Das Land will das Bestattungsrecht liberaler gestalten. Viele finden das gut, bei der Kirche fühlt man sich aber überrumpelt.
Rheinland-Pfalz will die Regeln für Bestattungen im Land lockern - und das schlägt hohe Wellen. Wie berichtet, dürften demnach Angehörige zum Beispiel die Asche ihrer Toten im Fluss bestatten, in der Urne im Regal stehen haben oder als Diamant um den Hals tragen. Der Ministerrat billigte eine entsprechende Gesetzesnovelle. Die abschließende Entscheidung trifft dann noch der Landtag - voraussichtlich im Frühjahr.
Bistum Speyer ist "irritiert"
Das Bistum Speyer ist von dem Vorhaben überrascht. Die Begleitung von Menschen am Ende ihres Lebens sowie die Unterstützung der Angehörigen sei für die Kirche zentrales Thema. "Deshalb irritiert uns (...), dass die Landesregierung nicht vorab das Gespräch gesucht hat", heißt es in einer Stellungnahme.
Bruch mit Bestattungskultur?
Das Katholische Büro, das mehrere Bistümer mit rheinland-pfälzischen Gebietsanteilen vertritt, sieht sogar einen "Bruch mit der bislang sensiblen Bestattungskultur in Rheinland-Pfalz". So stelle sich zum Beispiel bei der privaten Aufbewahrung von Asche die Frage, ob dies der Ungestörtheit der Totenruhe gerecht werden könne. "In jedem Fall wird der Schutz der Totenruhe einer Kontrolle entzogen", sagt Büroleiter Dieter Skala.
Es falle auf, so Skala weiter, dass anstelle der Totenruhe Formen einer "Inbesitznahme" durch Angehörige greifen würden. Damit entfielen auch gemeinsame Orte des Gedenkens an einen verstorbenen Menschen.
Die Erleichterung bei der Bestattung sogenannter Sternenkinder sei dagegen zu würdigen, sagt Skala. Sternenkinder sind Kinder, die während oder kurz nach der Geburt gestorben sind. Bislang gelten die Bestimmungen zur Bestattungspflicht nur, wenn das Gewicht des Kindes mindestens 500 Gramm beträgt. Das soll sich ändern.
Ministerrat billigt Gesetzesnovelle Letzte Ruhe bald auch im Rhein oder daheim möglich
Rheinland-Pfalz bekommt ein neues Bestattungsrecht. Danach dürfen Angehörigen künftig die Asche ihrer Verstorbenen in einem Fluss bestatten oder in der Urne im Regal stehen haben.
Auch Kommunen überrascht
Bei der evangelischen Kirche ist man von dem Entwurf ebenfalls überrascht. "Wir werden uns nun intensiv damit auseinandersetzen und eine Meinung bilden", teilt zum Beispiel eine Sprecherin der Evangelischen Kirche der Pfalz mit. Und auch von Seiten kommunaler Verbände in Rheinland-Pfalz heißt es auf SWR-Anfrage, man sei überrascht und habe den Referentenentwurf erst vor wenigen Tagen vom Ministerium bekommen. Es werde nun an einer Stellungnahme gearbeitet.
Bestatter sehen große Aufgabe
"Das kam wirklich überraschend", sagt auch Sina Müller-Cunradi, Leiterin der Grünewald-Baum Bestattungen in Mainz. "Ich finde es gut, wenn Menschen darüber entscheiden können, was mit ihnen passiert."
Allerdings müssten die Dinge sehr gut begleitet und zu Ende gedacht sein. Was geschehe, wenn die Asche im Garten sei, das Haus aber irgendwann verkauft werde? Oder die Urne bei jemandem stehe, aber andere auch einen Ort des Gedenkens wünschten? Wenn es eine Bestattung im Tuch geben soll, die Friedhofssatzung einer Kommune das aber noch gar nicht vorsehe?
Bestatterin: Beruf neu denken
Auch wenn künftig vielleicht weniger Särge verkauft würden, bereitet das der Mainzer Bestatterin keine Sorgen. "Wir legen ohnehin schon unseren Schwerpunkt auf die Dienstleistung, die Angehörigen mit viel Zeit auf diesem Weg zu begleiten. Und weniger auf das reine Produkt." Aber: "Wir müssen unseren Beruf ein Stück weit neu denken - eine große Aufgabe." Und ein Thema sei es wohl für die Kommunen, in denen Geld für die Friedhofsplätze wegfalle.
"Grundsätzlich stehen wir der Gesetzesänderung positiv gegenüber, da den Angehörigen und uns zukünftig mehr Möglichkeiten zur Auswahl stehen", heißt es auch beim Bestatter Marhöfer und Ulrich in Landstuhl. Das zeige sich schon jetzt in den Wünschen von Angehörigen. "Baumbestattungen, Wiesengräber, Urnenwände, Kolumbarium und auch Seebestattungen nehmen immer mehr zu." Selten entschieden sich die Angehörigen noch für ein Grab, das über Jahre gepflegt werden muss.
Große Diskussion im Netz
Unterdessen führten die Pläne zu einer riesigen Reaktion im Netz. "Endlich" oder "Das wird auch Zeit" lauten viele Kommentare zum entsprechenden Instagram-Post bei SWR Aktuell.
Einige schildern rührende Beispiele von ihren Verwandten oder wissen bereits genau, wie sie ihre eigene Bestattung mal gestalten wollen: "In meinem Garten, unter 'nem Baum, mit 'ner Bank nebendran", schreibt ein User. Daneben gibt es auch Kommentare, die die möglichen Alternativen kritisch sehen: "Es wird damit begünstigt, dass Familienstreitigkeiten entbrennen oder fortgeführt werden."