Am 1. Oktober beginnt im Tiergarten Ulm die Winterzeit - der kleine Zoo schließt schon um 17 Uhr. Viele seiner Bewohner müssen dann früher in den Stall - sehr zum Ärger von Kängurus und Hühnern.
Die Winterzeit im Ulmer Tiergarten bemerken Besucher nicht an der früheren Dämmerung - sondern an geänderten Öffnungszeiten. Seit Anfang Oktober schließt der Tiergarten um 17 Uhr. Dann müssen nicht nur Besucherinnen und Besucher gehen. Tiere wie Kängurus und Hühner müssen auch in den Stall, eine Stunde früher als im Sommer. Zum Schutz vor Angreifern wie Füchsen. Weil es in den ersten Tagen draußen aber noch hell ist, wagen manche einen Aufstand - diese Erfahrung hat Tierpfleger Andreas Gerstenberger gemacht - er nimmt den Reporter mit am ersten Tag der Umstellung.
Die Vorbereitung - Leckereien als Bestechung
Boxende Kängurus, um sich pickende Hühner - einen animalischen Aufstand haben wir uns durchaus wild vorgestellt, als wir am Abend des 1. Oktober am Tiergarten Ulm ankommen. Der Himmel trüb, von der Sonne keine Spur. Strahlend hingegen ist das Lächeln von Tierpfleger Andreas Gerstenberger, der mit ansteckend guter Laune hinter die Kulissen des Tiergartens führt.
Es geht in die "Küche" des Tiergartens, in den Raum, in dem allerlei Leckereien für die Tiere zubereitet werden. Ein großer Kübel voller Salat und Tierfutter liegt schon für die Kängurus parat. Verfeinert mit Maischips und Äpfeln - "ein Betthupferl" nennt es der Tierpfleger, um die Beuteltiere in ihren Stall zu locken. Denn in den letzten Jahren haben sie sich immer gewehrt, wenn sie plötzlich eine Stunde früher ins Bett sollten.
Skeptische Blicke der Kängurus
Mit seinem Bestechungskübel macht sich Andreas Gerstenberger auf dem Weg zum Gehege. Dort hüpfen die Kängurus noch fröhlich umher, nicht ahnend, was ihnen gleich blüht. Als der Tierpfleger die Tür öffnet, werfen ihm die Tiere misstrauische und skeptische Blicke zu. Es scheint, als fragten sich die Kängurus "Was will er denn jetzt schon mit dem Abendessen?" oder "So ein riesen Bottich? Am helllichten Tag?"
"Normalerweise muss ich sie nur zwei, drei mal bitten, dass sie reingehen", erzählt der Tierpfleger, der seit mehr als zwanzig Jahren im Tiergarten Ulm arbeitet. "Heute kann es schon etwas länger dauern. Statt fünf Minuten vielleicht sogar eine halbe Stunde. Die spielen dann so ein bisschen Katz und Maus mit uns."
Überraschung im Gehege
Doch im ersten Gehege gibt es an diesem 1. Oktober eine Überraschung: Keine wilde Verfolgungsjagden zwischen Büschen und Bäumen. Keine Kängurus, die Katz und Maus spielen. Es dauert eigentlich nur wenige Augenblicke, und die Kängurus sind im Stall - und lassen einen ziemlich erstaunten Tierpfleger zurück.
"Dass es jetzt schon so früh funktioniert hat, war das erste Mal. Wunder geschehen immer wieder", sagt der durchaus erleichtert aussehende Andreas. Vielleicht hat der Bestechungskübel ja Wirkung gezeigt. Oder es liegt am trüben Wetter, mutmaßt Andreas Gerstenberger.
Hühner auf Wanderschaft durch den Tiergarten Ulm
Ein Gehege weiter erwarten die Hühner den Tierpfleger schon gackernd, zumindest die hungrigen. Nach ein paar "Spezialisten" muss Andreas Gerstenberger suchen. Denn die Hühner gehen gerne auch mal in die Gehege der anderen Tiere. So wie Henriette, die sich heute den Kaninchen verbunden fühlt.
Ein anderes Huhn kommt plötzlich hinter einer Hütte hervor geschossen und handelt sich direkt ein paar mahnende Worte ein. "Bist ein bisschen spät dran." Etwas beschämt rennt es sofort zum Stall und gesellt sich zu den anderen. Aber auch hier läuft die Suche nach den Hühnern "besser als gedacht", und kurz nach 17 Uhr sind alle Tiere in ihrem sicheren Nachtquartier untergebracht.
Richtige Zeitumstellung könnte nochmal für Verwirrung sorgen
Ob nun Reporterpech oder Tierpflegerglück: Die Revolte bleibt aus. So ganz traut Andreas Gerstenberger dem Braten aber noch nicht. Kleinere Aufstände drohen noch in den nächsten Tagen und vor allem auch Ende Oktober, wenn die Uhr eine Stunde zurückgestellt wird. Die Umgewöhnungsphase der Tiere könnte dann schon mal bis in den November dauern, so der Tierpfleger.
Kleinere Aufstände sind übrigens auch von den menschlichen Gästen zu erwarten. Wenn es länger hell ist, ist es besonders am Wochenende "schwieriger, die Besucher zu motivieren zu gehen." Die Sommerzeit bricht im Tiergarten im April an.
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