Bei der Frage, wie sich das Ahrtal künftig besser auf Starkregen vorbereiten kann, spielt der Hochwasserschutz eine Rolle. Auch Weingüter können in diesem Zusammenhang ihren Beitrag leisten - eine junge Winzerin aus Dernau hat sich Gedanken gemacht.
In West- und Mitteleuropa wird es bei steigenden Temperaturen immer häufiger Starkregen geben. Das zeigt ein Bericht des Weltklimarats IPCC. Dadurch werde Hochwasser zu einer sehr präsenten Gefahr - auch in den engen und steilen Tälern der Ahr, erklärt Thomas Roggenkamp, Dozent am Geographischen Institut der Universität Bonn.
Dörfer am Wasser umgeben von Bergen
Laut Roggenkamp gleicht das Ahrtal, in dem sich im Juli 2021 eine Flutkatastrophe ereignete, die zahlreiche Menschenleben forderte, einem Trichter. Weil Regenwasser zudem an den steilen Hängen schlecht in den Boden eindringen könne, fließe der Großteil des Wassers ungehindert ins Tal. Es gelangt schnell in die Bäche im Ahrtal - und fließt dann in die Ahr. Könnte die Architektur industrieller Weingartenanlagen schon bei der Flutkatastrophe eine Rolle gespielt haben?
Auswirkungen von Weinbergen auf Hochwasser
Dieser Zusammenhang wurde auch medial in der Vergangenheit hergestellt. So griff prominent Jan Böhmermann im ZDF Magazin Royale im Oktober 2022 die arte-Sendung "Die Nacht, als die Flut kam" (28. Juni 2022) auf: "Manche Naturschützer glauben, dass auch die intensive Landwirtschaft im Ahrtal die Flut verschlimmert hat, etwa durch die schnurgeraden Reihen von Weinreben. Sie sind oft breit angelegt, damit sie maschinell geerntet werden können. Wurden sie bei der Flut zu Abflussrinnen, in denen das Wasser zu Tal raste?"
Dieser These stimmt Roggenkamp nicht zu: Die Hochwasser seien damals am oberen Lauf der Ahr entstanden und nicht dort, wo Weinbau betrieben wird, also am mittleren und unteren Lauf der Ahr. Roggenkamp zufolge können Weinberge aber dennoch bei kleineren und lokalen Hochwassern relevant sein. Gerade asphaltierte Wege können Wasser bündeln, auch eine Bewirtschaftung längs zum Hang kann dafür sorgen, dass das Wasser schneller abfließt.
Lösung: Querterrassen und Begrünung
Roggenkamp sieht neben Rückehaltebecken am Oberlauf der Ahr auch Querterrassen als Lösung, also Anbau der Reben längs zum Fluss. Sowas gibt es schon auf dem Weingut Kreuzberg aus Dernau (Ahrweiler) - allerdings nicht überall, das komme momentan nicht in Frage, sagt Winzerin Lea Kreuzberg. Der Grund: Zu viel Arbeitsaufwand und deshalb auch zu teuer. Mit der Folge, dass die Preise der Ahrweine erhöht werden müssten.
Die 25-Jährige Winzerin Lea Kreuzberg hat deshalb einen anderen Plan. Sie will zwischen den Reben begrünen, um einen Großteil des Regenwassers aufzufangen, das ansonsten den Berg hinunterfließen würde.
Junge Winzerin will klimafreundlich wirtschaften
Knapp eineinhalb Jahre ist die Flutkatastrophe schon her - für die Winzerin an der Ahr fühlt es sich so an, als wäre es gestern gewesen. Sie will beim Wiederaufbau auch auf den Hochwasserschutz achten. Nach der Flut ist sie spontan in den elterlichen Betrieb eingestiegen. Parallel studiert sie Internationale Weinwirtschaft an der Hochschule in Geisenheim in Hessen (Rheingau-Taunus-Kreis). Später soll sie dann auch das Weingut ihrer Eltern übernehmen.
Die 25-Jährige Studentin will einiges verändern - zugunsten des Klimas. Beim Wiederaufbau der Gebäude will sie beispielsweise darauf achten CO2-sparend zu bauen. Zudem möchte sie das Regenwasser auffangen, um es als Brauchwasser nutzbar zu machen.
Angst vor der Ahr Ein Dorf baut auf - Folge 1: Wie Dernau die Flutnacht erlebte
In der Reportage-Reihe "Ein Dorf baut auf" begleitet der SWR die Menschen im vom Hochwasser zerstörten Ort Dernau beim Wiederaufbau. In der ersten Folge erzählen fünf Dernauer, wie sie die Flut-Nacht erlebt haben.