Dreimal die Woche ist der Koblenzer Kältebus unterwegs und verteilt das Nötigste an Wohnungslose. In diesem Winter gibt es für die Helfer besonders viel zu tun.
Jeden Samstag fährt Michael ehrenamtlich auf dem Koblenzer Kältebus mit. Immer, wenn er samstagabends den Wagen mit warmer Suppe und heißen Getränken belädt, dann erinnert er sich an vergangene Jahre, als er noch selbst wohnungslos war. "Ich habe eine Suchtvergangenheit und weiß, wie hart das Leben auf der Straße ist. Irgendwann habe ich mir gesagt, dass ich etwas zurückgeben möchte."
Michael hat nach eigenen Angaben in der caritativen Wohngruppe Steg e.V. in Koblenz einen Weg aus der Sucht gefunden. Heute kommt er bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit mit wohnungslosen und suchtkranken Menschen in Koblenz ins Gespräch und hilft, wo er kann. "Es tut gut, nicht tatenlos zuzusehen. Dabei vergesse ich nicht, wo ich herkomme. Mir kann so etwas jederzeit wieder passieren."
Der Andrang am Koblenzer Kältebus ist groß
Am Steuer des Kastenwagens sitzt Erich Weber. Der Streetworker der Koblenzer Sozialberatung Schachtel e.V. leitet die heutige Route. Angefahren werden Orte, an denen sich viele wohnungslose Menschen aufhalten: Supermärkte, der Hauptbahnhof oder die Herz-Jesu-Kirche.
Abgelegene Orte kennt Weber aus jahrelanger Erfahrung, und die Menschen auf der Straße kennen ihn und seine Fahrzeiten. Diesmal hat er 30 Portionen Würstchengulasch, acht Tüten Butterbrote, Kaffee und Süßigkeiten im Gepäck. Dazu Schlafsäcke, Isomatten und warme Kleidung für die Menschen, die bei Minusgraden auf der Straße bleiben.
Doch der Andrang ist so groß, dass die mitgebrachte Ration nicht ausreicht. Der Bahnhof ist gerade mal der zweite Stopp der Route und es fehlt bereits an Fresspaketen und warmen Schuhen. Der Kältebus muss umdrehen und zurück ins "Mampf", dem Tagesaufenthalt für Wohnungslose des Vereins. Hier legen sie noch einmal nach, schauen, was Küche und Lager hergeben.
Hohe Lebenshaltungskosten: Nachfrage nach Hilfen ist gestiegen
Besonders in diesem Winter sei die Hilfe nötig, sagt Weber. Durch die explodierenden Preise bekämen immer mehr Menschen finanzielle Schwierigkeiten. Sowohl auf der Straße als auch in der Beratungsstelle sei die Nachfrage größer geworden: "Es kommen zunehmend Menschen, die Energieschulden haben. Das kann auch zu Wohnungsverlust führen. Diese Menschen können sich vollwertige Mahlzeiten nicht mehr leisten."
Sonja Schmitz geht das schon lange so. Seit fünf Jahren lebe sie auf der Straße und sei im Winter auf den Kältebus angewiesen. "Hier gibt es richtiges Essen. Das ist kein Fast Food, sondern man bekommt etwas Gescheites in den Magen." Besonders habe sie von der Beratung der Schachtel profitiert. Die hilft auch bei Behördengängen, medizinischer Versorgung und der Wohnungsvermittlung. Bald soll sich die Situation von Schmitz verbessern. Schon in wenigen Tagen habe sie eine Wohnung in Aussicht. Dann soll es mit dem Leben bergauf gehen, sagt sie.
Es fehlt an Schutzräumen für Obdachlose in Koblenz
Dabei wird die Arbeit von Erich Weber nicht einfacher. Sein Verein könne nur eine einzige Stelle für Streetwork und Beratung finanzieren. Laut Weber sind die Gelder von Stadt und Land in den vergangenen 20 Jahren nicht angepasst worden - und das trotz steigendem Bedarf und Inflation. Es gebe zwar Schutzräume in Koblenz, diese seien für viele Bedürftige jedoch nicht zugänglich. So sei das städtische Übernachtungswohnheim beispielsweise nicht behindertengerecht eingerichtet.
Auch die Unterkunft Luisenturm auf dem Asterstein sei 3,5 Kilometer vom Stadtkern entfernt und mit 10 Prozent Steigung auf dem letzten Kilometer schwer zu erreichen. Gerade deshalb appelliert Weber an die Politik, mehr Wohnraum zu schaffen und Wohnungslosen gut zugänglichen und würdigen Schutzraum zu bieten. Besonders in einem Krisenwinter wie in diesem Jahr.