Die Europäische Wildkatze ist nachtaktiv und scheu. Deshalb bekommt man sie nur selten zu sehen. Aber sie ist da. Hunderte Tiere leben im Pfälzerwald. Doch ihre Art ist bedroht.
Beige-graues Fell, buschiger Schwanz mit schwarzen Ringen und schwarzer Spitze. So sieht die Europäische Wildkatze aus. Sie lebt zurückgezogen in unseren Wäldern. In Deutschland galt sie mal als nahezu ausgestorben, sagt Karl-Heinz Klein vom BUND in Kaiserslautern, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. "Früher wurde sie gejagt, weil der Mensch dachte, dass sie zum Beispiel Rehe tötet. Das hat sich später aber als falsch erwiesen."
In den vergangenen Jahren hat sich der Bestand der Europäischen Wildkatze erholt. Inzwischen gehen Experten davon aus, dass in Deutschland 6.000 bis 8.000 Wildkatzen leben. Knapp die Hälfte davon ist in Rheinland-Pfalz zuhause. Das ist auch das größte Wildkatzenvorkommen in Deutschland. Die Zahlen sind allerdings Hochrechnungen.
Pfälzerwald als perfekter Lebensraum
Wildkatzen sind nämlich schwer zu zählen. "Man kann nicht einfach eine Inventur der Tiere machen, so wie im Zoo". Damit man abschätzen kann, wie viele Exemplare in Deutschland leben, wird ihr Lebensraum untersucht, beispielsweise mit Wildkameras. So geht man laut BUND Kaiserslautern davon aus, dass momentan 600 bis 1.000 Wildkatzen im Pfälzerwald zuhause sind.
Die Tiere bevorzugen Waldgebiete als Lebensraum, deshalb werden sie auch Waldkatze genannt. Und der Pfälzerwald bietet genau das, was die Wildkatze braucht: viel Wald, wo sie sich verstecken kann und angrenzende Wiesen, sagt Karl-Heinz Klein. Denn vor allem Mäuse stehen auf ihrem Speiseplan. Laut BUND frisst sie aber auch Insekten, Vögel oder Eidechsen.
So sieht die Wildkatze aus
Die Europäische Wildkatze und die Hauskatze sehen sich zum verwechseln ähnlich, gerade als Jungtiere. Aber: Es sind verschiedene Arten, betont Naturschützer Klein. Sie haben sich vor gut 100.000 Jahren genetisch auseinandergelebt. "Die Hauskatze kam vor etwa 2.000 Jahren aus Ägypten. Sie hat irgendwann in der Nähe von Siedlungen gelebt. Die Menschen mochten das, weil die Katzen Mäuse dezimiert haben, die ihre Vorräte gefressen haben."
So wurde aus der scheuen wilden Katze von damals unsere zahme Hauskatze. Im Vergleich dazu ist die Wildkatze sehr scheu und meidet Menschen, betont Klein. "Das wichtigste Erkennungsmerkmal der Europäischen Wildkatze ist der Schwanz." Er ist sehr breit und buschig, mit zwei bis drei schwarzen Ringen und einem schwarzen, stumpfen Ende.
Hauskatze und Wildkatze: die Unterschiede
Wildkatze | Hauskatze | |
Fellfarbe | meist beige-grau und weißer Fleck an der Kehle | kann viele Farben haben |
Fellmuster | meist verwischte Zeichnung | meist kräftige Muster |
Körperbau | wirkt plump, besonders im Winter, wenn das Fell dicht ist | eher schlank |
Kopf | Schnauze ist breit geformt | zarte Schnauzenform |
Nase | hell, eher fleischfarben | meist dunkler |
Ohr | wirkt kleiner, weil die Haare am Kopf länger sind | wirkt größer, weil das Kopfhaar meist kürzer ist |
Schwanz | sehr buschig, schwarze Schwanzspitze, dunkle Ringe in der hinteren Hälfte | schlank, endet spitz |
Verhalten | sehr scheu, meidet Menschen | zutraulich, menschennah |
Auch wenn Wildkatze und Hauskatze verschiedene Arten sind, können sie sich trotzdem paaren und Nachwuchs bekommen. Das sind dann sogenannte Hybridkatzen. Wegen der unterschiedlichen Lebensweise komme das aber eher selten vor, so der BUND Kaiserslautern. "Die genetischen Nachweise gehen von zwei bis fünf Prozent Hybridisierungsrate aus."
Übrigens: Der Begriff Wildkatze wird laut Klein umgangssprachlich oft auch für Luchse, Löwen und Tiger verwendet. Das seien aber wiederum andere Arten. Sie werden oft nur zu Wildkatzen gezählt, weil sie in der Wildnis leben. Die Wildkatze sei aber eine eigene Art, dazu gehöre unter anderem die Europäische Wildkatze, lateinisch "Felis silvestris".
Wildkatzen sind keine Haustiere
Klar ist: Europäische Wildkatzen sehen genauso süß aus wie Hauskatzen. Als Haustiere lassen sie sich dennoch nicht halten. Weil sie eben sehr scheu sind und zum Menschen lieber Abstand halten, erklärt Klein. Es komme aber immer wieder vor, dass Wanderer oder Spaziergänger junge Wildkatzen aus dem Wald mitnehmen, weil sie für ausgesetzte oder verletzte Hauskätzchen gehalten werden. Im Zuhause der Menschen angekommen wehren sich die Jungtiere dann durch Spucken, Fauchen oder Kratzen.
Ein großes Problem dabei ist, dass die Wildkätzchen aus Unwissenheit mit Futter für Hauskatzen oder Katzenmilch gefüttert werden. Das ist gefährlich, sagt Eva Lindenschmidt von der Wildtierstation im südwestpfälzischen Maßweiler. "Wildkatzen brauchen frisches Fleisch, wie Mäuse und vertragen Hauskatzenfutter nicht." Denn sie haben ein andere Verdauung. Durch falsches Futter können Wildkatzen krank werden und im schlimmsten Fall sterben. Hilfe bekommen die jungen Wildkatzen in speziellen Auffangstationen, wie der in Maßweiler. Dort kommen sie oft in einem schlechten Zustand an, erklärt Eva Lindenschmidt. Sie werden dann aufgepäppelt und später wieder in die Natur freigelassen. Denn dort gehören sie hin.
Europäische Wildkatze ist bedrohte Art und streng geschützt
Die Bedrohung durch natürliche Feinde - wie Luchs, Wolf oder Greifvölgel - hält sich in Grenzen, weiß Karl-Heinz Klein vom BUND Kaiserslautern. "Die Wildkatze lebt sehr zurückgezogen. Durch ihre scharfen Sinne bekommt sie schnell mit, wenn ein Feind in der Nähe ist, der ihr ans Fell möchte. Sie zieht sich dann zurück oder klettert auf Bäume." Und trotzdem gehört die Europäische Wildkatze zu den bedrohten Arten und steht unter strengem Schutz.
Der Mensch ist es, der die Wildkatze bedroht - durch Industrie, Wohngebiete und Straßenverkehr zum Beispiel. Dadurch verlieren die Tiere ihren Lebensraum oder sterben durch Autos. Außerdem werden immer wieder Wanderkorridore der Wildkatzen zerstört. Die seien aber wichtig für den genetischen Austausch und die Erhaltung der Art, sagt Klein vom BUND.
Wildkatzen müssten sich mit anderen Wildkatzenpopulationen austauschen. Sonst könne es zu Inzucht und Krankheiten kommen. Solche Widkatzen-Wanderkorridore gibt es im Kreis Kaiserslautern zum Beispiel bei Trippstadt, Reichenbach-Steegen und Weilerbach. Diese Wege wurden auch im Rahmen der Bauarbeiten für das neue US-Hospital bei Weilerbach untersucht. Dafür wurden Kameras aufgestellt und Wildkatzen mit Sendehalsbändern ausgestattet, um herauszufinden, welche Wege die Tiere genau nutzen.
Grünbrücken und spezielle Zäune zum Schutz der Wildkatze
Es gibt aber Möglichkeiten, um die Europäische Wildkatze und ihren Lebensraum bzw. ihre Wanderkorridore zu schützen. Zum Beispiel durch spezielle Wildkatzenschutzzäune. "Das sind engmaschige Zäune, die oben eine Abknickung haben, damit die Katzen nicht darüber klettern können", erklärt Klein. Durch diese Zäune werden die Tiere davon abgehalten über Straßen zu rennen.
Auflagen für solche Zäune gibt es laut Klein zum Beispiel beim Bau des US-Hospitals bei Weilerbach oder dem Ausbau der A6 bei Einsiedlerhof. Außerdem können Wildkatzen durch sogenannte Grünbrücken geschützt werden. Sie führen etwa über Autobahnen und helfen den Tieren sie sicher zu überqueren. So eine gibt es unter anderem über der A6 bei Wattenheim. Diese Grünbrücken werden laut BUND auch von vielen anderen Wildtieren genutzt. Das zeige: "Solche Maßnahmen sind wichtig, zum Schutz der Tiere."
Lebensraum Pfälzerwald
Der Pfälzerwald ist das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands. Hier finden mitten in Rheinland-Pfalz viele Tierarten einen geeigneten Lebensraum, die anderswo schon ausgestorben sind. Zu ihnen gehört die Wildkatze. Sie sucht den Schutz der Buchenwälder, genauso wie der Feuersalamander. Im offenen Gelände, an sonnigen Hängen, gedeihen nicht nur Weinreben. Wärmeliebende Arten wie die Smaragdeidechse und die Gottesanbeterin sind hier zu Hause. In den Terrassen der Weinberge legen die farbenprächtigen Bienenfresser ihre Nester an. Sie ziehen im Frühsommer aus Afrika hierher.