Statt im Ort müssen die Anwohner des kleinen Ortes Stetten jetzt an einer stark befahrenen Landesstraße in den Bus einsteigen. Der Ostalbkreis will damit Zeit sparen, die Anwohner sind sauer.
In den Neresheimer Stadtteil Stetten fährt der Bus jetzt nicht mehr. Denn die Haltestelle wurde verlegt, raus aus dem kleinen Ort an eine viel befahrene Landesstraße - und das sorgt für Ärger.
Bushaltestelle ursprünglich im Ort
Keine 250 Einwohner hat der Stadtteil Stetten, weder einen Bäcker, noch einen Supermarkt. Aber eine Bushaltestelle, sogar mit Wartehäuschen, gibt es. Denn ursprünglich sind alle Busse von der Landesstraße abgebogen, um eine Schleife über den Ort zu fahren.
Die Schleife durch Stetten würde den Schnellbus aber Umweg kosten. Um Zeit zu sparen, hat der Ostalbkreis die Haltestelle kurzerhand aus dem Ort hinaus an die Landesstraße verlegt. Keine Haltebucht, kein Fußweg und kein Zebrastreifen. Nur ein wenig Schotter und ein Haltestellenschild - fertig ist die Bushaltestelle.
Ganz zum Leid von Anwohnern und Anwohnerinnen wie Sandra Bareither: "Uns wurde gesagt, mit der neuen Schnellbuslinie, die sie eingeführt haben, sei ein Halt im Ort nicht mehr möglich."
Ostalbkreis: Haltestelle an Landesstraße soll zweieinhalb Minuten sparen
Mit einer neuen Taktung, die auch den Werksverkehr zu großen Firmen einschließt, spart der Bus jetzt zweieinhalb Minuten. Dafür muss er allerdings an der Landesstraße halten.
Anwohnerin: Bushaltestelle an der Landstraße "ungehörig"
Zweieinhalb Minuten. Die helfen Christine Werner, die in Stetten wohnt, nicht: "Ich stehe hier im Winter. Ich stehe hier im Dunkeln. Ich stehe hier ohne Einhausung. Ich habe Bürokleidung an. Wenn der Lkw hier vorbei kommt, kann ich mich umziehen." Dazu kommen rund zehn Minuten Fußweg an der Straße, die nicht einmal einen Bürgersteig hat. Das sei "ungehörig", findet Werner. Als Anwohnerin fühle sie sich nicht wertgeschätzt.
Nach Angaben des Landratsamts im Ostalbkreis stoppen zumindest die Schulbusse weiterhin an der Haltestelle im Ort. Die Stettener haben da allerdings andere Erfahrungen gemacht. "Unsere Kinder werden jetzt regelmäßig im Ort vergessen, wenn sie auf den Schulbus warten", berichtet Stefan Trennheuser. Dann müssten die Eltern einspringen und die Kinder selbst zur Schule fahren. Zwei- oder dreimal im Monat komme das vor. "Und das ist ja nicht Sinn und Zweck von der Bushaltestelle." Außerdem würden die Schulkinder auf dem Rückweg immer wieder von Busfahrern an der Landesstraße abgesetzt, so Trennheuser.
Landratsamt prüft Sicherheit der Bushaltestelle in Neresheim-Stetten
Seit es die Bushaltestelle außerorts gibt, ist die Geschwindigkeitsbegrenzung dort auf 70 Stundenkilometer reduziert worden. Eingehalten werde sie selten, haben die Stettener beobachtet. Aktuell wird die Sicherheit der neuen Haltestelle vom Landratsamt geprüft.
Bis Ergebnisse vorliegen, will die Behörde zum Thema keine Stellung nehmen. Man arbeite aber an einer Lösung. Für die Stettener ist das kein Trost. Sie müssen bis auf Weiteres mit der Bushaltestelle an der Landesstraße Vorlieb nehmen.
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