Seit einem Jahr gibt es den Bahnhof Merklingen. Zeit für eine erste Bilanz: Wurden die Erwartungen erfüllt? Wo gibt es Probleme mit dem "schnellsten Regionalverkehr Deutschlands"?
Es ist ein Millionenprojekt, das tausende Menschen an das Schienennetz der Bahn anschließen sollte: Der Bahnhof in Merklingen (Alb-Donau-Kreis). Vor einem Jahr ist er nach jahrelanger Planung und Realisierung an das Streckennetz der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm angeschlossen worden.
800.000 Reisende mit den Regionalzügen
Am Merklinger Bahnhof halten seit Dezember 2022 die Regionalzüge, die auf der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm unterwegs sind. Laut Deutscher Bahn haben im ersten Jahr 800.000 Reisende die IRE 200 genutzt - Tendenz steigend. Wie viele der Reisenden am neuen Bahnhalt auf der Laichinger Alb aus- oder einsteigen, ist nicht erfasst.
Klaus Kaufmann (parteilos) ist Laichingens Bürgermeister und Vorsitzender des Verbands, der sich für den Bau des Merklinger Bahnhofs eingesetzt hat. Er beobachtet, dass er immer mehr Fahrgäste anzieht. Das lasse hoffen, dass sich der Bahnhof so entwickeln wird wie es sich die umliegenden Kommunen vorgestellt haben, so der Bürgermeister.
Der Bahnhof Merklingen sei nicht nur für die Einwohner der umliegenden Gemeinden das Tor zur Welt. Er locke auch viele Menschen aus den Ballungsräumen Stuttgart und Ulm hoch auf die Alb. Klaus Kaufmann hat vor Ort "immer wieder Menschen gesehen, die von außerhalb kamen und die mit dem Rucksack unterwegs waren oder ihr Fahrrad mitgebracht haben."
Ein Boost für die örtliche Wirtschaft?
Noch könne man nicht sagen, inwieweit die Wirtschaft vom neuen Bahnhof profitiert. Die Hoffnungen sind aber da, ein Gewerbegebiet im Umfeld ist bereits in Planung, so Klaus Kaufmann. Sein Amtskollege aus Merklingen, Sven Kneipp (parteilos), berichtet von regelmäßigen Anfragen. In Gesprächen mit Interessenten oder noch frisch angesiedelten Unternehmen, sei "der Bahnhof tatsächlich immer ein Thema, um Fachkräfte auch aus den Ballungszentren gewinnen zu können."
Kleine Makel am Bahnhof Merklingen
Aber am Bahnhof Merklingen läuft nach einem Jahr noch nicht alles rund. Ein zentrales Problem ist die eng getaktete Busanbindung. "Ich habe schon öfters auch mal den Zug verpasst", erzählt Pendlerin Tanja Hinz, die bei winterlichem Wetter mit dem Bus statt dem Fahrrad anreist. Das Risiko nimmt sie aber gerne in Kauf, sagt sie, da man mit dem Zug "einfach entspannter bei der Arbeit ankommt."
Rentner Bruno Steinle sieht noch Verbesserungspotenzial bei den Unterstandsmöglichkeiten. Da sei der Bahnhof noch "etwas dürftig ausgestaltet." Ansonsten ist er aber begeistert vom Bahnhof Merklingen, und auch davon, dass ihn schon viele nutzen.
Wenn seine Frau und er mit dem Zug reisen, "dann sind wir nie allein, sondern es hat immer einige Bahnfahrer, die eben nach Ulm oder nach Merklingen wollen." Er ist Fan der ersten Stunde und vor einigen Jahren sogar extra wegen des - damals sich noch in Planung befindlichen - Bahnhofs nach Laichingen gezogen. Nun nutzt er die Bahnstrecke für Erledigungen in Ulm oder um von dort aus die Welt zu erkunden.