Halb verhungerte Vogelküken, kranke Waschbärbabys und ein Mauswiesel, das im Hochwasser fast ertrunken wäre. Sie alle finden Unterschlupf in der Auffangstation für Wildtiere in Göggingen.
In Göggingen betreibt Elke Wengert ehrenamtlich die einzige Auffangstation für Wildtiere im Ostalbkreis. Zusammen mit ihrer Tochter und zahlreichen Helferinnen. Auch die sechs Jahre alten Enkelin hilft schon. Zur Zeit haben die Tierretterinnen mehr zu tun denn je, auch wegen der Folgen der Flut.
Das Mauswiesel wäre in Berglen beim Hochwasser im Rems-Murr-Kreis beinahe ertrunken. Hätte es nicht Pia Reichmann beim Spaziergang aus den Fluten gerettet. Ein Feldweg war zum Wildbach geworden und darin paddelte das winzig kleine Wieselbaby verzweifelt um sein Leben.
Kurz entschlossen trägt die Tierschützerin aus Berglen das bibbernde Wiesel in der hohlen Hand nach Hause und sucht Hilfe bei Elke Wengert. Hier kommt es dank tierisch guter Verpflegung mit tiefgefrorenen Mäusen wieder zu Kräften.
Aufgepäppelt und bissig - wie es seine Natur ist - wird das kleinste Raubtier der Welt wieder seiner Finderin übergeben. Damit sie es dort auswildert, wo sie es vor Wochen rettete. Zurück am Fundort im Rems-Murr-Kreis heißt es für das wuselige Wiesel: Raus aus der Box und ab in die Wildnis. Und damit ein hungriges Mäulchen weniger in Göggingen.
Allein in der Voliere tummeln sich sechs Jungfüchse und acht Marder. Frische Putenherzen und tote Mäuse stehen auf ihrem Speisezettel. Allein für Futter und Medikamente bezahlt Familie Wengert 2.000 Euro jeden Monat. Trotz Spenden geht die gesamte Rente der Wildtier-Mama drauf.
Ein Herz für Wildtiere - Zehntausende wurden in Göggingen schon gerettet
Seit vierzig Jahren kümmert sich Elke Wengert um verletzte, kranke oder verwaiste Wildtiere und weiß auch, damit umzugehen. Zehntausende hat sie gerettet, allein Hunderte von Igeln bringt sie jedes Jahr über den Winter. Dafür opfert die 70-Jährige ihre gesamte Freizeit. "Ich glaube, das ist mir in die Wiege gelegt", sagt sie schmunzelnd.
"Das sieht man bei meiner Tochter. Entweder hat man’s oder hat man’s nicht." Nämlich ein Händchen und ein Gespür für Wildtiere, was Mutter und Tochter Wengert offensichtlich haben. Aber man müsse auch reell sein, wenn ein Tier keine Überlebenschance habe, müsse man sagen können: "Jetzt ist Schluss, jetzt gehst du in den Himmel." Dann gibt auch schon mal der Tierarzt die erlösende, tödliche Spritze, erzählt sie.
Meistens überleben die tierischen Patienten in der Gögginger Station. Ein Herz für Wildtiere hat auch schon die sechs Jahre alte Enkelin. Mit der Spritze füttert Anna geduldig ein mutterloses Waschtierbaby. Mit genau bemessenen zwölf Millilitern Aufzuchtmilch für Hunde, die ihm alle vier bis fünf Stunden sehr wohl mundet. Mehr und öfter sei gefährlich, erklärt die Oma. "Denn ein Waschbär hat einen ganz kleinen Magen," so Elke Wengert, "da machen viele einen Fehler."
Insgesamt zehn Waschbären päppeln die Wengerts und ihre tierlieben Helferinnen in Göggingen gerade auf. Auch mit Streicheleinheiten. Es sind die einzigen Wildtiere der Auffangstation, die, einmal eingefangen, nicht zurück in die Natur dürfen. Als Schädlinge bleiben sie lebenslänglich in Pension. Als eingewanderte Art vermehrt sich der Waschbär zu schnell und richtet bei uns zu große Schäden an.
Ohne die tatkräftige Tierliebe von Familie Wengert wäre auch ein Falkenküken ganz gewiss verhungert. Es wurde noch fast nackt aus dem Nest gestoßen. Vermutlich von den eigenen Eltern, meint die Gögginger Tierschützerin. Wenn die Mutter nämlich keine Nahrung findet, schmeißt sie das Schwächere heraus. Der junge Turmfalke wird wohl noch zwei, drei Wochen brauchen, bis sich sein Flaum in Federn wandelt und er flügge wird.
Bei einigen Singvögeln ist es schon so weit. Platzmangel herrscht im Wohnzimmer der Wengerts, wo zig junge Meisen, Spatzen, Amseln, Stare und Rotschwänzchen in Käfigen und Brutkästen logieren. Nach dem Hochwasser sind es mehr denn je, weil viele Vogelpaare auf überschwemmten Wiesen und Felder keine Würmer, Ungeziefer, Käfer für ihre Brut finden konnten.
Die Schnäbel der hungrigen Piepmätze mussten stündlich gestopft werden. Elke Wengert und ihre Enkelin sind froh, wenn sie die Käfigdeckel öffnen können und die gefiederten Schützlinge davonfliegen - im Augenblick der Freiheit.
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