Früher oder später kommt der Wolf, sagen Experten. Deshalb werden die Schäfer auf dem früheren Militärgelände bei Münsingen beim mühsamen Aufbau von Elektrozäunen unterstützt.
Auch auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Münsingen (Kreis Reutlingen) wird der Wolf früher oder später sesshaft werden, sagen Experten wie Olaf Klußmann vom Bundesforst. Er ist für das frühere Militärgelände zuständig. Klußmann ist sich sicher, Elektrozäune können Schafe effektiv schützen. Vorausgesetzt: Sie werden richtig aufgebaut und geerdet.
Für die Nacht: Aufwendiger Aufbau der Elektrozäune gegen Wolf
Um die Schäfer beim Aufbau der Zäune zu unterstützen, hat der Bundesforst jetzt auf dem ganzen Gelände unterirdische Anlagen mit fest installierten Erdungsstäben verbaut. Ein bundesweit einzigartiges Projekt. Tagsüber sind die Schäfer mit ihren Tieren auf dem Gelände des ehemaligen Truppenübungsplatzes unterwegs. Am Abend werden sie auf extra angelegte Freiflächen, so genannte Pferchäcker getrieben, wo sie die Nacht verbringen. Idealerweise geschützt durch einen Elektrozaun, den die Schäfer jeden Abend aufbauen müssen.
Ein kräftiger Stromschlag hält den Wolf ab
Die elektrischen Zäune schützen die Schafe aber nur, wenn der Wolf beim ersten Kontakt mit dem Zaun einen kräftigen Stromschlag bekommt. Dazu muss der Zaun gut geerdet sein. Bisher mussten die Schäfer die Erdungsstäbe selbst mühevoll in den steinigen Boden rammen. Deshalb hat der Bundesforst jetzt an über hundert Stellen auf dem Truppenübungsplatz Erdungsstäbe für die Zäune eingegraben. An die müssen die Schäfer die Zäune nur noch anschließen.
100.000 Euro Kosten - auch der Kampfmittelräumdienst war im Einsatz
Bevor die Erdungsstäbe eingeschlagen werden konnten, musste der Kampfmittelräumdienst ran. Denn noch immer ist auf dem ehemaligen Militärgelände tonnenweise alte Munition im Boden. Erst danach konnten an den über 50 Pferchäckern die rund einen Meter langen Erdungsstäbe im Boden eingebaut werden. An jeder Stelle wurde dazu ein 15 Meter langer Graben gezogen, in den im Abstand von drei Metern die Metallstäbe eingelassen wurden. Sie sind mit einer oberirdischen Klemme verbunden, an die der Zaun angeschlossen wird. Rund 100.000 Euro hat der Bundesforst dafür investiert.
Schäfer sind dankbar für die besondere Unterstützung
Eine derartige Infrastruktur mit fixen Erdungspunkten gibt es in ganz Deutschland bisher nur auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Münsingen. Der Bundesforst will damit die für den Naturschutz so wichtige Arbeit der Schäfer unterstützen. Auch wenn der Wolf noch nicht sesshaft ist, wolle man möglichst gut vorbereitet sein, sagt Projektleiter Olaf Klußmann.
Schäfer wie Christian Stotz aus Münsingen wissen das zu schätzen und würden sich solche Anlagen auch außerhalb des früheren Militärgeländes wünschen. Nicht überall ist der Zaunbau so einfach umsetzbar. Oft fehlen geeignete Flächen für das Nachtlager. Insgesamt beweiden 13 Schäferbetriebe das Gelände bei Münsingen. Sie halten dort rund 20.000 Schafe.
NABU lobt Engagement für 20.000 Schafe
Der NABU lobt das Engagement der Bundesbehörde in einer Pressemitteilung. Als Landschaftspfleger seien die Schafherden für diesen Teil des Biosphärengebiets unverzichtbar. Das Projekt, das die Berusschäferinnen und -schäfer unterstütze, sei vorausschauend und vorbildlich. Für die einzelnen Schäferbetriebe sei der Bau solcher Anlagen finanziell nicht zu stemmen. Aus Sicht des NABU ist das Projekt eine wesentliche Grundlage für die Koexistenz von Schafen und Wölfen.
Wolf im Juli 2024 auf der Schwäbischen Alb gesichtet
In der Vergangenheit wurden auf der Schwäbischen Alb immer wieder einzelne Wölfe auf Wanderschaft gesichtet - zuletzt am 14. Juli 2024. Damals ist ein Tier in der Nähe des Truppenübungsplatzes bei Römerstein-Zainingen in die Fotofalle eines Jägers getappt.
Michael Herdtfelder von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt geht davon aus, dass es ein junger einjähriger Wolf war. Er war womöglich auf der Suche nach einem neuen Revier und ist über die Schwäbische Alb gezogen. Risse oder Kotspuren von dem Tier wurden laut Herdtfelder bislang nicht gefunden.
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