Wie kann Künstliche Intelligenz (KI) im Katastrophenfall Krisenmanager unterstützen? Einen Ansatz entwickeln Forschende des KI-Forschungszentrums in Kaiserslautern und Trier.
Die Innenstadt läuft voll Wasser und das Kommunale Krisenmanagement muss entscheiden: Ist es sinnvoll zu evakuieren, wenn ja welche Bereiche und in welcher Reihenfolge? Im Fall von Krisen und Katastrophen müssen schnelle Entscheidungen her. Helfen könnte dabei Künstliche Intelligenz (KI) aus Kaiserslautern.
DFKI Kaiserslautern nimmt sich Katastrophenschutz vor
Bereits seit eineinhalb Jahren feilt ein Team des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern gemeinsam mit Forschenden am Standort Trier an "AKRIMA". Das System soll Behörden und Unternehmen im Krisenfall unterstützen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wie genau, erklärt Jan Ole Berndt aus dem Forschungsteam.
SWR Aktuell: Sie bezeichnen "AKRIMA" – die von Ihnen entwickelte digitale Anwendung – ja als "Cockpit", warum?
Jan Ole Berndt: Weil unser System ein wenig so wie ein Flugzeug-Cockpit funktioniert: Diese Oberfläche bietet verschiedene Möglichkeiten sich anzeigen zu lassen, wie gerade die Lage ist, oder wie gerade die Krisensituation ist. Das ist im Krisenmanagement sehr wichtig. Bevor ich auf eine Lage reagieren und Entscheidungen treffen kann, brauche ich diesen ersten Überblick. Und dann lassen sich mit dem System verschiedene Szenarien durchspielen. Damit kann ich steuernd eingreifen.
KI-System auch auf Corona-Pandemie anwendbar
SWR Aktuell: Das System soll künftig in Krisensituationen helfen. Welche Anwendungsmöglichkeiten sind da denkbar?
Berndt: Ganz verschiedene: Waldbrände, Überflutungen oder Lieferengpässe bei Unternehmen. In der Vergangenheit haben wir das System als Pandemie-Management-Cockpit verwendet und am Beispiel der Stadt Kaiserslautern Szenarien durchgespielt: Welche Auswirkungen hat es auf das Infektionsgeschehen, wenn die Freibäder in der Stadt aufmachen? Hat es einen Effekt, wenn wir die Schulkinder zu unterschiedlichen Zeiten zur Schule fahren lassen – und so die Busse leerer sind? Und so weiter.
SWR Aktuell: Mit welchen Informationen wird denn diese KI gespeist?
Berndt: Unternehmen oder Kommunen können alle möglichen Daten einspeisen. Wenn es beispielsweise um Naturkatastrophen wie Überschwemmungen geht, kann die Kommune Daten des Deutschen Wetterdienstes abrufen, oder Kartenmaterial der eigenen Stadt einpflegen.
SWR Aktuell: Verstehe ich es richtig, dass dieses System Krisenmanagerinnen und -managern dabei hilft, faktenbasierter zu entscheiden – und sie sich nicht nur auf ihr Bauchgefühl oder ihren Erfahrungsschatz verlassen zu müssen?
Berndt: Quasi. Das "menschliche Team" im Krisenmanagement soll nicht mehr Was-Wäre-Wenn-Szenarien im Kopf durchdenken müssen. Wir versprechen uns von "AKRIMA", dass die Entscheiderinnen und Entscheider eine bessere Übersicht über die Situation bekommen – und, dass das System ihnen nicht nur die verschiedenen Entscheidungsoptionen anzeigt, sondern immer auch die dazugehörige Begründung. Auf Basis dessen lässt sich dann eine fundiertere Entscheidung treffen.
Behörden können Krisenpläne in KI einpflegen
SWR Aktuell: Wie schnell können Kommunen oder Unternehmen das System im Krisenfall einsetzen?
Berndt: Man kann das System im Ernstfall auch ad hoc einsetzen. Aber da meist ja schon im Vorfeld Krisenpläne in den Schubladen liegen, ist es sinnvoll, das System schon vorab mit den wichtigen Daten "zu füttern". Dann kann man den Ernstfall auch schon einmal trainieren.
SWR Aktuell: Ab wann steht "AKRIMA" denn Behörden und Firmen zur Verfügung?
Berndt: Wir sind ungefähr in der Mitte der Entwicklungsphase, die bis Ende 2024 dauern soll. Wir entwickeln "AKRIMA" auch mit den Hinweisen der beteiligten Unternehmen immer weiter. In vier bis fünf Jahren könnte das System dann Behörden und Unternehmen zur Verfügung stehen.
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