Die Bauwirtschaft Baden-Württemberg schlägt Alarm: Angesichts der massiv sinkenden Zahlen an Bauanträgen müssten Förderungen erhöht und kostspielige Standards vereinfacht werden.
Nach Schätzungen des Branchenverbandes der Bauwirtschaft Baden-Württemberg fehlen im Land aktuell rund 70.000 Wohnungen. Vergangenes Jahr wurden nur 35.522 Wohneinheiten fertig gestellt - ein Rückgang von 3,3 Prozent im Vergleich zu 2021.
Mindestens 50.000 Wohnungen müssten aber jährlich neu gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Dabei könnte auch eine Entkopplung der Grunderwerbssteuer vom Immobilienwert helfen, meint der Verbandspräsident Markus Böll.
Fördertöpfe für Sozialwohnungen fast leer
Die Baugenehmigungen insgesamt sind in Baden-Württemberg im ersten Halbjahr bis Mai um gut 20 Prozent gesunken. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern gab es sogar einen Rückgang um fast 45 Prozent.
Auch im sozialen Wohnungsbau herrsche Stillstand, so die Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Wie bereits 2022 drohe derzeit ein erneuter Förderstopp für Sozialwohnungen, weil die Töpfe wegen der großen Nachfrage schon jetzt fast leer seien.
Bauwirtschaft fordert Entkopplung der Grunderwerbsteuer
Der Wohnungsbau könne dauerhaft nur aus der Krise geführt werden, wenn mehr privates Kapital in den Wohnungsmarkt gelenkt wird, meint der Branchenverband.
Verbandspräsident Böll fordert eine reduzierte Grunderwerbsteuer. Dabei müsse der Wert der Immobilie entkoppelt werden. Die Steuer solle sich künftig nur noch auf den Bodenwert beziehen. Dies würde Bauwilligen mehr Luft für ihre Finanzierung verschaffen.
Teilweise bis zu zehn Prozent günstiger Preise für Wohnungen und Häuser in BW sinken
Immobilien in Baden-Württemberg sind aktuell deutlich günstiger als noch vor einem Jahr. Für Mieter ist das trotzdem keine gute Nachricht.
Nur noch zwei Milliarden Euro bei verschärften Bedingungen
2022 hätten für die Wohnbauförderung noch zehn Milliarden Euro zur Verfügung gestanden. Dieses Jahr seien es nur noch knapp zwei Milliarden Euro - und dies zu verschärften Bedingungen, so der Branchenverband.
Laut Bauwirtschaft Baden-Württemberg sei der neue Förderstandard EH 40 teurer als als der Vorgänger-Standard EH 55. Statt Zuschüssen würde es nur zinsverbilligte Darlehen geben und beim KfW-Programm "Wohneigentum für Familien" seien Einkommensgrenzen zu niedrig angesetzt.
Realistische Standards: Einfacher und günstiger bauen
Wichtig sind nach Ansicht von Markus Böll realistische Baustandards: Der neue Energiestandard EH 40 bringe seiner Meinung nach nur einen minimalen Effizienzgewinn, treibe aber die Kosten überdurchschnittlich in die Höhe. Außerdem würde auch weniger Haustechnik, der Verzicht auf verpflichtende Fahrradstellplätze oder ein vereinfachter Schallschutz das Bauen deutlich billiger machen.
2022: Nur 956 neue Wohnungen in Stuttgart
Große Investoren würden sich zunehmend aus dem Bausektor zurückziehen, stellt der Verband fest. Ein Beispiel dafür sei der Rückzieher der EnBW, die in der Landeshauptstadt Stuttgart 800 Wohnungen bauen wollte. Jetzt werde möglicherweise die Stadt als Investor einspringen. Ähnlich sei die Lage beim ehemaligen IBM-Gelände, auf dem Wohnquartiere entstehen sollen. In Stuttgart werden nur noch halb so viele Wohnungen fertiggestellt wie vor zehn Jahren. 2022 waren es 956.
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