Wirtschaftskrise, Regierungskrise, Klimakrise - dazu noch die vielen Konflikte und Kriege weltweit: Schlechte Nachrichten gibt’s genug. Das zieht viele Menschen mental runter, macht ihnen Angst vor der Zukunft. Man kann allerdings auch positiv auf 2025 schauen. Dabei hilft, sich selbst zu motivieren. Denn vieles ist Kopf- und Haltungssache, sagt Stefanie Voss, sie ist Karriere- und Kommunikations-Coach. SWR-Aktuell-Moderator Andreas Böhnisch hat mit ihr gesprochen.
SWR Aktuell: Sie haben gerade per Zufall einen Motivations-Push erlebt. Frau Voss, was war denn das für ein persönliches Highlight?
Stefanie Voss: Ich habe mich der Prokrastination gewidmet, wie das so schön heißt: eine Aufschieberitis. Seit mindestens Mitte des Jahres weiß ich, dass die elektronische Buchführung ansteht. Und ich bin in Sachen Buchführung nach 16 Jahren Selbstständigkeit ein kleiner Dinosaurier. Ich mache immer noch alles auf Papier - und wusste aber: Zum Jahreswechsel kommt die E-Rechnung, und ich habe auch einen Kunden, der das verlangt. Ich habe das Thema vor mir hergeschoben und vor mir hergeschoben, vor mir hergeschoben… In meinem Kopf wurde es immer größer, immer schwieriger, immer schlimmer. Und irgendwann kam dann der Moment, wo mir klar war: Wenn ich jetzt diese blöde Rechnung, die ich als E-Rechnung verschicken muss, jetzt nicht verschicke, dann wird es wirklich, wirklich teuer, spricht: Dann geht mir ein großer Umsatz durch die Lappen, und dann habe ich mich hingesetzt.
Und erstaunlicherweise habe ich im Grunde genommen nur einen langen Nachmittag gebraucht, um etwas zu erledigen, von dem ich das Gefühl hatte, es wird mich Wochen beschäftigen. Es war ein konzentrierter Nachmittag, am nächsten Tag noch einmal zwei Stunden hinterher, aber dann war es erledigt, und es war einfach, es war wirklich nicht kompliziert. Und ich habe am Ende da gesessen, habe mich selbst irgendwie ausgelacht - aber natürlich auch gefeiert, weil ich gedacht habe: Krass, ich habe mir so einen Kopf gemacht, und am Ende war es dann doch wirklich total machbar. Und es hat mich ja so ein bisschen über mich selbst lachen lassen. Ich erzähle den Leuten immer: „Dinge sind Kopfsache“ und „gehen Sie Dinge mit einem positiven Mindset an“ und so weiter. Und ich habe das aber selbst natürlich überhaupt nicht beherzigt - und habe dann, vom Universum, wie auch immer, die Rückmeldung bekommen: Stefanie, es kann auch manchmal ganz einfach sein. Das war einfach ein sehr schönes und erleichterndes Erlebnis zum Jahresabschluss.
SWR Aktuell: Da sind Ihnen dann wirklich hörbar Tonnen von Steinen vom Herzen gefallen, dass das wirklich geklappt hat. Das kennen wir ja alle. Kurzfristig freut man sich darüber, dass man es endlich gemacht hat, dass man etwas, das man lange vor sich hergeschoben hat, dann auch erledigt hat. Und langfristig ist es dann jetzt natürlich auch gut für Ihren Job. Die Buchhaltung funktioniert schneller, effizienter. Darüber hinaus ist es ja auch gesetzlich vorgeschrieben. Also: Was kann man daraus für eine Lehre ziehen, das vielleicht ein bisschen verallgemeinern, dass man Dinge eben immer sofort anpacken muss und nicht vor sich herschieben sollte?
Voss: Es gibt ja die bewusste Prokrastination, von der ich eine ganze Menge halte. Also die Entscheidung, die ganz bewusste Entscheidung, diese Sache, was auch immer das ist, packe ich halt zwei Wochen lang nicht an, in der Hoffnung, dass er sich vielleicht von selbst erledigt. Und das passiert ja auch manchmal. Wenn ich diese Entscheidung bewusst treffe, ist es gut, denn dann ist es ja nicht im Sinne von „ich habe keine Lust, weiterschieben, keine Lust, weiterschieben“, sondern es ist eine bewusste, eine Selbstmanagement-Entscheidung. Und das ist etwas Gutes. Was halt blöd ist – und das ist genau das, was ich gemacht habe -, ist es immer wieder vor mir herzuschieben. Dieses Vor-mir-Herschieben macht tendenziell die Dinge größer, als sie sind. Darauf zu achten, das Dinge gar nicht größer werden müssen, wenn ich ihnen keine größere Bedeutung gebe, das ist noch mal so eine Lektion, die ich für mich mitnehme. Ich werde weiterhin auch Sachen vor mir herschieben, aber ihnen nicht mehr erlauben, in meinem Kopf diesen gigantischen Platz einzunehmen, der mich wirklich auch viele Gedanken, viel Zeit und am Ende viel Energie gekostet hat, sondern sie bewusst in meinem Kopf auch klein oder sagen wir mal in dem Ausmaß zu behalten, dass sie womöglich einnehmen. Und ich erlaube eben auch, und das ist ein Vorsatz oder Ziel für 2025, den Rahmenbedingungen und der Welt, mich positiv zu überraschen.
SWR Aktuell: Das ist sicherlich ganz wichtig, denn die Rahmenbedingungen für das kommende Jahr für 2025 bleiben ja sehr schwierig, auch vielleicht die persönliche Situation. Manche Menschen haben Angst vor Arbeitslosigkeit, weil die Wirtschaft eben nicht rund läuft. Wie schafft man es trotzdem, positiv gestimmt zu sein?
Voss: Jede Veränderung, egal ob ich sie jetzt willkommen heiße oder ob sie mir quasi übergestülpt wird, ist ja im Grunde genommen immer eine Chance für etwas Neues. Ich glaube, und das ist eben auch das, was meine Geschichte zeigt, dass wir diese Offenheit für das Neue wirklich pflegen sollten und uns an ihr immer wieder orientieren sollten. Ich kann halt aus einer neuen Situation, egal ob die mir jetzt gefällt oder nicht gefällt, immer wieder etwas Neues machen, wenn Rahmenbedingungen sich verschieben, wenn Dinge sich verändern. Daran zu glauben, dass diese Veränderung am Ende - vielleicht nicht in dem Moment - aber am Ende auch etwas Gutes bewirken kann, das, finde ich, ist vielleicht ein guter Vorsatz oder ein guter Gedanke für das neue Jahr. Ich stimme Ihnen zu, es bleibt schwierig, und auf der anderen Seite sind Schwierigkeiten ja auch immer etwas, an dem wir wachsen können. Das fühlt sich natürlich manchmal zynisch an das so zu sagen. Und trotzdem glaube ich, dass wir Menschen in den Schwierigkeiten, die uns das Leben nun mal um die Ohren haut, auch immer die Chance begründet ist, sich selbst neu zu erleben, neue Fähigkeiten zu entwickeln, neue Entscheidungen zu treffen und dadurch im Rückblick dann irgendwann sagen zu können: Okay, das war jetzt krass, es war superschwierig. Aber: Mannomann, was habe ich denn da geschafft?!
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