Wenn es um Migration nach Deutschland geht, setzen die einen auf geschlossene Grenzen, die anderen auf die Bekämpfung von Fluchtursachen. Wirklich ernst meint es keine Seite, sagt Stefan Giese.
Ab Freitag fallen die zusätzlichen Kontrollen an den Grenzen zu Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg weg. Sie sollten während der Fußball-EM die Sicherheit in Deutschland erhöhen. Daran gibt es viel Kritik. Die Grenzkontrollen seien weiter nötig, um illegale Migration zu verhindern und die Zahl der Asylanträge zu senken, heißt es etwa von Baden-Württembergs Landesjustizministerin Marion Gentges (CDU) oder CSU-Chef Markus Söder.
So hat der SWR Mitte Juni über die Grenzkontrollen zur Fußball-EM am Beispiel der Grenze von Rheinland-Pfalz nach Belgien berichtet:
Hohe Hürden für dauerhafte Grenzkontrollen
Nicht stören lassen sie sich bei ihrer „Grenzen dicht!“-Forderung von Nebensächlichkeiten wie den erheblichen Zweifeln, ob dauerhafte Grenzkontrollen rechtlich überhaupt möglich sind. Genauso wenig wie die Einschätzung der Gewerkschaft der Polizei, wonach derartige Kontrollen schlicht am fehlenden Personal und Ausrüstung scheitern würden. Solche Widrigkeiten müssen die Damen und Herren von CDU und CSU auch nicht weiter stören, schließlich sitzen sie nicht in der Bundesregierung und haben sie Sache nicht zu entscheiden.
Dort allerdings haben die Ampelparteien ihr eigenes Mantra, wenn es um Migration und Migranten geht: Ihr „Grenzen dicht!“ lautet „Fluchtursachen bekämpfen!“ Wie ernst es ihnen damit ist, zeigt ein Blick in den am Dienstag vorgelegten Entwurf für den Bundeshaushalt 2025. Demnach können nahezu alle Ressorts im kommenden Jahr mit mehr Geld rechnen, den größten Verlust soll dagegen ausgerechnet das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hinnehmen.
Fluchtursachen bekämpfen? Sparen wir uns!
Für die Bundesregierung ist das kurzfristig die bequemste Lösung. Sie kann Ausgaben kürzen, ohne dass es die Wählerinnen und Wählern unmittelbar zu spüren bekämen. Aber sie beraubt sich damit selbst der Mittel, Menschen mit der Absicht, wegen Krieg, Armut, Naturkatastrophen oder anderen guten Gründen ihre Heimat zu verlassen, Perspektiven zum Bleiben zu bieten – eben Fluchtursachen zu bekämpfen.
Dass sich diese Menschen einmal auf dem Weg Richtung Deutschland von einem dauerhaften Grenzposten an der luxemburgisch-deutschen Grenze abschrecken lassen, glaubt man mit ziemlicher Sicherheit nicht einmal bei CDU und CSU.
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