Die Situation für junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt ist derzeit nicht schlecht. Für Elena Cantarutti aus Herbrechtingen ist das kein Trost. Sie sucht einen Ausbildungsplatz - und ist blind.
Unternehmen in Baden-Württemberg warten bei Neueinstellungen derzeit eher ab. Das ist eine Kernaussage der am Dienstag veröffentlichten neuen Arbeitsmarkt-Zahlen. Was es heißt, dass Unternehmen mit einer Einstellung zögerlich sind, weiß Elena Cantarutti aus Herbrechtingen-Bolheim (Kreis Heidenheim) nur allzu gut. Die 26-Jährige sucht einen Ausbildungsplatz. Ihr Handicap: Sie ist blind.
Als Blinde auf dem Arbeitsmarkt: Hürden gibt es viele
"Wo soll ich anfangen?" antwortet Elena Cantarutti lächelnd auf die Frage, was die größten Hürden für sie auf dem Arbeitsmarkt sind. Es beginne mit der Arbeitsplatzsuche überhaupt. So viele Jobs gebe es für Blinde nicht. Hinzu komme, dass die Suche nach einer Assistenz nicht leicht falle.
Assistenz bedeutet am Arbeitsplatz, dass Blinde jemanden bei sich haben, der sie bei den Dingen unterstützt, die sie nicht selbst erledigen können. Einige vielversprechende Ausbildungsmöglichkeiten hatte Elena bereits im Visier, doch jedes Mal scheiterte die Realisierung an ihrem Handicap.
Auf Arbeitsmarkt "allein gelassen"
Elena Cantarutti hat die Erfahrung gemacht, dass Handicaps von Menschen mehr abschrecken, als ihre Stärken begeistern. Jeder Mensch mit Behinderung habe Stärken, es sei wichtig diese zu erkennen. Die 26-Jährige, die nach dem Abitur wegen eines Tumors erblindete, fühlt sich bei der Arbeitssuche auch ein bisschen allein gelassen. Unter anderem von der Agentur für Arbeit. Dort müssten doch eigentlich alle Daten vorliegen, wo Stellen für Blinde sein könnten, sagt sie. Infos darüber gebe es jedoch kaum.
Agentur für Arbeit: Viel Luft nach oben
Angelica Kvaic von der Agentur für Arbeit in Stuttgart kennt die Problematik. Es sei bei der Vermittlung und dem Angebot von Arbeitsplätzen für Menschen mit Handicap noch viel Luft nach oben. Sie appelliert an Unternehmen, das Angebot des Arbeitgeber-Service der Agentur anzunehmen. Bei der Agentur für Arbeit könne Hilfe angeboten werden, unter anderem mit technischen Arbeitshilfen, bei der notwendigen Assistenz oder einer Probezeit.
Was Erwachsene von Kindern lernen können
Und über diesen Weg könnte es dann vielleicht auch für Elena Cantarutti klappen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Am liebsten würde sie etwas mit Kindern machen. Obwohl sie nicht weiß, ob das geht, ohne sehen zu können. Auf jeden Fall weiß sie, dass Erwachsene von Kindern viel lernen können. "Kinder fragen, wenn sie was nicht wissen, Erwachsene tuscheln. Kinder fragen: Kannst Du das sehen, oder wie machst Du das? Diese Offenheit wünsche mir auch für den Arbeitsplatz."
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