Im Kampf gegen Lieferengpässe von wichtigen Medikamenten fordern vier Länder, darunter BW, weitere Maßnahmen. In einer Erklärung listen sie fünf zentrale Problemfelder auf.
Seit Monaten sind Engpässe von Arzneimitteln an deutschen Apotheken keine Seltenheit mehr. Die vier süddeutschen Bundesländer - neben Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auch Bayern und Hessen - fordern nun vom Bund, entschlossener dagegen vorzugehen. Dazu haben die Gesundheits- und Wirtschaftsminister der vier Bundesländer am Montag zwei gemeinsame Erklärungen verabschiedet, teilte das bayerische Gesundheitsministerium in München mit.
Darin heißt es: "Es ist absehbar, dass sich die Versorgungssituation ohne zusätzliche Maßnahmen weiter verschlechtern wird". Erste Schritte seien zwar gemacht worden. "Es sind jedoch weitere Maßnahmen erforderlich, um die Versorgung mit Arzneimitteln langfristig sicherzustellen", heißt es in der Erklärung.
Was die Bundesländer fordern
Die vier beteiligten Bundesländer setzen sich deshalb dafür ein, die Abhängigkeit von Drittstaaten in der Arzneimittelherstellung zu verringern und die inländische pharmazeutische Produktion zu fördern, auch durch wirtschaftliche Maßnahmen.
Gleichzeitig liegt ihr Fokus darauf, den Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland zu stärken und die Bedingungen für klinische Forschung zu verbessern. In diesem Zusammenhang schlagen sie konkret vor, dass die Länder in Zeiten von Versorgungsengpässen stärker eingreifen können, zum Beispiel indem sie staatliche Aufträge an Lohnhersteller vergeben, also an Firmen, die im Auftrag für andere Firmen Arzneimittel produzieren.
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) erklärte: "Es gilt, Forschung und Entwicklung zu erleichtern, Innovationen und neue Technologien in der Arzneimittelproduktion zu fördern, Rabattverträge für Arzneimittel einzudämmen, auf Bundesebene den Dialog mit der Pharmabranche wieder aufzunehmen und Anreize für die Entwicklung und Zertifizierung von Medizinprodukten zu schaffen."
Engpässe bei Erkältungsmedikamenten nach Infektionswelle
Hessens Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) erläuterte: "Nicht jeder Lieferengpass führt zwangsläufig zu einem Versorgungsengpass, denn häufig sind alternative und gleichwertige Medikamente verfügbar." Offensichtlich sei aber, dass die bisher von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichten.
Im vergangenen Herbst war es nach einer Infektionswelle zu erheblichen Engpässen bei Kindermedikamenten wie Fieber- und Hustensäften gekommen. Auch bei Krebsmitteln und Antibiotika traten Probleme auf. Als Reaktion darauf hat die Bundesregierung neue Vorschriften eingeführt. Das im Juli verabschiedete Gesetz schreibt unter anderem vor, dass Vorräte von mehreren Monatsmengen für häufig verwendete Arzneimittel bereitgehalten werden müssen.
Knapp 45 Prozent der Wertschöpfung in der Gesundheits- und Pflegewirtschaft entfällt laut der Erklärung auf die vier Bundesländer. Das entspricht rund 183 Milliarden Euro (Stand 2021). Außerdem liegen rund 42 Prozent aller Arbeitsplätze in der Branche in Süddeutschland - rund 3,3 Millionen.
Aiwanger-Affäre sorgt für Wirbel vor "Südschienenkonferenz"
Im Zusammenhang mit der "Südschienenkonferenz" hatte es Wirbel um den rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) gegeben. Hoch hatte vergangene Woche wegen der Affäre um Hubert Aiwanger (Freie Wähler) abgesagt. Bayerns Vizeregierungschef und Wirtschaftsminister hatte an der Konferenz teilgenommen. Zuvor war er wegen Vorwürfen um ein antisemitisches Flugblatt aus den 1980er Jahren in die Kritik geraten. Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) hatte die Absage von Hoch als überzogen kritisiert.