Arbeit finden nach der Flucht

Großes Interesse bei Geflüchteten an Jobmesse in Dettingen

Stand
Autor/in
Anna Priese
Anna Priese ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Der Zillenhartsaal in Dettingen an der Erms war proppevoll. Viele Geflüchtete informierten sich am Mittwoch bei der Jobmesse über Arbeitsmöglichkeiten. 

Etwa 200 Geflüchtete kamen am Mittwoch nach Dettingen an der Erms (Kreis Reutlingen), um sich über die Stellenangebote der Unternehmen im Kreis Reutlingen zu informieren. 15 Unternehmen stellten sich und ihre ganz verschiedenen Jobs und Ausbildungen vor. Zum Beispiel in der Altenpflege, im Transport- und Logistikbereich, in der Reinigung oder auch in der Dachbegrünung. Die Motivation der Unternehmen: Arbeitskräfte finden. Viele der Arbeitgeber haben bereits Erfahrungen mit geflüchteten Arbeitnehmern. 

Sprache als Schlüssel zur Integration 

Die Bäckerei und Konditorei BeckaBeck beschäftigt mehrere Geflüchtete. Das sei nicht immer einfach: Die Anerkennung von Qualifikationen der Geflüchteten sei schwierig und der bürokratische Aufwand hoch, so Seline Fetzer, die für die Ausbildung im Betrieb zuständig ist und Sabine Schuster, die Assistentin der Geschäftsleitung. Außerdem hätten viele Mitarbeiter mit Fluchterfahrungen Probleme mit dem Familiennachzug. Die Erfahrungen mit den Geflüchteten selbst seien aber positiv. Der Wille der Geflüchteten sei da, ihre Arbeit gut zu machen und die deutsche Sprache zu lernen. Die Sprache sei der Schlüssel zur Integration.

Geflüchtete mit guten Qualifikationen 

Das weiß auch die BruderhausDiakonie. Laut Personalreferentin Hanna Eimann können Geflüchtete dort eine zweijährige statt einjährige Helferausbildung machen und bekommen dafür viel Deutschunterricht. Bislang wurde die Ausbildung wegen der längeren Dauer nicht anerkannt, doch das solle sich im Frühjahr 2024 ändern. Zudem hätten die Geflüchteten, sobald sie im Job seien, einen Aufenthaltstitel. Da man die Ausgebildeten halten wolle, sei das meist der Fall, meinte Eimann.

Die Geflüchteten konnte an Info-Ständen direkt mit den Arbeitgebern ins Gespräch kommen.
Die Geflüchteten konnte an Info-Ständen direkt mit den Arbeitgebern ins Gespräch kommen.

Auf der Jobmesse hätten bereits viele Interessenten mit teils guten Qualifikationen Kontaktformulare am Stand der BruderhausDiakonie ausgefüllt, zum Beispiel ein geflüchteter Notfallsanitäter und eine Ärztin. Um die Geflüchteten zu unterstützen habe man in der Stiftung gute Strukturen aufgebaut. So bekämen sie unter anderem Hilfe bei der Wohnungssuche oder bei Amtsgängen.

Jobmesse kommt bei Geflüchteten gut an  

Die Arbeit bei der BruderhausDiakonie interessiere sie, erzählte eine junge Ukrainerin. Sayed Zikrullah und Fawad Hamidi könnten sich gut vorstellen, als Securitykräfte zu arbeiten. Doch dafür müsse er sein Deutsch noch verbessern, sagte Zikrullah. Derzeit lerne er im A2-Kurs. Für einen Job als Securitykraft müsse er das B1-Niveau erreichen. Ein anderer Geflüchteter erklärte, er sei da, um einem Freund bei der Jobsuche zu helfen. Er selbst, vor sechs Jahren nach Deutschland gekommen, arbeite schon seit fünf Jahren bei einer Zeitarbeitsfirma. Die Arbeit mit Maschinen gefalle ihm.  

Während der Vorstellungsrunde der Unternehmen wurde es ab und zu etwas lauter im Saal. Vielleicht auch, weil in zehn Sprachen übersetzt wurde. Immer wieder riefen die Organisatoren dazu auf, leiser zu sein. Nach der Vorstellungsrunde, konnten die Geflüchteten selbst mit den Unternehmen ins Gespräch kommen und sich weiter informieren.

"Wir sind eben im Schwabenland" 

Das Amt für Migration und Integration am Landratsamt Reutlingen hat die Jobmesse organisiert. Die Leiterin, Mirjam Koch, wertet die Jobmesse als vollen Erfolg. Es lohne sich parallel zum Lernen der deutschen Sprache die Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern. Jobmessen seien dafür ein gutes Format, denn vielen Geflüchteten falle es schwer, den ersten Schritt zu tun. Die Schwelle, mit einem potentiellen Arbeitgeber Kontakt aufzunehmen, sei auf einer Jobmesse niedriger.  

Mirjam Koch vom Amt für Migration und Integration.
Dass Geflüchtete nicht arbeiten dürften sei falsch, meint Mirjam Koch vom Amt für Migration und Integration am Landratsamt Reutlingen.

Laut Koch führt der frühe Einstieg in den Arbeitsmarkt am ehesten zu einer Akzeptanz für Geflüchtete in der Bevölkerung. "Wir sind eben im Schwabenland und da zählt, wenn man schaffen geht und Geld selber verdient."  

Geflüchtete sind extra von der Schwäbischen Alb angereist 

Einen Aufenthaltstitel bräuchten die Geflüchteten nicht zwingend, um zu arbeiten. Grundsätzlich dürften sie nach drei Monaten arbeiten. Für Personen aus sicheren Herkunftsländern und Personen mit Duldung gelte das allerdings nicht. Die Aussage "Geflüchtete dürfen nicht arbeiten", die immer noch kursiere sei jedoch falsch, so Koch. Damit der Jobeinstieg gelingt, brauche es aber einen Vermittler zwischen Arbeitsnehmer und Arbeitgeber, zum Beispiel, wenn es mal um das Thema Pünktlichkeit ginge. Dass die Geflüchteten früh in Arbeit wollen, zeige schon die Vielzahl an Interessierten, die teils extra aus Engstingen von der Schwäbischen Alb mit dem Bus zur Jobmesse angereist seien.  

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