Wo sind die Grenzen der Freiheit, auch der Meinungsfreiheit und wo gerät die Demokratie in Gefahr? Auf Social-Media-Plattformen "gibt es überhaupt keine Grenzen", warnt Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates.
TikTok, X - früher Twitter - und alle möglichen sozialen Medien seien Räume, die heute unsere öffentlichen Debatten fundamental prägten, sagte Buyx im Demokratieforum in der Frankfurter Paulskirche. Diese Plattformen fühlten sich jedoch an "wie absolut rechtsfreie Räume." Das kenne sie aus eigener Erfahrung. "Wir müssen uns klar machen, das wird sowas von ausgenutzt", so Buyx. Wenn es darum gehe, was man sagen dürfe und was nicht, würden dort Grenzen "drastisch überschritten". Buyx forderte, in diesen digitalen Räumen wieder etwas wehrhafter zu werden.
Laschet: Grenzen bei Meinungsfreiheit aufzeigen
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Laschet ist der Meinung, dass das Rechtssystem "bei den Grenzen dessen was sagbar ist, die Grenzen auch wieder aufzeigen muss". Man könne nicht alles sagen. Es gebe Grenzen der Meinungsfreiheit. "Rassismus ist keine Meinung", so Laschet.
Andreas Voßkuhle, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, gab zu, dass Grenzüberschreitungen bei der Meinungsfreiheit vom Rechtssystem in Deutschland in der Vergangenheit wenig sanktioniert wurden. "Es könnte sein, dass wir es da etwas zu gut gemeint haben mit der Freiheit und nicht rechtzeitig deutlich gemacht haben, was nicht geht", so Voßkuhle.
"Krisen haben Gesellschaft verunsichert "
In der Diskussionsrunde von Moderator Michel Friedman ging es auch um die Frage, wie es in Deutschland gerade um die Demokratie steht - auch angesichts hoher Zustimmungswerte für die AfD in Umfragen und der Sorge vieler Bürger darüber, die deshalb gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen. Sowohl Buyx als auch Voßkuhle sehen die zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre als Ursache, dass es eine Verunsicherung in der Gesellschaft gebe.
"Wie haben nie die Hochzeit der Demokratie erlebt, die Demokratie war auch immer unter Druck - aber es haben sich ein paar Dinge verändert. Wir haben keine gemeinsamen Vorstellungen mehr von der realen Welt, das verflüchtigt sich gerade", so Voßkuhle. Durch Krisen wie Corona oder den Krieg in der Ukraine sei ein "Riss durch diese Gesellschaft gegangen, eine gewisse Sicherheit ist verloren gegangen."
Buyx: "Es gibt keine Alternative zur Demokratie"
Buyx rief dazu auf, die Demokratie wieder positiver darzustellen. "Es gibt keine Alternative zur Demokratie, wir müssen sie aber wieder sexy machen."
Laschet machte klar: "Was ich im Jahr 2024 erlebe, hätte ich mir eigentlich nicht mehr vorstellen können." Alle hätten nach 1990 gedacht, nun beginne die friedliche Welt. Der Kommunismus sei besiegt, nun werde alles besser. "Jetzt sind wir plötzlich wieder dabei, unsere Grundrechte verteidigen zu müssen", sagte Laschet. Das gelte auch für den inneren Zustand des Landes, so Laschet mit Blick auf die AfD.
Zweifel an Nutzen von AfD-Verbot
Der CDU-Politiker sprach sich jedoch gegen ein Verbot der AfD aus. Er erinnerte an den gescheiterten Versuch, die NPD zu verbieten. Sollte eine Verbotsverfahren gegen die AfD scheitern, sei die Partei der große Gewinner. Deshalb halte er ein Verbot für falsch, so Laschet.
Auch Voßkuhle äußerte hinsichtlich eines möglichen Verbotsverfahrens Bedenken. Zum einen sei die Sache nicht so eindeutig wie bei der NDP. Es gebe bei der AfD kein Programm, das verfassungsfeindlich sei, sondern nur Äußerungen. Zum anderen werde das Problem auch mit einem Verbot nicht gelöst, sagte Voßkuhle. "Wir müssen die Menschen zurückgewinnen."
Die Diskussion können Sie am Sonntag, den 10. März, ab 11:05 Uhr im SWR sehen - und im Anschluss auch in der Mediathek.
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