Bundesparteitag der Freien Wähler in Bitburg

Zerwürfnis in RLP-Landtagsfraktion?

Kooperationsverbot beschlossen: Freie Wähler grenzen sich von AfD ab

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Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch

Die Freien Wähler haben auf ihrem Bundesparteitag in Bitburg beschlossen, dass es keine Kooperationen mit der AfD geben darf. Gegenstimmen kamen überraschend von Mitgliedern der rheinland-pfälzischen Landtagsfraktion.

Von den 445 Mitgliedern der Freien Wähler, die zum Parteitag nach Bitburg gekommen sind, stimmten 92 Prozent dafür, eine Zusammenarbeit mit der AfD auszuschließen. Der Antrag sieht unter anderem vor, dass es keine gemeinsamen Koalitionen oder Wahllisten geben darf. Auch inhaltliche Absprachen mit der AfD sind demnach ausgeschlossen. 20 Mitglieder der Freien Wähler stimmten gegen das AfD-Kooperationsverbot, 16 enthielten sich.

Zerwürfnis in RLP-Landtagsfraktion der Freien Wähler?

Vier der Nein-Stimmen kamen von Mitgliedern der rheinland-pfälzischen Landtagsfraktion der Freien Wähler. Das ist insofern überraschend, weil der Antrag vom rheinland-pfälzischen Landeschef Stephan Wefelscheid initiiert wurde, der auch Parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion ist. "Tatsächlich ist es so, dass vier meiner Landtagskollegen nicht dafür gestimmt haben. Ich kenne deren Beweggründe nicht", bestätigte Wefelscheid. Dass ihm gleich vier Abgeordnete in so einer wichtigen Frage nicht gefolgt sind, wirkt wie ein Misstrauensvotum.

Wefelscheid fordert Erklärung von Fraktionskollegen

Wefelscheid erklärte am Sonntag jedoch, er gehe als Landesvorsitzender gefestigt aus der Abstimmung auf dem Parteitag am Samstag hervor. 92 Prozent seien ein wahnsinnig gutes Ergebnis. Die vier Abgeordneten seien mit ihrer Ablehnung letztlich auch dem Fraktionschef Joachim Streit nicht gefolgt, sagte Wefelscheid dem SWR - das müssten sie erklären. Die nächste Fraktionssitzung der Freien Wähler ist am kommenden Mittwoch.

Landtagsabgeordnete offenbar unzufrieden mit Entstehung des Antrags

Neben Wefelscheid, der den Antrag "als Herzenssache" bezeichnete, hatte aus der sechsköpfigen Landstagsfraktion nur Streit für den Antrag gestimmt. Er sagte, seine Kollegen seien dennoch ganz klar für eine Abgrenzung zur AfD. Er gehe davon aus, dass ihnen missfallen habe, "wie der Antrag zustande kam". Die Kollegen hätten sich gewünscht, dass dieser über den Landes- oder Bundesvorstand und nicht über den Kreisverband Koblenz eingebracht worden wäre.

Lisa-Marie Jeckel sagte dem SWR, die drei Abgeordnetenkollegen und sie hätten sich dafür entschieden, für einen anderen Antrag zu stimmen, den der Parteitag verabschiedet. Darin lehnen die Freien Wähler eine Zusammenarbeit mit linken wie mit rechten Extremisten ab. Der Antrag aus Wefelscheids Koblenzer Kreisverband sei nicht ausgereift und habe sie in der jetzigen Form nicht überzeugt, auch wenn sie die Kernaussage unterstütze, so Jeckel.

Wefelscheid hatte vor dem Parteitag erklärt, sein Ziel sei, Klarheit herstellen, wo sich die Freien Wähler verorten. Das sei gerade angesichts der anhaltenden Demonstrationen notwendig, bei denen Hunderttausende gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen.

Aiwanger unterstützt Abgrenzung zur AfD

Der Bundesvorsitzende Hubert Aiwanger warb in seiner Rede ebenfalls für die Abgrenzung zur AfD. Die Freien Wähler sollten auf dem Bundesparteitag das Signal geben, dass sie in der Mitte stünden und sich "nichts ans Bein binden lassen". Eine "politische Zusammenarbeit mit der AfD kommt nicht in Frage", so der Parteivorsitzende. Die Freien Wähler seien gegen Extremismus jeder Art.

Bisher gab es nur einen Beschluss des Bundesvorstands der Freien Wähler, der eine Aufnahme von bestimmten Ex-AfD-Parteimitgliedern ausschließt.

Aiwanger wirft Bundesregierung Spaltung Deutschlands vor

In seiner umjubelten Rede in Bitburg warf Aiwanger der Bundesregierung vor, Deutschland zu spalten. Niemand habe die Menschen in den vergangenen Jahren so auseinandergetrieben wie die Ampel. Als Beispiele nannte Aiwanger das Heizungsgesetz sowie die Streitigkeiten um den Agrardiesel oder um das Verbot von Verbrennermotoren. "Ihr seid falsch abgebogen", so Aiwanger an die Adresse der Bundesregierung.

SPD und Grüne seien von Ideologien gesteuert in vielen Politikfeldern in die Sackgasse gefahren. Deutschland brauche keine Verbotsstrategien, sondern realistische Politikansätze, sagte der Parteivorsitzende. In der Politik in Deutschland brauche es wieder mehr Schnittmengen. Die richtigen Antworten lieferten hierfür die Freien Wähler, die in der Mitte der Gesellschaft verankert seien. Kritiker werfen Aiwanger vor, mit Stammtisch-Parolen den Freien Wählern zwar bundesweit Aufmerksamkeit zu bringen, aber damit auch am rechten Rand zu fischen.

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Joachim Streit ist neuer stellvertretender Bundesvorsitzender

Der Parteitag wählte Joachim Streit zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Freien Wähler. Er erhielt 95 Prozent der abgegebenen Stimmen. Er ist nun einer von fünf Stellvertretern Aiwangers. Der Posten war nach einem Rücktritt vakant. Sein Ziel sei es, die Freien Wähler auch in den Bundestag zu bringen. Streit will zudem für die Freien Wähler ins Europaparlament. In Bitburg sagte er in seiner Bewerbungsrede: "Wir müssen bei allen Wahlen antreten, damit die Leute auf uns aufmerksam werden."

Wer mit der Ampelregierung in Berlin nicht zufrieden sei, für den gebe es die Freien Wähler. Streit verwies auf den wachsenden Zuspruch für die Partei, beispielsweise in der Eifel. Im Eifelkreis Bitburg-Prüm sei die Zahl der Mitglieder seit 2022 von 30 auf 320 gestiegen, so Streit.

Freie Wähler verabschieden Europawahlprogramm

Zum Abschluss des Parteitags beschlossen die Freien Wähler ihr Programm für die Europawahl. Die Entscheidung fiel nach Parteiangaben einstimmig aus. In ihrem Wahlprogramm fordern die Freien Wähler unter anderem eine gemeinsame europäische Grenzschutzeinheit, die die gesamte EU-Außengrenze überwachen soll. Asylverfahren sollen vor allem an den EU-Außengrenzen stattfinden - und zwar innerhalb weniger Tage. Ein weiterer Punkt sind bundesweite Volksentscheide zu wichtigen europapolitischen Themen.

Aiwanger warf der Europäischen Union Versagen vor. Sie sei zu weit weg von den Bürgern. Die EU sollte sich mehr um die großen, wichtigen Themen kümmern, statt Dorfmetzgereien mit Hygienevorschriften das Leben schwer zu machen.

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