Zahl der Baustellen nimmt deutlich zu

Im Ahrtal beginnt die heiße Phase des Wiederaufbaus

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Auf die Bewohner des Ahrtals kommt einiges zu: Die Zahl der Baustellen steigt in den kommenden Monaten deutlich. Jetzt wird es ernst mit dem Wiederaufbau, sagen die Verantwortlichen.

Schon heute gibt es sehr viele Baustellen entlang der Ahr. Doch in den kommenden Monaten werden es noch deutlich mehr. "Jetzt beginnt die eigentliche Phase des Wiederaufbaus", erläutert der Geschäftsführer der Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Hermann-Josef Pelgrim. Mit enormen Belastungen für die Bürger, und zwar mindestens bis 2029.

Wohnen zwischen Baggern und Radladern

Die Menschen in Bad Neuenahr-Ahrweiler spüren das jeden Tag, so wie Petra Mardini. Sie wohnt in der Poststraße mitten in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Straße gleicht eher einer riesigen Baustelle. Seit Monaten lärmen Bagger und Radlader, Abwasserrohre liegen auf der Straße, große Löcher klaffen im Boden. Der südliche Teil der Poststraße war bei der Flutkatastrophe 2021 komplett zerstört worden. Jetzt wird die Straße wieder hergerichtet: Kanäle für Schmutzwasser und Oberflächenwasser werden verlegt, außerdem Leitungen für Fernwärme, Strom, Trinkwasser und Telekommunikation. Dann werden Bäume gepflanzt und der Straßenbelag aufgetragen.

Mardini lebt seit der Flut mit ihrem Mann in der Poststraße in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Sie hat bei dem Hochwasser alles verloren, schaut aber nach vorne.
Petra Mardini lebt seit Monaten mitten auf einer Baustelle. Aber sie nimmt es gelassen, auch wenn beim Kneipenbesuch immer wieder direkt hinter ihrem Rücken Bagger und Radlader über die provisorisch geschotterte Poststraße in Bad Neuenahr rollen.

Eigentlich sollte die Poststraße bis Dezember fertig sein. Doch das ist nicht zu schaffen, räumt die Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft ein. Am 25. September wird den Bürgern auf einer Versammlung mitgeteilt, warum die Arbeiten mindestens bis März 2025 dauern werden.

Bauarbeiten stören Anwohner nicht

Petra Mardini nimmt es gelassen: Das Haus ihrer Familie in Mayschoß war bei der Flutkatastrophe völlig zerstört worden. Alles Hab und Gut war verloren. Petra Mardini und ihr Mann waren froh, die möblierte Wohnung in der Poststraße bekommen zu haben. Die Bauarbeiten stören sie nicht: "Da müssen wir jetzt eben durch. Jetzt wird es endlich schön in Bad Neuenahr."

Da müssen wir jetzt eben durch. Jetzt wird es endlich wieder schön in Bad Neuenahr.

Petra Mardini hat sich mit den Arbeiten arrangiert: Sie besucht die Kneipe nebenan und sitzt draußen, obwohl wenige Zentimeter von ihrem Tisch entfernt die Radlader mit dem Baumaterial vorbeirollen. "Meine Fenster habe ich schon lange nicht mehr geputzt. Das bringt nichts, weil jeden Tag neuer Staub aufgewirbelt wird."

Blick auf ein von der Flut im Ahrtal beschädigtes leeres Gebäude in Bad Neuenahr-Ahrweiler, davor ein Schuttberg: Mehr als drei Jahre nach dem Hochwasser hat sich hier noch nicht viel in Sachen Wiederaufbau getan.
Die Ruine des Seta-Hotels in Bad Neuenahr wird demnächst abgerissen. Dort entsteht ein Lagerplatz, auf den ausgebaggerter Schlamm aus dem Flussbett der Ahr gekippt wird, sowie Erde, die beim Verbreitern des Flussbetts anfällt. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Blick auf eine Straße in Bad Neuenahr-Ahrweiler, in der mehr als drei Jahre nach der Flut dicke Betonrohre liegen, die noch verlegt werden müssen.
So sieht es in der Poststraße in Bad Neuenahr schon seit Monaten aus. Eigentlich sollten die Arbeiten bis Dezember fertig sein. Es wird aber wohl noch bis März 2025 dauern, sagt die Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Bagger hat mitten auf der von der Flut zerstörten Poststraße in Bad Neuenahr ein tiefes Loch gebaggert. Schon seit Monaten wird die Straße wieder hergerichtet. Anwohner sind Lärm und Schmutz ausgesetzt.
Ein Bagger hat mitten auf der von der Flut zerstörten Poststraße in Bad Neuenahr ein tiefes Loch gebaggert. Schon seit Monaten wird die Straße wieder hergerichtet. Anwohner sind Lärm und Schmutz ausgesetzt. Bild in Detailansicht öffnen
So sieht es derzeit auf der Kurpromenade in Bad Neuenahr am nördlichen Ufer der Ahr aus. Die Wiederherstellung der Promenade soll noch in diesem Herbst 2024 beginnen.
So sieht es derzeit auf der Kurpromenade in Bad Neuenahr am nördlichen Ufer der Ahr aus. Die Wiederherstellung der Promenade soll noch in diesem Herbst 2024 beginnen. Bild in Detailansicht öffnen
Eine Brücke in Bad Neuenahr-Ahrweiler, dahinter ein Hochhaus. Hier ist noch nicht viel vom Wiederaufbau zu sehen.
In diesen Tagen beginnt der Wiederaufbau der ersten zerstörten Ahr-Brücken in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Zunächst werden die Heppinger Brücke, die Bachemer Brücke und die Landgrafenbrücke (FOTO) wieder errichtet. Insgesamt hatte die Flutwelle in Bad Neuenahr-Ahrweiler 17 Brücken zerstört. Bild in Detailansicht öffnen

Bisher so gut wie keine Bürger-Beschwerden

Trotz dieser Widrigkeiten gibt es kaum Bürgerbeschwerden. "Die meisten Einwohner freuen sich, dass der Wiederaufbau endlich an Fahrt gewinnt", sagt Pelgrim. Das bestätigt Anwohnerin Petra Mardini: "Irgendwann muss die Straße ja mal gemacht werden. Und wenn sie endlich fertig ist, haben wir es hier wieder schön."

In Bad Neuenahr-Ahrweiler informiert die Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft regelmäßig auf Bürgerversammlungen über den Baufortschritt und weist auf die Belastungen hin, die zu erwarten sind. Einwohner, die spezielle Fragen zur ihrer Straße haben, können sich auch direkt bei der Gesellschaft melden, und zwar per Mail. "Wir versuchen alle Fragen so schnell wie möglich zu beantworten", verspricht Hermann-Josef Pelgrim.

Erst fünf Prozent des Wiederaufbaus sind geschafft

Hermann-Josef Pelgrim und sein Team betreuen 450 städtische Wiederaufbauprojekte in Bad Neuenahr-Ahrweiler. "Davon sind erst rund 5 Prozent fertig", hat er ausgerechnet. "95 Prozent der Maßnahmen starten erst noch." Für die Bürger bedeutet das Lärm, Staub, Dreck, LKW-Fahrten, Straßensperrungen und Umleitungen überall im Ahrtal - und zwar mindestens bis 2029.

"Mit den bisherigen Bauarbeiten wurden vor allem Provisorien geschaffen, um den Menschen zu ermöglichen, weiter in den Siedlungen entlang des Flusses wohnen zu können." Jetzt werden diese Provisorien durch dauerhafte Lösungen ersetzt.

Appell an Baufirmen: Im Ahrtal gibt es noch viel zu tun

Sorgen bereitet dem Geschäftsführer der Fachkräftemangel im Baugewerbe. "Das ist ein wunder Punkt", sagt er. Dadurch könnten sich Projekte verzögern. Pelgrim appelliert an Baufirmen in ganz Europa: "Falls Ihr noch freie Kapazitäten habt, schaut Euch bitte unsere Ausschreibungen im Internet an. Im Ahrtal gibt es noch eine ganze Menge zu tun."

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SWR