Hohe Preise und wenig Einkommen - damit kämpfen viele Menschen schon das ganze Jahr über. Vor Weihnachten ist die Lage noch angespannter. Oft ist die letzte Chance das Pfandhaus.
Pünktlich um zehn öffnet sich die Tür im Pfandhaus Hermann in der Koblenzer Altstadt. Eine Frau hält ein goldenes Armband in der Hand. Das wolle sie verpfänden, um schnell an Geld zu kommen, sagt sie. Für ihr Schmuckstück bekommt sie rund 1.000 Euro - bar auf die Hand.
Wenn sie in ein paar Wochen wieder besser bei Kasse sei, wolle sie das Armband wieder auslösen, sagt sie zum Pfandhaus-Mitarbeiter an der Kasse. Ob sie es schaffe, wisse sie aber nicht.
Die Frau ist kein Einzelfall. Alle, die in der Schlange anstehen, brauchen Geld. Deshalb verpfänden oder verkaufen sie ihre Wertgegenstände - etwa goldene Uhren, Ketten, Ohrringe oder Goldzähne. Wer seinen Schmuck verpfändet, muss einen Kreditzins von einem Prozent zahlen. Außerdem fällt noch eine Gebühr an, die abhängig von der Höhe des Kredits ist.
Wenn das Pfand nicht fristgerecht ausgelöst wird, geht es in den Besitz des Pfandhauses über und kann verkauft oder versteigert werden.
Größerer Andrang im Koblenzer Pfandhaus vor Weihnachten
Stephan Hermann beobachtet das Geschehen in seinem Geschäft. Er betreibt seit 40 Jahren das Pfandhaus. In der Weihnachtszeit sei gewöhnlich noch mehr los als sonst, erzählt er: "Ja, zu Weihnachten brauchen die Leute Geld. Nicht jeder bekommt heutzutage Weihnachtsgeld. Da besteht schon ein deutlich höherer Geldbedarf."
Aber auch vor dem Beginn der Weihnachtszeit sei die Zahl der Kundinnen und Kunden gestiegen, sagt Hermann. Immer mehr Menschen bräuchten kurzfristig und schnell Geld: "Wir stellen wirklich fest, dass im Laufe des letzten Jahres da nochmal ein deutlicher Zuwachs da ist. Teilweise 20-30 Prozent mehr an Bedarf, der vorher in dieser Form nicht vorhanden war."
Immer mehr Rentner brauchen Geld für Lebensmittel
Stephan Hermann führt das auf die derzeitige wirtschaftliche Lage zurück. Es gebe quasi keine Bevölkerungsschicht, die nicht bei ihm im Laden Kunde sei, erzählt er. Besonders auffällig sei, dass immer mehr ältere Menschen zu ihm kämen: "Wir hören vor allen Dingen bei Rentnern: Wir brauchen ja noch Geld für Lebensmittel. Alles ist so teuer geworden. Und die müssen dann ganz kurzfristig, bis die nächste Rente kommt, nochmal vierzehn Tage, drei Wochen überbrücken, um sich existentielle Dinge wie Lebensmittel kaufen zu können."
Aber auch Unternehmer und Menschen aus der Mittelschicht gehörten inzwischen vermehrt zu seinem Kundenstamm, so Hermann: "Es kommen jetzt auch Kunden, die sich durchaus mal eine teure Uhr leisten konnten. Und die stellen jetzt fest, dass sie Geld brauchen. Und dann wird eben die Uhr beliehen, um kurzfristig auch mal einen Engpass zu überwinden. Das nimmt deutlich zu."
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Auch wenn diese Entwicklung für sein Geschäft positiv ist - Stephan Hermann macht sich trotzdem Sorgen: "Wenn Leute kommen, die das bisher nicht nötig hatten, macht man sich Gedanken, wie das insgesamt weitergehen soll."
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