Es gibt Menschen, die dürfen keinen Führerschein machen. Menschen mit Behinderung, Blinde, beispielsweise, oder Menschen mit Downsyndrom. In Schwäbisch Gmünd durften sie dennoch ans Steuer.
Insgesamt 14 Fahrschulen aus Baden-Württemberg haben in Schwäbisch Gmünd auf einem abgesperrten Parkplatz einen besonderen Aktionstag organisiert: Sie ermöglichten Menschen mit Downsyndrom, Blinden und geistig behinderten Menschen erste Erfahrungen am Steuer. Männer und Frauen, die keinen Führerschein machen dürfen, erlebten unvergessliche Momente.
Robin mit Downsyndrom setzt sich mit Zuversicht ans Steuer
Der 18-jährige Robin zählt zu den ersten Kandidaten, die ans Steuer dürfen. Der junge Mann mit Downsyndrom schnallt sich auf der Fahrerseite des Fahrschulautos an und gibt sich selbstbewusst. "Ich glaub, ich kann fahren. Ich kann auch aufpassen", sagt er noch. Und schon gibt er kräftig Gas. Etwas ruckartig fährt er an, hat aber schnell den Bogen raus. Spontan applaudieren die anderen in der Warteschlange.
Walter Ensslin ist erst später dran, aber bereits nervös. Er ist wegen einer geistigen Einschränkung vom Autofahren eigentlich ausgeschlossen. "Ich traue mich noch nicht so recht. Ich habe Angst, dass ich in einen Graben reinfahre", erzählt er. Eine unbegründete Angst, denn auf dem großen Parkplatz einer Schwäbisch Gmünder Firma gibt es keinen Graben.
Bernd Hartmann aus Mutlangen leidet unter Epilepsie und steht ebenfalls in der Warteschlange. "Ich will das unbedingt heute mal probieren", sagt er. "Aber ich bin auch sehr aufgeregt, ob das alles gut läuft." Auf der Fahrfläche mit den orangefarbenen Hütchen gerät indessen immer mehr in Bewegung. 34 Fahrlehrerinnen und -lehrer sind mit ihren Autos im Einsatz, geben ihre Fahrstunden kostenlos und ehrenamtlich. Sogar zwei Fahrschul-Lkw sind dabei. Wer mag, darf auch mal einen 25-Tonner steuern.
Ilker Öztürk ist extra aus Nürnberg angereist. Der junge Mann ist blind und für seinen Fahrlehrer eine neue Erfahrung. "Soll ich mitlenken oder reicht es Dir, wenn ich nur die Fahrtrichtung rechts, links, geradeaus ansage", erkundigt sich erstmal der Fahrlehrer. Ilker will alleine steuern, und es klappt prima. Obwohl er nichts sehen kann, genießt er den Moment. "Das Gefühl, mal selber aufs Gaspedal zu drücken, ist schon was ganz Außergewöhnliches."
Erste Fahrversuche - Mutter aufgeregter als ihr Sohn
Auch im Auto des 18-jährigen Robin häufen sich die Glücksmomente. Seine Fahrlehrerin hilft nur minimal beim Lenken und lobt ihn immer wieder. Vor lauter Spaß drückt Robin auf die Hupe. Ein ganzes Hupkonzert entsteht auf dem Platz als purer Ausdruck von Freude. Robins Mutter macht Videos mit ihrem Handy. "Ich bin wahrscheinlich aufgeregter als mein Sohn", sagt Melanie Geist aus Alfdorf. "Denn Robins Traum war es schon von klein auf, einmal selbst Auto zu fahren."
Fahrlehrerin Heike Hilbig aus Leinzell im Ostalbkreis hat den ersten Aktionstag dieser Art in Baden-Württemberg organisiert, nachdem sie eine ähnliche Veranstaltung in Hessen miterlebt hatte. Es sei einfach herzergreifend und schön, wenn man mit so einfachen Mitteln diesen Menschen etwas Besonderes bieten könne. "Wenn man in die Autos reinguckt, sieht man, wie die Menschen am Steuer strahlen, winken, hupen. Die sind einfach begeistert und es gibt ihnen das Gefühl, etwas machen zu können, das sie noch nie in ihrem Leben gemacht haben."
Auch für Fahrlehrer ein erlebnisreicher Aktionstag
Die Kolleginnen und Kollegen von Heike Hilbig signalisieren am Ende des Aktionstages spontan, beim nächsten Mal wieder dabei sein zu wollen. "Manche haben mir gesagt, es sei der schönste Tag ihrer Fahrlehrerkarriere gewesen", erklärt Hilbig. Damit sei klar: Dieser erste Aktionstag in Baden-Württemberg für Menschen, die keinen Führerschein machen dürfen, soll nicht der letzte gewesen sein.
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