Neonatologie am St. Josefskrankenhaus in Freiburg geschlossen

Säuglings-Intensivstation macht früher dicht als geplant: Junge Mütter verzweifelt

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Autor/in
Paula Zeiler
Frau mit Brille und mittellangen Haaren trägt eine Bluse.

Die Neonatologie am St. Josefskrankenhaus ist seit fast vier Wochen geschlossen. Seitdem mussten mehrere Säuglinge in andere Krankenhäuser verlegt werden – eines sogar nach Offenburg. Zwei Mütter erzählen ihre Geschichte.

Früher als geplant musste die Säuglings-Intensivstation am St. Josefskrankenhaus in Freiburg Mitte August schließen. Sie wurde in Kooperation mit der Uniklinik Freiburg betrieben. Diese Kooperation wurde einseitig von der Uniklinik wegen des Baus der neuen Kinderklinik aufgekündigt - was für scharfe Kritik in der Branche sorgte. Denn damit werde die Geburtshilfe im Raum Freiburg geschwächt, so der Vorwurf.

Frauen mit einer Risikoschwangerschaft können jetzt ausschließlich an der Uniklinik Freiburg gebären. Und wenn Säuglinge nach der Geburt eine Intensivstation benötigen, müssen sie in ein anderes Krankenhaus - eine starke Belastung für das Neugeborene und die Eltern, betont Bärbel Basters-Hoffmann, die die Geburtshilfe am St. Josefskrankenhaus leitet.

Jetzt müssten sie jede Woche Kinder verlegen. Säuglinge, die sie vor Wochen noch im Haus problemlos hätten versorgen können, so Basters-Hoffmann. Kinder, die nicht schwer krank seien, aber Überwachung und Unterstützung bräuchten. Allein am ersten Septemberwochenende seien drei Kinder verlegt worden.

Wir können nicht mehr überwachen oder therapieren. Und nicht mehr jede Mutter, die es wünscht, kann zu uns.

Uniklinik Freiburg will Neonatologie am Josefskrankenhaus schließen.
Uniklinik Freiburg hat die Neonatologie, also die Intensivstation für Säuglinge, am St. Josefskrankenhaus geschlossen.

Neugeborenes muss nach Offenburg - Mutter berichtet: "Das war ein Schlag ins Gesicht"

Das Neugeborene einer Mutter aus Freiburg, die namentlich nicht genannt werden möchte, wurde Anfang des Monats nach Offenburg verlegt: "Klar erschreckt man sich, wenn mit dem eigenen Kind etwas ist. Aber wenn man dann hört, dass man mit einem nur drei Tage alten Kind nach Offenburg muss: Das war ein Schlag ins Gesicht". Zwischen Offenburg und Freiburg liegen über 60 Kilometer Fahrtstrecke.

Ihr Neugeborenes musste drei Tage in Offenburg behandelt werden, weil die Uniklinik Freiburg keinen Platz hatte und die Intensivstation des St. Josefskrankenhauses bereits geschlossen war.

Meine Hebamme konnte nicht von Freiburg nach Offenburg kommen.

Das Bild vom Krankentransport, wo ihr Neugeborenes in einem Glaskasten mit Zugängen am Kopf schläft, lasse die Mutter immer noch nicht los. "Es ging mir gar nicht gut, ich war kaputt und weit weg von zu Hause", so die Frau, die sich auch eine Versorgung durch eine Hebamme gewünscht hätte. Hinzu kam, dass Mutter und Kind zwei Tage nach der Entlassung noch einmal stationär ins Krankenhaus mussten. Diesmal konnten Mutter und Kind in die Uniklinik Freiburg - ähnlich wie in Offenburg - nicht auf eine Intensivstation für Säuglinge.

"Ich hätte nie gedacht, dass man ein Krankenhaus - das St. Josefs - so vermissen kann, wenn man in einer Woche hin- und herwechseln muss", sagt die Mutter. Auch wenn sie und ihr Neugeborenes inzwischen wieder zu Hause sind, sei sie immer noch erschöpft. Die Verlegung nach Offenburg sei die erste dieser Art seit drei Jahren gewesen, so die Uniklinik Freiburg.

Mutter konnte drei Nächte nicht bei ihrem Neugeborenen sein

Auch eine andere Mutter aus Freiburg hat sich ihr Wochenbett anders vorgestellt. "Unsere Kleine wurde direkt nach der Geburt in die Uniklinik verlegt", sagt die Mutter, die ebenfalls nicht namentlich genannt werden möchte. Dort gab es für sie aber kein freies Bett: "Ein Albtraum für jede Mutter, wenn man gerade eine Geburt hinter sich hat und dann nicht bei seinem Kind sein kann." Um trotzdem bei ihrer Tochter sein zu können, entließ sich die Freiburgerin selbst - noch am Morgen nach der Geburt. So lange wie möglich saß sie neben ihrer Tochter im Zimmer. "Man war einfach auf Autopilot", berichtet die junge Mutter. Glücklicherweise sei ihr Mann häufig dabei gewesen, habe sie mit Essen versorgt. Auch sei der Anfahrtsweg nicht so weit gewesen und sie körperlich fit genug. "Man schläft nicht gut, wenn man weiß, das Kind ist woanders."

Deshalb sei es eine riesige Erleichterung gewesen, als am vierten Tag ein Bett für sie frei geworden sei. Es habe wahnsinnig geholfen, eine Nacht gemeinsam zu verbringen. Bei all dem Hin und Her gehe es ihr und ihrer Tochter aber gut, auch weil das Team "wahnsinnig nett" gewesen sei.

Beide Mütter hatten sich für eine Geburt im St. Josefskrankenhaus entschieden, als dieses noch eine Neonatalgoie hatte. Sie sei aus allen Wolken gefallen, als sie erfuhr, dass die Intensivstation geschlossen sei, sagt eine der Mütter. Die andere sagt, dass sie unbedingt im St. Josefskrankenkhaus habe entbinden wollen, weil sie dort auch einen sogenannten Vorkontrolltermin gehabt habe. Beide seien davon ausgegangen, dass die Intensivstation bis Ende September geöffnet sein werde. Aber so kurz vor der Entbindung hätten beide nicht daran gedacht, das Krankenhaus zu wechseln.

Bärbel Basters-Hoffmann ist Chefärztin der Geburtsstation am St. Josefskrankenhaus und kämpft für den Erhalt der Neonatologie in ihrem Haus.
Bärbel Basters-Hoffmann ist seit Ende 2019 Chefärztin am St. Josefskrankenhaus in Freiburg und kämpft für den Erhalt der Neonatologie in ihrem Haus.

Neonatologie am St. Josefskrankenhaus geschlossen: Die Hintergründe

Seit Mai war unklar, wie es mit der Neonatologie am St. Josefskrankenhaus weitergehen wird. Denn die Intensivstation am Josefskrankenhaus kann nur in Kooperation mit der Uniklinik Freiburg betrieben werden. Die Uniklinik Freiburg will nach eigenen Angaben aber in der neu gebauten Kinderklinik, die Ende September fertig sein soll, alle Kompetenzen bündeln. "Die Zusammenführung der Neonatologie in der neuen Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums Freiburg an einem Ort stärkt die medizinische Versorgung in der Region", sagte Uniklinik-Sprecher Benjamin Waschow dem SWR im Mai.

Dem widerspricht Bärbel Basters-Hoffmann deutlich. Denn es werde völlig außer Acht gelassen, was die Schließung der Neonatologie für die Frauen bedeute. Sie sieht die Geburtshilfe in der Region durch die Schließung klar geschwächt. So auch Mother Hood e.V., ein Verein mit dem Ziel, die Versorgungsstruktur der Geburtshilfe in Deutschland zu verbessern. Eine Petition gegen die Schließung war erfolglos geblieben.

Das Brisante: Eigentlich haben beide Krankenhäuser 2015 einen Vertrag unterzeichnet. Dieser sichert dem St. Josefskrankenhaus zu, auch nach der Eröffnung der Kinderklinik weiterhin zehn Intensiv-Neugeborenenbetten weiterbetreiben zu können. Der Vertrag liegt dem SWR vor. Doch den Vertrag kündigte die Uniklinik einseitig auf.

Unsichere Situation für Pflegekräfte

Weil es an Pflegekräften fehlte, musste das St. Josefskrankenhaus seine Säuglings-Intensivstation bereits Mitte August schließen. "Die Pflegekräfte haben sich aufgrund der unsicheren Situation anders orientiert und Stellen in anderen Häusern angetreten", sagt Miriam Beck. Sie ist Leitende Oberärztin der Geburtshilfe im St. Josefskrankenhaus. Es sei genauso gekommen, wie sie im Mai vermutet haben, so die beiden Ärztinnen Beck und Basters-Hoffmann. Wäre es nicht zu der frühzeitigen Schließung gekommen, dann hätte die Uniklinik Freiburg die Neonatologie am St. Josefskrankenhaus von ärztlicher Seite her bis zum Bezug der neuen Kinder- und Jugendklinik weiter betrieben, so die Uniklinik Freiburg auf Nachfrage am Montag.

Die neue Kinderklinik wird Ende September öffnen. "Die Versorgungssituation wird sich durch die neue Kinderklinik definitiv verbessern", schrieb die Uniklinik. Dort werde es 20 neonatologische Betten plus zehn Betten zur Reserve in der Frauenklinik geben. Aktuell gebe es 18 Betten für Neugeborene, die überwacht werden müssten, plus Betten in der Kinderklinik, heißt es von der Uniklinik. Doch die Erlebnisse der Mütter zeigen, dass diese offenbar nicht ausreichen.

Wie kann es weitergehen?

Das Ziel sei eine gute Lösung für die Versorgung von Mutter und Kind, sagt Bärbel Basters-Hoffmann vom St. Josefskrankenhaus. Eine Möglichkeit wäre, dass das St. Josefskrankenhaus eine Säuglings-Intensivstation unabhängig von der Uniklinik betreibt. Einen entsprechenden Antrag hat das St. Josefskrankenhaus vor ein paar Monaten beim baden-württembergischen Sozialministerium und beim Regierungspräsidium Freiburg eingereicht. Die "Wiederaufnahme in den Krankenhausplan für Kinder- und Jugendmedizin" würde für das St. Josefskrankenhaus bedeuten, dass sie eine vollwertige Geburtenstation mit einer Intensivstation für Säuglinge betreiben dürften, so Bärbel Basters-Hoffmann.

Über die Pläne für den Versorgungsauftrag ist das St. Josefskrankenhaus schon im Kontakt mit dem Sozialministerium. Für Bärbel Basters-Hoffmann sei das erste Gespräch wie ein "Hoffnungsschimmer am Horizont" gewesen. Das Sozialministerium bestätigte dem SWR, dass es mit dem St. Josefskrankenhaus und auch der Uniklinik Freiburg Gespräche führe. Näher wollte sich das Ministerium aber nicht zur Versorgungssituation äußern.

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