Der erste Rosenmontagszug nach der Pandemie - eigentlich sollte das ein ganz besonderer in Andernach werden. Doch wegen fehlender Genehmigungen müssen viele Wagen in der Halle bleiben.
Dicht an dicht stehen die Motivwagen in der Wagenbau-Halle des Festauschusses Andernacher Karneval. Präsident Jürgen Senft geht die Reihe entlang, bleibt vor einem bunten Wagen stehen, auf dem ein blauer VW-Bulli thront. Das Thema: 70er-Jahre, Flowerpower. "Alles ist fertig. Aber der darf nicht mitfahren, weil er die Sicherheitsauflagen nicht erfüllt."
Das Problem sind die alten Anhänger, auf denen die Motivwagen gebaut wurden. Für die gelten ab dieser Session schärfere Vorgaben vom Land. Jürgen Senft hält sie für vollkommen überzogen: "Die Sicherheit der Leute stand bei uns schon immer an erster Stelle." Früher habe das Gutachten eines Fachmannes gereicht. Jetzt brauche es eine Betriebserlaubnis für jeden Wagen: "Letztlich ein Stück Papier, das mir keinen Millimeter mehr Sicherheit bringt", meint Senft.
Nur 12 statt 22 Motivwagen beim Rosenmontagszug Andernach
Die letzten Wochen waren nervenaufreibend für die Karnevalisten in Andernach. Bis zuletzt haben sie noch versucht, die Auflagen für ihre Wagen zu erfüllen. Erst am Montag war nochmal ein Termin beim TÜV. Trotzdem werden es in diesem Jahr laut Senft wahrscheinlich nur zwölf Motiv- und Prunkwagen im Rosenmontagszug sein, statt der früher üblichen 20 bis 22 Wagen.
Andernacher Karnevalsprinz ohne eigenen Wagen
Besonders ärgerlich ist aus der Sicht des Präsidenten, dass auch mehrere neu gebaute Motivwagen nicht mitfahren können. "Da stecken jede Menge Arbeitsstunden drin und auch viel Herzblut. Der ein oder andere war echt den Tränen nah, als er gehört hat, dass der Wagen nicht mitfahren darf", berichtet Senft. So muss etwa auch der aufwendig als Feuerwehrauto inszenierte Prinzenwagen in der Halle stehen bleiben. "Wir haben jetzt eine Notlösung gefunden - einen alten Wagen - aber sie hätten lieber ihren eigenen genutzt."
Wagenbauer haben jahrelang an Wagen gearbeitet
Große Enttäuschung auch bei Jürgen Asbach und Jan Heikenfeld, die drei Jahre lang an der Nautilus gebaut haben, dem U-Boot aus den Romanen von Jules Verne. Ein echtes Kunstwerk, mit beweglichem Propeller und Seitenrudern. Um die Nieten darzustellen, hat Asbach nach eigenen Angaben allein 2.000 Styroporkugeln durchgeschnitten und angeklebt. "Das ist schon was Besonderes, kein 08/15-Wagen", betont er.
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Rund 3.000 Euro seien in Baumaterial, Kostüme und Süßigkeiten geflossen. Alles erstmal umsonst. Für Jan Heikenfeld ist der Rosenmontag deshalb in diesem Jahr tabu: "Den schau ich mir nicht an. Das tut zu weh. Ich steh sonst immer oben auf dem Wagen mit der Konfetti-Kanone... Da kommen mir die Tränen."
60.000 Euro Investitionen in Motivwagen nötig
Ob der Wagen in einem der nächsten Jahre noch in Andernach fahren darf, muss sich noch zeigen. Nach Rosenmontag sollen alle Anhänger auf den Prüfstand. Jürgen Senft rechnet mit Investitionen in Höhe von 60.000 Euro, um alte Wagen nachzurüsten und neue anzuschaffen. Er hofft auf Unterstützung oder ein Einlenken seitens der Politik und meint: "Wenn die so weiter machen, dann sterben Traditionen aus."
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