Regionalverband stellt Suchraumkarten vor

Windräder in der Region Neckar-Alb: Sind die Flächen fair verteilt?

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Autor/in
Miriam Plappert
Miriam Plappert ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Die Windkraft soll ausgebaut werden - auch in der Region Neckar-Alb.  Jetzt wurde eine Karte mit möglichen Windrad-Standorten vorgestellt - die Verteilung finden manche unfair.

In der Dußlinger Kulturhalle war es am Dienstagabend voll: Rund 350 Menschen aus den Kreisen Tübingen, Reutlingen und Zollernalb wollten unter anderem wissen, ob sie bald mit Windrädern oder Solaranlagen vor ihrer Haustür rechnen müssen. Denn zwei Prozent der Regionsfläche Neckar-Alb müssen - wie überall im Land - für erneuerbare Energien reserviert werden.

Der Regionalverband Neckar-Alb hat sich deshalb auf die Suche nach geeigneten Flächen gemacht und so genannte Suchraumkarten für den Ausbau der Windenergie und der Solarenergie vorgestellt. In ihnen ist eingezeichnet, wo zukünftig Windräder und PV-Anlagen stehen könnten. Die Flächen sind aber noch nicht endgültig festgelegt. Die Meinungen zum Entwurf gingen auseinander.

In der Kulturhalle in Dußlingen gingen die Meinungen zur geplanten Windkraft in der Region Neckar-Alb stark auseinander:

Einige Besucher von der Schwäbischen Alb fühlen sich benachteiligt

Während einige den Ausbau der Wind- und Solarenergie befürworten, befürchten andere die Verschandelung der Landschaft. Eine Frau sagt: "Wir leben auf der Alb und wir werden jetzt umringt von Windrädern, die überhaupt keinen Sinn machen, weil was machen wir, wenn der Wind nicht weht?"

Das ist zumindest laut der vorgestellten Suchraumkarte, die auch die Windstärke berücksichtigt, eher unwahrscheinlich. Gerade auf der Schwäbischen Alb sehen die Planer besonders viel Potential für Windräder - und haben entsprechend viele Flächen als mögliche Standorte eingezeichnet, auch wenn sie nicht zwangsläufig dann auch bebaut werden. Eine Windkraftgegnerin von der Initiative „Gegenwind Steinhilben“ findet das trotzdem unfair:

"Ich frag mich, wie die Karten zustandegekommen sind. Am grünen Tisch wahrscheinlich!"

Verbandsirektor Seidemann: "Alle müssen ihren Beitrag leisten"

Tatsächlich sind im Kreis Tübingen viel weniger mögliche Flächen für Windkraft eingezeichnet als auf der Schwäbischen Alb. Das erklärt Verbandsdirektor Dirk Seidemann damit, dass die Alb weniger dicht besiedelt sei als Ballungsräume wie Tübingen oder Reutlingen. Dafür sei der Spielraum auf der Alb weitaus größer, nicht alle Flächen, die gerade noch in Frage kämen, würden dann auch tatsächlich für Windkraft reserviert. Anders sehe das in den Ballungsräumen im Kreis Tübingen aus, hier müssten wahrscheinlich die wenigen in Frage kommenden Flächen auch tatsächlich genutzt werden. Man achte darauf, dass die Windkraft über die ganze Region verteilt werde.

"Jeder Raum wird seinen Beitrag leisten."

Auch im Kreis Tübingen äußern sich Menschen kritisch

Im Kreis Tübingen kommen Flächen bei Dußlingen, Gomaringen und Seebronn in Frage. Weil das so wenige sind, werden sie laut Verbandsdirektor Seidemann mit hoher Wahrscheinlichkeit im Plan bleiben und für Windkraft reserviert. Eine Besucherin aus dem Kreis Tübingen steht etwas skeptisch vor der Suchraumkarte. Sie sei zwar generell für Windkraft, fände aber die Flächen rund um Tübingen nicht so ideal, weil dafür viel Wald abgeholzt werden müsse.

Schutz von Grauammer und Rebhuhn

Viele Besucher sind gekommen, weil sie sich für Naturschutz engagieren. Michael Koltzenburg vom Landesnaturschutzverband im Kreis Tübingen diskutiert an einer der Karten über seltene Feldvögel im Neckartal. Er will erreichen, dass Gebiete, auf denen die in Baden-Württemberg seltene Grauammer und das Rebhuhn leben, für Windkraft ausgeschlossen werden. Noch habe der Regionalverband das nicht getan, obwohl er von den seltenen Vögeln wisse.

Stolz reckt ein Rebhuhn-Hahn seinen Kopf
Bei Rottenburg gibt es noch letzte Rebhuhnbestände.

Keine Entscheidung - nur Vorauswahl

Noch, betont Seidemann, seien die Flächen nicht in Stein gemeißelt - vielmehr Diskussionsgrundlage. Bürgerinnen und Bürger, aber auch Verbände können noch bis zum 22. Mai zu den Plänen Stellung nehmen. Bis zum Ende des Jahres sollen dann noch weiter eingegrenzte "Anhörungskarten" entstehen. Sie enthalten die konkreten Gebiete, die für die Windräder und Solaranlagen reserviert werden sollen. Bis September 2025 sollen sie beschlossen werden.

Verlust von Geld und Einfluss vermeiden

Für die Gemeinden sei es allerdings enorm wichtig, dass sie sich aktiv um Standorte bemühen, sagt Dußlingens Bürgermeister Thomas Hölsch. Sonst drohe die Gefahr, Geld und Einfluss auf den anstehenden Ausbau der Windenergie in der Region zu verlieren. Denn sollten bis 2025 keine geeigneten Flächen gefunden werden, drohe die so genannte "Super-Privilegierung", dann verlieren die Kommunen und der Regionalverband jegliche Möglichkeit zur Steuerung.

Murren und Zwischenrufe - sonst friedlich

Trotz unterschiedlicher Meinungen blieb die Stimmung in der Halle die meiste Zeit friedlich. Während der Vorstellung der Karten ging allerdings immer wieder ein Raunen durch die Menge, gefolgt von gelegentlichen Zwischenrufen, in denen zum Beispiel Zweifel an den Daten zur Windstärke geäußert wurden. Zu einer Eskalation kam es aber nicht, was vermutlich auch am Format der Veranstaltung lag: Eine Diskussion und Fragen in der großen Runde wurden nicht zugelassen. Vielmehr konnten sich die Besucherinnen und Besucher nach dem Vortrag einzeln an Ständen informieren. Manch einer ging wohl mit Wut im Bauch nach Hause: "Die Meinung der Bürger ist eigentlich gar nicht abgefragt worden", sagte zum Beispiel eine Besucherin von der Schwäbischen Alb.

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