Die Vorsitzende Richterin am Landgericht Ulm hat am Montag die Entscheidung im Erbstreit um Erwin Müller verkündet - die Klage seiner Adoptivkinder wurde abgewiesen.

Entscheidung am Landgericht Ulm

Klage abgewiesen: Erwin Müller gewinnt im Erbstreit gegen seine Adoptivkinder

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Martin Miecznik
SWR Aktuell Autor Martin Miecznik
Hannah Schulze
Hannah Schulze

Im Erbschaftsstreit um den Ulmer Drogeriemarktunternehmer Erwin Müller ist am Montag eine Entscheidung gefallen: Müller muss seinen Adoptivkindern nicht den Pflichtteil vererben.

Es war ein spektakulärer Streit, der am Montag vor dem Landgericht in Ulm entschieden wurde. Es ging um 500 Millionen Euro des Ulmer Drogeriemarktunternehmers Erwin Müller. Seine drei erwachsenen Adoptivkinder hatten gegen einen Vertrag geklagt, der bei der Adoption zum Verzicht auf einen Pflichtanteil des Erbes geschlossen wurde. Der ernüchternde Ausgang für die drei: Das Gericht wies die Klage ab, die Adoptivkinder müssen die Prozesskosten übernehmen.

Klage abgewiesen: Prozessbeteiligte bei Verkündung nicht vor Gericht

Die Begründung des Gerichts: Der Vertrag sei weder sittenwidrig gewesen, noch hätten die Kläger das Recht gehabt zu behaupten, sie hätten nicht verstanden, was sie da unterzeichnet hatten. Es sei nicht ungewöhnlich, dass ein Erbschaftsverzicht bei einer Adoption unterzeichnet werde, so die Richterin bei der Urteilsverkündung. Weder die drei Kläger noch Erwin Müller oder seine Frau Anita waren am Montag vor Gericht anwesend.

Das Urteil ist unhaltbar und verstößt offenkundig gegen das Gesetz.

"Das Urteil ist unhaltbar und verstößt offenkundig gegen das Gesetz", sagte Maximilian Ott, Anwalt der Adoptierten, nach der Verkündung. "Selbstverständlich werden wir daher in Berufung gehen und weiter für Gerechtigkeit kämpfen." Voraussetzung sei jedoch, dass sich ein Finanzier für die zweite Instanz finde. "Denn die Kosten können meine Mandanten nicht aufbringen."

Berufung gegen Erbstreit-Urteil kann teuer werden

Die Entscheidung des Landgerichts ist allerdings eindeutig ausgefallen: Danach verlieren die Kläger und müssen die Prozesskosten zahlen. Der Vertrag, den sie mit Erwin Müller geschlossen hatten, sei nicht rechtswidrig gewesen. Weder seien die Kläger in einer seelischen noch in einer finanziellen Zwangslage dem Drogeriemarkt-Unternehmer gegenüber gewesen. Was sie da unterschrieben hätten, sei ihnen als geschäftserfahrene Menschen bewusst gewesen. Und der Verzicht auf ein Erbteil bei Adoption sei so ungewöhnlich nicht, so das Gericht.

Die drei Adoptivkinder Erwin Müllers mit ihrem Anwalt vor Gericht - sie klagen um den Pflichtteil ihres Erbes.
Zu Prozessbeginn anwesend: Die drei Adoptivkinder Erwin Müllers aus dem Allgäu klagten mit ihrem Anwalt um den Pflichtteil ihres Erbes.

Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden – die könnte allerdings teuer werden. Das Gericht legte den Streitwert auf 30 Millionen Euro fest; das ist nach Paragraph 39 des Gerichtskostengesetzes der höchste überhaupt mögliche Streitwert. Nach ihm bemessen sich unter anderem die Anwaltskosten, aber auch, ob ein Amtsgericht oder ein Landgericht für ein Verfahren zuständig ist.

Erbschaftsstreit um Erwin Müller: Um diesen Vertrag ging es

Adoptiert hatte Erwin Müller die drei aus dem Allgäu, zwei Brüder und die Ehefrau eines der beiden, als sie schon längst Erwachsene waren. Dabei hatten diese notariell erklärt, auf das Erbe des Unternehmers zu verzichten. Diesen Vertrag hatten sie angefochten, mit der Begründung, sie hätten damals nicht gewusst, was sie da unterschrieben hätten. Der sogenannte Pflichtteilsverzichtsvertrag wurde nach Angaben des Gerichts im August 2015 geschlossen.

Adoptivkinder: versprochene Schenkungen ausgeblieben

"Es soll euch an nichts fehlen. Geld spielt keine Rolle", soll der Drogeriemarkt-König bei der Adoption gesagt und den drei großzügige Schenkungen in Aussicht gestellt haben. Das schilderte einer der beiden Adoptivsöhne zu Prozessbeginn. Dabei ging es um eine Finca auf Mallorca, die Übertragung eines Schießzentrums und eine Jagdpacht auf Lebenszeit - wobei alle mutmaßlichen Versprechungen nicht Teil des Vertrages waren.

Später seien die vielen versprochenen Schenkungen ausgeblieben. Erhalten hätten die drei letztendlich eine Schenkung von 400.000 Euro alle zehn Jahre sowie die Unterstützung ihrer Jagdpacht. 

Streit um Müller-Erbe: Leiblicher Sohn hatte nicht geklagt

Tatsächlicher Grund der Adoptionen soll gewesen sein, dass sich damit die sonstigen innerfamiliären Ansprüche auf das Erbe rein rechtlich verschoben hätten. Einziger möglicherweise Benachteiligter der Adoption könnte Müllers leiblicher Sohn sein. Dessen Erbteil könnte sich durch die Adoption verringern. Doch der, so das Gericht, hatte gegen den Vertrag gar nicht geklagt.

Der 91-jährige Erwin Müller selbst hatte zu Prozessbeginn erklären lassen, die drei nur aus Zuneigung und Vertrauen adoptiert zu haben. Der Drogeriemarktbesitzer soll sie auf der Jagd kennengelernt haben.

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