Vier Tage arbeiten, drei Tage frei und das bei vollem Lohn: Nicht nur in Baden-Württemberg testen Firmen die verkürzte Arbeitswoche, auch in der Schweiz wird das Modell ausprobiert.
Weniger arbeiten, mehr Freizeit? Viele Betriebe testen die Vier-Tage-Woche. So wollen sie ihre Beschäftigten halten und langfristig an das Unternehmen binden. Was in Deutschland auf dem Vormarsch ist, wird auch in der Schweiz immer beliebter. Vor allem kleinere Firmen testen das neue Arbeitszeitmodell.
Vier-Tage-Woche kommt bei Beschäftigten gut an
Baustellenalltag in einem Elektro-Fachbetrieb in der Nähe von Zürich: Seit Kurzem besteht die Arbeitswoche der Angestellten aus vier statt wie bisher aus fünf Arbeitstagen - ohne Lohnabzüge. Die Mitarbeiter sind begeistert. "Ich habe jetzt Zeit für ein neues Hobby, ich gehe montags immer zum Klettern", erzählt der Elektroinstallateur Marcel Egli. Sein Kollege, Lehrling Jeremy Amsler, ergänzt: "Ich habe den freien Tag zum Lernen, ich kann zu Hause meine Aufgaben machen und auf Tests lernen."
Spontan für verkürzte Arbeitswoche entschieden
Die Entscheidung für die Vier-Tage-Woche kam dem Chef des Unternehmens, René Schmid, spontan. Er hatte das Modell in einem anderen Betrieb entdeckt und sich einfach direkt vor Ort bei seinem Kollegen informiert. "Ich bin mit dem Chef dort zum Mittagsessen gegangen und danach habe ich gewusst: Das will ich auch. Ab jetzt machen wir Vier-Tage-Woche", sagt Schmid. Die Erfahrungen mit dem Modell sind in dem Elektrofachbetrieb bislang nur positiv.
Längere Arbeitszeiten, dafür einen freien Tag
Um wirtschaftlich den freien Tag auszugleichen, arbeiten die Elektriker bei Zürich jeden Tag eine Stunde länger. Das sei sowieso praktisch, da sie ja schon auf der Baustelle seien. Am freien Tag spart man sich dann das Ein- und Auspacken, das An- und Abfahren. Und alle kommen zum nächsten Arbeitstag motiviert und ausgeruht zur Arbeit.
Weniger Stress, gleiche Produktivität? Experten uneins
Stärkt das neue Arbeitszeitmodell also die Unternehmen oder schwächt es die Wirtschaft? Schweizer Wirtschaftsexperten bleiben skeptisch, wenn es um die Vier-Tage-Woche geht. "Es wäre einfach gefährlich, von einem Einzelfall auf alle Betriebe zu schließen", meint Rudolf Minsch. Er ist Chefökonom bei Economiesuisse, einem Dachverband der Schweizer Wirtschaft. "Wenn man zum Beispiel an Friseure oder Busfahrer denkt, bei denen ist es schwierig, die Produktivität in einer kürzeren Arbeitszeit zu steigern", so Minsch weiter.
Andere Wissenschaftler sehen dagegen vor allem positive Auswirkungen der Vier-Tage-Woche. "Man sieht, dass weniger mit dem Auto gependelt wird und dass sich die Menschen mit ökologisch sinnvollen Tätigkeiten beschäftigen, wie selber kochen, reparieren, Dinge teilen", erklärt Christoph Bader vom Zentrum für nachhaltige Entwicklung der Universität Bern.