In einem umgebauten Seecontainer ist vor der Koblenzer Kastor-Basilika die Austtellung "Stolen Memory" zur Dokumenatation von NS-Opfern untergebracht

Persönliche Gegenstände als einzige Spur

Ausstellung "Stolen Memory" in Koblenz sucht nach Angehörigen von NS-Opfern

Stand
Autor/in
Bruno Nonninger

Die Ausstellung "Stolen Memory" in Koblenz zeigt Schicksale und persönliche Gegenstände von NS-Opfern. Das Ziel: Angehörige finden und die Gegenstände zurückgeben.

Schmuck, Erinnerungsfotos, Papiere - die Nationalsozialisten nahmen ihren Opfern bei der Verhaftung alle persönlichen Gegenstände ab. Einige Tausend dieser Gegenstände aus den Konzentrationslagern wurden gerettet und an ein Archiv übergeben. Das versucht, die Familien der Opfer zu finden und ihnen die Gegenstände und damit auch die Erinnerungen zurückzugeben.

Wander-Ausstellung vor der Koblenzer Kastor-Basilika

In Koblenz erzählt zurzeit eine Ausstellung mit dem Titel "Stolen Memory" ("Gestohlene Erinnerung") die Einzelschicksale von NS-Opfern anhand ihrer noch vorhandenen persönlichen Gegenstände: Zum Beispiel eine Taschenuhr, ein Armband aus Bernstein oder der Abschiedsbrief, der nie ankam.

Arolsen Archives will mit dem Projekt weitere Schicksale aufklären

Ins Leben gerufen haben die Ausstellung die "Arolsen Archives", ein internationales Zentrum für NS-Verfolgte und deren Angehörige. Es verwahrt heute treuhänderisch die persönlichen Gegenstände der NS-Opfer und sucht nach möglichen Angehörigen.

Wenn diese dann tatsächlich gefunden würden, sei das immer sehr emotional, sagt Anke Münster von den Arolsen Archives. "Sie erhalten Gegenstände, von denen sie gar nicht wussten, dass sie überhaupt existieren". Gleichzeitig lieferten die Gegenstände oft auch Informationen, die die Angehörigen nicht gehabt hätten. "Zum Beispiel eine algerische Familie, wo der Vater spurlos verschwunden war und sie jetzt erst durch die Rückgabe erfahren haben, dass der Großvater in einem KZ gestorben ist", erinnert sich Münster.

Zurückgabe von Erinnerungen

Am bewegendsten sei es für sie gewesen, als sie den Söhnen eines niederländischen Widerstandskämpfers den Abschiedsbrief aushändigen konnten, den ihr Vater an die Familie geschrieben hatte. "Er starb bei einem Zugtransport unter unmenschlichen Bedingungen. Den Brief hatte er in seiner Brieftasche dabei mit Fotos seiner Söhne, und diese konnten wir den Söhnen übergeben." Das werde sie nie vergessen, sagt sie.

In einem umgebauten Seecontainer ist vor der Koblenzer Kastor-Basilika die Austtellung "Stolen Memory" zur Dokumenatation von NS-Opfern untergebracht
In einem umgebauten Seecontainer ist vor der Koblenzer Kastor-Basilika die Austtellung "Stolen Memory" zur Dokumenatation von NS-Opfern untergebracht.

Ausstellungsbesucher können bei Suche helfen

Damit so etwas überhaupt möglich wird, sind die Arolsen Archives auch auf die Ausstellungsbesucher angewiesen. Denn diese können dabei helfen, noch nicht ermittelte Angehörige zu finden. Noch immer warten rund 2.500 persönliche Gegenstände auf die Rückgabe.

"Wir konnten seitdem wir dieses Projekt jetzt intensiv gestartet haben über 800 Familien finden."

Das Mitmach-Konzept des Projektes geht bereits auf, erzählt Anke Münster: "Wir konnten seitdem wir dieses Projekt jetzt intensiv gestartet haben über 800 Familien finden."

"Stolen Memory" Ausstellung in Koblenz läuft noch bis 3. Oktober

Die Ausstellung vor der Koblenzer Kastor-Basilika läuft noch bis zum 3. Oktober täglich von 9 bis 18 Uhr. Ergänzt wird sie durch eine umfassende Internetseite, auf der die Geschichten erfolgreicher Rückgaben, aber auch die noch offenen Schicksale erzählt werden. 2021 wurde die Webseite "stolenmemory.org" dafür mit dem Grimme Online-Award ausgezeichnet.

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