Im Rothirschgehege des Heidenheimer Wildparks lebt Gretl - äußerlich eine Hirschkuh, doch sie selbst würde wohl sagen, sie ist ein Mensch. Davon ist der Förster des Wildparks überzeugt.
Wildparks werben mit der Nähe zur Natur - doch wilde Tiere sind meist schwer zu entdecken. Den Kontakt zum Menschen mögen sie nicht. Im Heidenheimer Wildpark Eichert wohnt eine Hirschkuh, die ist das genaue Gegenteil. Das freut die Besucher - und hat einen traurigen Hintergrund.
Hirschkuh Gretl begrüßt höflich ihre Besucher
Das Rothirschgehege liegt direkt hinter der Voith-Arena. Eine Gruppe von Kindergartenkindern steht dort am Zaun - die Hirschgruppe des nahegelegenen Waldkindergartens Ugental. Auf der anderen Seite des Zauns steht Gretl.
Um den Kontakt zu erleichtern, bekommen die Kinder von Förster Christian Eder prall gefüllte Eimer mit Äpfeln und Kastanien. Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Ohne Berührungsängste wagen sich die Kinder an das Gehege. Ohne Berührungsängste traut sich Gretl an das Futter in den kleinen Kinderhänden.
Gretl begeistert die Kinder
"Der Hirsch hat meinen Apfel auf einem Happs ganz weggegessen", erzählt Ilias begeistert. Leo war mutig und hat Gretl sogar gestreichelt. "Die war ganz weich", verrät er, während ihn die Hirschkuh neckisch an seiner Hand berührt. "Das finde ich toll." "Die Gretl fühlt sich auch wuschelig an und wild", ergänzt Elisa.
Von Artgenossen wird Hirschkuh Gretl ausgeschlossen
Dass die herzliche Hirschkuh sich so verhält, hat einen traurigen Hintergrund. "Gretl hat leider ihre Mutter verloren", erzählt Förster Christian Eder. "Ein Jäger hat sie dann aufgenommen und mit der Flasche aufgezogen." Vor knapp vier Jahren ist sie in den Wildpark Heidenheim gekommen. "Der Platzhirsch und das restliche Rotwild erkennen sie nicht im Rudel an", erklärt der Stadtförster.
Sobald Menschen auftauchen, ist Gretl vor Ort, lässt sich gerne streicheln und füttern. "Für alle Besucher und die Kinder ist das natürlich toll." Eder weist aber daraufhin, dass unbedingt nur Futter aus den Automaten vor den jeweiligen Gehegen gegeben werden darf. Oder eben aus Eimern, die von den Förstern gerne bereit gestellt werden. Sonst kann das "drastische Auswirkungen für die Tiere haben."
Wildpark als Bildungseinrichtung
Gretl ist für den Heidenheimer Wildpark in gewisser Weise ein Segen. Der Park ist eine Art Bildungseinrichtung. Ein Ort, an dem Besucher in Deutschland lebende Wildtiere kennen lernen können. Und im Falle von Gretl passiert das nicht auf die Entfernung sondern haut- beziehungsweise "fellnah".
"Hier hat man die Möglichkeit mit dem Tier so in Kontakt zu kommen, wie man mit einem wilden Tier so eigentlich nie in Kontakt treten könnte", erzählt Eder, während er auf die anderen Rothirsche zeigt, die sich vom Zaun fernhalten. Besucher lernen im Wildpark auch das richtige Verhalten in der Natur. "Jemand, der laut ist und rumschreit, sieht dann vielleicht weniger Tiere", so Eder. Besser: leise sein und beobachten.
Die Schattenseite von Gretls Verhalten
Hirschkuh Gretl ist aber auch ein warnendes Beispiel, ergänzt der Stadtförster. Aufgrund ihrer Nähe zu den Menschen wird sie von den Artgenossen nicht akzeptiert, "das heißt, jeder Mensch, der ein Wildtier an sich nimmt und großzieht, erzeugt eigentlich jemanden, der nachher ein relativ hohes Betreuungsintervall braucht." Dadurch wären die Tiere später in der freien Wildbahn nicht mehr lebensfähig.
Das erklärt auch Gretls Zutraulichkeit und Liebe für die Menschen. Die Hirschkuh hat also Glück, dass sie jeden Tag so viele Besucher im Wildpark hat, die sich um sie kümmern. Sei es mit Futter oder natürlich mit intensiven Streicheleinheiten gegen die Einsamkeit.
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