr
- Bertelsmann-Stiftung kritisert Finanzausstattung
- AfD und Landkreistag fordern mehr Hilfe für Kommunen
Zweiter Rekord-Überschuss der Kommunen in RLP
Die Kommunen haben zum Beispiel zum zweiten Mal in Folge den größten Einnahme-Überschuss aller Bundesländer erzielt. Laut Kommunalem Finanzreport nahmen die rheinland-pfälzischen Kommunen im Schnitt 230 Euro pro Kopf mehr ein als sie ausgegeben haben. Bundesweit liegt die Zahl bei 34 Euro. Auch die Steuereinnahmen der Kommunen lagen in Rheinland-Pfalz erstmals über dem Bundesdurchschnitt.
Erfolg von BioNTech Hauptursache für hohe Einnahmen
Der Hauptgrund für den Rekord-Überschuss der rheinland-pfälzischen Kommunen sind dem Finanzreport zufolge fast ausschließlich die hohen Gewinne des Mainzer Corona-Impfstoffherstellers BioNTech. Sie hätten die Gewerbesteuereinnahmen in den Kommunen mit Firmensitzen von BioNTech extrem stark steigen lassen und damit auch die Steuereinnahmen der Kommunen im Land insgesamt.
Die Stadt Mainz zum Beispiel sei 2021 mit Steuereinnahmen von rund 4.000 Euro pro Kopf erstmals bundesweiter Spitzenreiter gewesen - noch vor dem Landkreis München und der Stadt Frankfurt. Der Landkreis Birkenfeld, wo BioNTech ebenfalls einen Standort hat, schaffte es erstmals auf Platz vier der Kommunen mit den bundesweit höchsten Steuereinnahmen.
Diese Ausnahmen dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kommunen in Rheinland-Pfalz im Ländervergleich weiterhin eher ein schwaches Steueraufkommen hätten, heißt es im Finanzreport. Demnach gehören die Landkreise Kusel und Trier-Saarburg mit Pro-Kopf-Steuereinnahmen von knapp 790 Euro weiterhin zu den Kommunen mit den bundesweit niedrigsten Steuereinnahmen.
Schulen, Straßen und Brücken in RLP verfallen immer mehr
Ein weiteres Ergebnis der Bertelsmann-Studie lautet: In Rheinland-Pfalz nimmt der Verfall von Infrastruktur wie Schulen, Straßen oder Brücken im Ländervergleich weiter zu - trotz Rekordinvestitionen im vergangenen Jahr. Dem Bericht zufolge gaben die Kommunen im Land für den Erhalt von Schulen, Straßen und Brücken, oder andere öffentliche Einrichtungen wie den ÖPNV und Sportstätten, im vergangenen Jahr die Rekordsumme von 1,9 Milliarden Euro aus. Im Ländervergleich lag Rheinland-Pfalz damit erstmals seit langem wieder im Mittelfeld.
Davor gehörte Rheinland-Pfalz jahrelang zu den Ländern mit den geringsten Investitionen. Dadurch sei eine Lücke entstanden, die weiter größer werde, heißt es. Denn eine einmalige Rekordinvestition könne diesen Rückstand nicht ausgleichen. Für die Experten der Bertelsmann-Stiftung eine gefährliche Entwicklung. Denn Kommunen, die immer weniger in Straßen oder Schulen investierten, würden immer unattraktiver für Einwohner und Firmen.
Bertelsmann bemängelt Finanzausstattung der Kommunen
Als Ursache für die seit Jahren geringen Investitionen in Rheinland-Pfalz nennen die Experten die chronisch schwache Finanzausstattung vieler Kommunen im Land. Die Kassenkredite - vergleichbar mit dem Dispokredit bei Bankkunden - der rheinland-pfälzischen Kommunen seien im Ländervergleich nach wie vor die höchsten.
Die Experten der Bertelsmann-Stiftung gehen davon aus, dass der BioNTech-Effekt mit den sprudelnden Steuereinnahmen nachlässt und auch sonst die Steuereinnahmen aufgrund der wirtschaftlichen Lage eher zurückgehen werden. Damit werde sich an der finanziell eher schlechten Lage der rheinland-pfälzischen Kommunen in den nächsten Jahren wohl wenig ändern, heißt es im Finanzreport.
AfD und Landkreistag fordern mehr Hilfe für Kommunen
Ähnlich sieht es die oppositionelle AfD. Die Partei fordert die Landesregierung dazu auf, ein Förderprogramm für die Kommunen aufzulegen. Nur so könne die Finanzlage der Gemeinden deutlich verbessert werden.
Auch der Landkreistag ist der Meinung, dass das Geld, das das Land den Kommunen bis jetzt gibt, nicht ausreiche, um den Sanierungsstau bei Schulen, Straßen, Brücken und anderen öffentlichen Einrichtungen aufzuholen. Damit gehe der Verfall der Infrastruktur in den Landeskommunen weiter.