Die Füße der Nationalspieler stehen bei der Europameisterschaft unter genauer Beobachtung eines Ulmer Physiotherapeuten. Wolfgang Bunz betreut die Mannschaft schon lange - die EM wird sein Abschied.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten betreut Wolfgang Bunz aus Ulm die Nationalmannschaft - bei der Europameisterschaft in Deutschland ist der Physiotherapeut ein letztes Mal dabei. Es geht ein alter Hase: Bei mehr als 300 Länderspielen saß der 67-Jährige auf der deutschen Bank.
Die Szene im Trainingslager des DFB für die kommende Fußball-EM sieht harmlos aus. Die beiden Nationalspieler Joshua Kimmich und Thomas Müller kämpfen an der Seitenlinie um den Ball. Müller verletzt sich dabei am Knie. Situationen wie diese sind ein Fall für Wolfgang Bunz.
Noch auf dem Platz bandagiert der Physiotherapeut das Knie von Thomas Müller und kühlt es mit Eis. Die Diagnose und Behandlung erfolgt später im Hotel. Wolfgang Bunz ist Teil der medizinischen Abteilung des DFB. Ärzte und Physiotherapeuten sorgen dafür, dass Verletzungen schnell abklingen und die Spieler nach Spielen schnell regenerieren.
"Ich heile nicht - ich gebe Impulse, dass der Körper schneller regeneriert"
Auf die Frage im SWR-Interview zu seiner Rolle, hält Bunz den Ball erstmal flach. Seine Aufgabe sei, "Spieler funktionell wieder auf gute Füße zu stellen. Heilen ist nicht meine Aufgabe, heilen tut der Körper selber. Aber ich gebe vielleicht Impulse, dass der Körper schneller regeneriert". Die Spieler müssten schnell wieder auf die Füße kommen nach einer Verletzung. Das sei die Aufgabe der medizinischen Abteilung.
"Es tut weh, das ist Absicht"
Wenn Wolfgang Bunz Nationalspieler behandelt, dann ist das oft schmerzhaft. "Absicht!" sagt Bunz, auf die Frage, ob das so sein müsse. Früher hätten Physiotherapeuten stundenlang massiert, sagt Wolfgang Bunz und lächelt. Das sei heute nur ein Teil des gesamten Regenerationsspektrums. Mit Massagen könne nur die Oberfläche erreicht werden. Deshalb sucht er sogenannte Schmerzpunkte. Die behandelt er, in dem er mit dem Daumen, der Faust oder dem Ellenbogen drauf drückt. Das tut weh! Mit der Zeit passt sich der Muskel diesem Druck an, entspannt und tut dann nicht mehr weh.
Bei Deutschlandspielen sitzt Bunz auf der Bank
Wenn Deutschland spielt, sitzt Wolfgang Bunz auf der Bank. Verletzt sich ein Spieler und muss behandelt werden, läuft er gemeinsam mit dem Mannschaftsarzt aufs Feld. "Wunderheilung ist das nicht" sagt Bunz, wenn ein Spieler schnell nach einem Foul wieder laufen kann. Ein Schlag auf das Schienbein tue weh. Der Primär-Schmerz klinge dann aber nach rund einer Minute wieder ab. Im Gespräch mit dem verletzten Spieler werde dann schnell klar, ob dieser weiterspielen kann oder nicht.
14-Stunden-Tage während der EM
Mit Blick auf die Europameisterschaft sagt er: "So ein Turnier ist schon anstrengend". Die Physios im DFB-Quartier sind von morgens neun bis abends elf in Aktion. Der 14-Stunden-Tag ist obligatorisch, natürlich mit Pausen. Kommt die Mannschaft von einem Spiel zurück, kann es schon mal 1 Uhr nachts werden. "Dann schläft man um 3, und um 9 geht es schon wieder weiter", erzählt Bunz. "Man ist immer auf dem Adrenalin-Trip, und immer wach. Man schläft wenig, der Schlafrhythmus ist schwierig." Aber die Spannung und das Erlebnis halte einen wach.
Nach mehr als zwei Jahrzehnten und über 300 Länderspielen bleiben für Wolfgang Bunz zwei Höhepunkte unvergessen: Der WM-Titel von 2014 und das Sommermärchen 2006. In Stuttgart wurde das Team nach dem kleinen Finale von Tausenden Fans frenetisch vor dem Hotel empfangen, erzählt der 67-Jährige.
Die Heim-EM soll jetzt der letzte DFB-Einsatz für Wolfgang Bunz werden. Vielleicht kommt der 67-Jährige nochmal als Champion nach Hause. Es würde gut zu dem Foto passen, das in seinem Behandlungszimmer in der Ulmer Praxis hängt. Es zeigt das DFB-Team nach dem Gewinn des WM-Titels in Brasilien. Mittendrin, wenn auch etwas versteckt: Wolfgang Bunz. Ein EM-Titel fehlt ihm noch in seiner Sammlung.
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