Stadtzeichner auf Zeit - das hat im Künstlerhaus Ulm Tradition. Seit Anfang Juli ist dort ein Münchner Künstler zu Gast. Carl-h1 Daxl hat sich vor allem von der Donau inspirieren lassen.
Immer mehr Städte laden Stadtzeichner auf Zeit ein. Ob prominent oder noch unbekannt - es sind Kunstschaffende, die ihre Beobachtungen in der neuen Stadt in ihre Werke einfließen lassen. Das Künstlerhaus Ulm hat mit dem Münchner Maler und Objekt-Künstler Carl-h1 Daxl bereits zum achten Mal einen Gast, der in der Galerie sein offenes Atelier aufgeschlagen hat. Er war aber auch viel in der Stadt unterwegs, vor allem an der Donau, denn er mag Wassertiere und hat ein Faible für Nixen. Am Samstag präsentiert er seine Werke in einer Ausstellung.
Faible für Nixen und den Ulmer Spatzen
Schon der Name des Münchner Künstlers lässt aufhorchen: Carl-h1 Daxl - h1 ist in diesem Fall die Abkürzung von Heinz - er malt aus Leidenschaft und das am liebsten mit Augenzwinkern und besonderem Blick auf die Dinge. Neuerdings mit ulmischen Details.
Eine Nixe ist eines seiner neuen Werke, das er mit Acryl auf ein drei mal ein Meter großes Segeltuch aufgebracht hat: eine mit Armreifen behangene Wasserschönheit, halb Mensch, halb Fisch mit Glitzerhose, I-Love-Ulm-Tattoo. Bei ihr - ein paffender Spatz: "Diese Nixe hat einen kleinen Spatzen auf dem Zeigefinger, das ist der Ulmer Spatz, von dem die Ulmer anscheinend gelernt haben, dass man was nicht quer, sondern längs nimmt. In diesem Fall ist es ein Joint, das liegt daran - ist mir aufgefallen - dass es hier sehr viel nach Marihuana riecht", meint Daxl schmunzelnd.
Die Motive sind meist überzeichnet, die Nixen gerne ein wenig verrucht: "Ein Freund von mir hat es mal sehr schön ausgedrückt - es gibt nichts Schöneres zu malen als Frauen. Eine Nixe hat aber dann noch was Zusätzliches, weil es geheimnisvoll ist. Es ist ungewöhnlich. Und es bietet viel Platz für Interpretation."
Münchner Künstler als Stadtzeichner: “Ulm ist ganz schön clean”
Ansonsten findet der Münchner Künstler die Stadt Ulm ziemlich "clean". Das hat er gemerkt, als er auf der Suche nach gebrauchten Fundstücken war, aus denen er auch Objekt-Kunst macht. Dinge, die andere irgendwo liegen lassen. Für ihn gibt es kaum etwas, dem man nicht ein zweites Leben einhauchen könnte.
"Alte Bretter, Spielsachen, egal was, aber es gibt hier nichts, zu sauber die Stadt. Was ich jetzt gefunden hab - ein kleiner durchsichtiger Behälter in Totenkopfform. Da war irgendwas Klebriges drin, ich nehme an mit Alkohol. Ich hab's sofort weggeschüttet. Fand ich witzig, weil endlich mal was rumlag", lacht Daxl. "Das Totenkopf-Glas soll mal Teil einer Rakete werden", verrät Daxl. Der Titel vermutlich: "In tödlicher Mission". Eine Skizze gibt es schon. Die fertigt er meist am Schreibtisch an. Dann geht es entweder an die Staffelei oder ans Bauen der Objekte.
In Ulm entdeckt: Schwörende Hand und "Donau-Altar”
Ein Arm streckt sich nach oben, die Hand zum Schwur erhoben: "Klar, dass ich den legendären Schwörmontag hier verarbeiten muss", meint Daxl zu seiner neusten Malerei im großen Hochkant-Format. Und überlegt, dass daraus eine ganze Serie von schwörenden Händen mit unterschiedlichen Motiven werden könnte.
Fast täglich war er in den vergangenen Wochen in Ulm auf Entdeckungstour, hat die Ulmer Feste genossen: "Die Ulmer sind so offen und man darf sich einfach irgendwo an den Tisch setzen. Kenne ich von München ja gar nicht so".
Zudem ist Daxl in Vorbereitung auf seine künstlerische Mission auch in die Stadtgeschichte eingetaucht. Dem berühmten einstigen Erfinder und Schneider von Ulm, Albrecht Ludwig Berblinger, hat er ein Bild gewidmet, wie er mit Anlauf und Fluggerät in die Lüfte schwingt. Albert Einstein steht auch noch auf seiner Agenda.
Ambivalenz im Leben und in der Kunst: “Gut und Böse"
Was fürs Leben gilt, spiegelt sich auch in Daxls skurriler Kunst wieder: "Es gibt ja nix, was nur gut ist oder schön. Es gibt immer die Schattenseite. Und das versuche ich immer einzufangen. Also sind die Bilder immer witzig und düster oder sie sind böse, aber haben so ein Schmunzeln dabei. "Bad-Rabbit" - hier mit d - steht auf dem Abbild eines weißen Hasen im schwarzen Batman-Dress, der die Zähne fletscht, in den Pfoten Kettensäge und Messer hält. Der Münchner arbeitet gerne mit Wortspielereien, Kommentaren oder Überschriften.
Gegenüber auf einem Sockel: Donau-Romantik von Ulm. "Der Donau-Altar" heißt eine pokalähnliche Skulptur auf einer Holzkiste. Auf einer ausrangierten Friedhofsvase stapeln sich nicht nur Fische und Krebse, die in Deko-Lack getaucht sind. Getoppt wird das Ganze wieder von einer Nixe. Dass die Skulptur in Salbeigrün ist, kommt nicht von ungefähr: "Ich wollte sie erst blau lackieren und dann ist mir hier aufgefallen, die Donau ist nicht blau, sie wirkt immer grün", hat Daxl beobachtet.
Nach Berufen unter anderem als Offizier, Pilot und Chef einer eigenen Werbeagentur lebt der 64-Jährige heute seine Lust am Außergewöhnlichen ganz in seiner Kunst aus.
Sommerfest mit Ausstellung im Künstlerhaus Ulm
Im Moment entstehen die letzten Werke seiner Zeit in Ulm, mehrere Dutzend Malereien und Objekte hat er in den vergangenen Wochen bereits kreiert. Zudem hat der Künstler auch einige Arbeiten aus München mitgebracht. Am kommenden Samstag sollen sie in einer Ausstellung beim Künstlerhaus-Sommerfest gezeigt werden. Dann wird Daxl auch auf seine Zeit als Stadtzeichner in Ulm zurückblicken: "Ich hoffe sehr, dass ich dann nochmal mit dem einen oder anderen näher ins Gespräch komme".
Die Galerie im Künstlerhaus Ulm soll am Samstag bis 23 Uhr geöffnet sein. Bis dahin kann man ihm jeweils vormittags im Atelier im Künstlerhaus Ulm über die Schulter schauen.