Das Zeigen des umstrittenen "Wolfsgrußes" bei der Fußball-EM in Deutschland durch den türkischen Nationalspieler Merih Demiral hat auch in Rheinland-Pfalz Reaktionen ausgelöst.
Die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland begeistert Fans im In- und Ausland. Tolle Spiele, tolle Stimmung und ein meist friedliches Miteinander. Doch seit Dienstag (2.7.) liegt ein Schatten auf der EM, der mittlerweile auch höchste politische Kreise beschäftigt. Die Türkei bestellte nach Äußerungen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den deutschen Botschafter ein, Deutschland seinerseits den Botschafter der Türkei.
Auswärtiges Amt bestellt türkischen Botschafter ein
Auslöser des Streits ist der türkische Nationalspieler Merih Demiral, der am Dienstag im Achtelfinale gegen Österreich sein zweites Tor mit dem umstrittenen "Wolfsgruß" bejubelte und nun für zwei Spiele gesperrt wurde. Die UEFA verbietet jegliche politische Botschaften.
Der "Gruß" gilt als Symbol der in Deutschland als rechtsextremistisch eingestuften türkischen „Ülkücü“-Bewegung, umgangssprachlich auch "Graue Wölfe" genannt. In Deutschland ist das Zeigen des Symbols nicht verboten.
Verfassungsschutzbericht: 280 von bundesweit 11.000 Anhängern der "Grauen Wölfe" leben in RLP
Deutschlandweit werden der Bewegung rund 11.000 Anhänger zugeordnet, in Rheinland-Pfalz seien es circa 280, so das rheinland-pfälzische Innenministerium auf SWR-Anfrage (Stand: 2023). Dem Bundesamt für Verfassungsschutz zufolge stellen die "Grauen Wölfe" die größte ausländische rechtsextreme Bewegung in Deutschland dar.
Für das Innenministerium in Mainz hat sich die Lage nach dem Vorfall beim EM-Spiel in Leipzig eigenen Angaben zufolge nicht geändert. Die Geste, ihre Popularität in Teilen der türkischstämmigen Gesellschaft und ihre mitunter auch öffentliche Zurschaustellung seien hinlänglich bekannt, so das Ministerium.
Ülkücü-Anhänger in Rheinland-Pfalz nutzen Torjubel-Bild zu Propaganda-Zwecken
Allerdings würden seit Dienstag Einzelfälle beobachtet, in denen Personen der rheinland-pfälzischen "Ülkücü"-Szene ein Foto des Torschützen, der den Wolfsgruß zeigt, in ihren Social Media-Profilen hochgeladen haben. Die Vermutung liegt nahe, dass das Bild zu Propaganda-Zwecken genutzt wird.
Die Kurdische Gemeinde in Deutschland forderte Bundesinnenministerin Faeser dazu auf, die "Grauen Wölfe" und deren Erkennungszeichen, den "Wolfsgruß", zu verbieten. In einer Mitteilung heißt es:
"Wir sind als Kurdische Gemeinde Deutschland wie alle vom türkischen Rechtsextremismus in der Türkei betroffen und über das Zelebrieren von Faschismus und Rassismus bei der EM mehr als entsetzt." Spieler und Anhänger der türkischen Mannschaft zeigten damit, dass für sie die Grundsätze der UEFA (Europäische Fußball-Union: Anm. der Redaktion), die auch den Antirassismus beinhalten, offensichtlich nicht gelten, so Bundesvorstandsmitglied Mehmet Tanriverdi. Das Verhalten sei eine Verhöhnung der Opfer von Faschismus und Rassismus in der Türkei.
Vertreter der Kurden im Bundestag fordern Konsequenzen durch die UEFA
Auch der "Parlamentskreis Kurdisches Leben in Deutschland", der sich eigenen Angaben zufolge im Bundestag für die Belange der Kurden in Deutschland einsetzt, kritisierte den Vorfall vom Dienstag und forderte Konsequenzen durch die UEFA.
In die Diskussion über den umstrittenen Torjubel von Merih Demiral und den daraus entstandenen diplomatischen Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstag angekündigt, am Wochenende nach Berlin zu reisen. Dort will er sich am Samstagabend (21 Uhr) das EM-Viertelfinalspiel der türkischen Nationalmannschaft gegen die Niederlande live im Stadion anschauen.
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