Lange Wartezeiten bei Behörden, Ämter, die wegen Personalmangels geschlossen sind: Das nervt viele. Die große Hoffnung: die Digitalisierung. Doch die hält auch in Rheinland-Pfalz nicht immer, was sie verspricht. Das zeigt das Beispiel digitale Kfz-Zulassung.
Der SWR hat die digitale Kfz-Zulassung, die so genannte i-Kfz, getestet - in Ludwigshafen zusammen mit Stefan Rupp, der dort einen sogenannten Zulassungsdienst betreibt.
Zu ihm kommen Menschen, die ein Fahrzeug neu anmelden wollen. Rupp übernimmt das dann für sie bei der zuständigen Behörde. Denn die Termine dort sind, wie in vielen anderen Zulassungsstellen, rar, die Wartezeiten oft lang. Stefan Rupp aber hat täglich feste Zeiten bei der Zulassungsstelle und kann dann innerhalb "seiner" Slots die Autos seiner Kundinnen und Kunden anmelden. Unter seinen Kunden sind momentan auch viele Privatleute, die eben nicht vier bis sechs Wochen auf einen Termin warten möchten, sondern ihr Auto gleich zulassen wollen. Rupp garantiert eine Zulassung innerhalb von zwei Tagen. Noch schneller (und günstiger) ginge es online.
In Ludwigshafen funktioniert i-Kfz noch nicht
Der Test mit Stefan Rupp ergibt jedoch: Das digitale Angebot funktioniert im Moment nicht. Auf der Seite im Internet heißt es: "Die Online-Services Wiederzulassung, Umschreibung, Adressänderung und Tageszulassung sind derzeit abgeschaltet. An der Behebung der technischen Schwierigkeiten wird gearbeitet." Die Begründung steht direkt darunter: "Die technische Umsetzung der neuen Online-Funktionen, die als i-Kfz-Stufe 4 bezeichnet werden, ist mit mehr Aufwand verbunden, als dies zu erwarten war. Zudem sind aufgrund verschiedener Cyberangriffe die Anforderungen an die IT-Sicherheit nochmal erhöht worden."
Kfz-Anmeldung in der Zulassungsstelle ist teurer geworden
Was Stefan Rupp ärgert: Die Gebühren für ihn (und seine Kundinnen und Kunden) sind gestiegen. Ein Fahrzeug in der Zulassungsstelle abzumelden, kostete früher zum Beispiel 7,80 Euro, heute sind es 16,80 Euro. Darüber kann Stefan Rupp nur den Kopf schütteln, vor allem weil die Erhöhung damit begründet werde, dass die Leistung mittlerweile digital angeboten werde. Solange die digitale Anwendung nicht funktioniert, wird Stefan Rupp weiterhin einmal täglich in der Kfz-Zulassungsstelle in Ludwigshafen vorbeigehen.
Bundesweit über eine Million digitale Zulassungen
In anderen Kommunen läuft es offenbar schon besser: Die Bundesregierung verweist stolz darauf, dass in Deutschland mittlerweile mehr als eine Million Fahrzeuge digital zugelassen worden sind. Und das Kraftfahrt-Bundesamt schreibt auf SWR-Anfrage: Die Verfügbarkeit von i-Kfz nehme stetig zu. Derzeit seien rund 88 Prozent der Zulassungsbehörden i-Kfz fähig. In Ludwigshafen - und dem gesamten Rhein-Pfalz-Kreis - soll das digitale Angebot nach Angaben der Kreisverwaltung im Januar 2025 aktiviert werden.
Die i-Kfz im Online-Zugangsgesetz
Die digitale Kfz-Anmeldung ist nur eine der staatlichen Leistungen, die digital angeboten wird oder werden soll. Schon 2017 hat der Bund das Onlinezugangsgesetz (OZG) beschlossen - demnach müssten seit 2023 eigentlich 575 Dienstleistungen von Verwaltungen online für Bürgerinnen und Bürger verfügbar sein. Die Realität aber sieht anders aus: In Rheinland-Pfalz zum Beispiel kann man bis heute nur rund 190 Dienstleistungen im Netz erledigen.
Behörden ohne digitales Angebot handeln rechtswidrig
Das Bundesinnenministerium ist dafür zuständig, Staat und Verwaltung zu modernisieren. Die Verantwortung für die digitalen Dienstleistungen wie die i-Kfz liegen allerdings ausschließlich bei den rund 11.400 Kommunen und Landkreisen. Das betont der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, Markus Richter, im Interview mit dem SWR. Der Bund, so Richter, habe das Ziel, Services digital anzubieten, weitestgehend erreicht. "Aber das gilt eben nicht für alle Ebenen und dort handelt man heute, wenn man es genau nimmt, rechtswidrig gegen das Gesetz."
Ab 2028 können Bürger klagen
Denn: Die gesetzliche Frist, bis zu der alle Verwaltungseinheiten ihre Services digital anbieten müssen, hat weiter Bestand - aber erst ab 2028 sollen Bürgerinnen und Bürger einen Rechtsanspruch auf die Leistungen haben und diese einklagen können. Den Bund sieht Richter dabei momentan also auf einem guten Weg.
Der Bundesrechnungshof ist da offenbar anderer Meinung: Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" wirft er dem Bundesinnenministerium schwere Versäumnisse beim Onlinezugang zu Verwaltungsleistungen vor und rügt: 2018 bis 2023 habe der Bund 2,3 Milliarden Euro dafür ausgegeben, aber nur ein Viertel der Serviceleistungen des Bundes genüge den gesetzlichen Vorgaben.
Das Prinzip "Einer für alle"
Damit es schneller geht mit der Digitalisierung setzt die Politik auf das Prinzip "Einer für alle". Das heißt, ein Bundesland soll eine digitale Lösung entwickeln, die dann die Behörden in allen anderen Bundesländern nutzen können. Dafür stellt der Bund die finanziellen Mittel zur Verfügung. Aber in der Praxis läuft auch das nicht wie geplant. Laut Bundesrechnungshof werden von 306 "Einer-für-alle"-Lösungen bislang nur 14 flächendeckend angeboten.
i-Kfz: Einer-für-alle
16 besonders häufig genutzte Behördenvorgänge, sogenannte Fokusleistungen, sollten bis Ende 2022 online verfügbar sein - das hat nicht geklappt. Die Deadline wurde noch einmal verlängert, auf Ende 2024. Experten aber sind skeptisch, ob das funktionieren wird.
Ein Beispiel für eine solche Fokusleistungen ist i-Kfz. Baden-Württemberg hat das Angebot entwickelt, Rheinland-Pfalz und andere Bundesländer nutzen es - umsetzen müssen es die Städte und Landkreise dann aber vor Ort.
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