Vor gut einem Monat wurde in einer Offenburger Schule ein 15-Jähriger durch Schüsse getötet. Täter war wohl ein Mitschüler. Überwältigt wurde er von Sabah Ayoub, einem Vater.
Die Tat hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt: In den Mittagsstunden des 9. November wird einem 15-Jährigen während des Unterrichts im Zimmer seiner neunten Klasse der Offenburger Waldbachschule von hinten zweimal in den Kopf geschossen. Das Opfer stirbt noch am selben Tag im Krankenhaus. Täter ist vermutlich ein ebenfalls 15-jähriger Mitschüler.
Eingreifen eines Vaters verhinderte möglicherweise Schlimmeres
Rund um die sonderpädagogische Schule kommt es an diesem Nachmittag zu einem Großeinsatz der Polizei. Der mutmaßliche Täter kann ziemlich schnell festgenommen werden.
Noch bevor die Polizei vor Ort ist, wird der Jugendliche im Schulgebäude entwaffnet und überwältigt. Und zwar von Sabah Ayoub. Der 47-Jährige war für ein Elterngespräch in die Schule gekommen - alle seine drei Kinder gehen auf die Schule - und stand dem 15-Jährigen plötzlich gegenüber. Seinem geistesgegenwärtigen Eingreifen ist es womöglich zu verdanken, dass es keine weiteren Opfer gab.
Im Gespräch mit dem SWR schildert Sabah Ayoub, wie er den 15-Jährigen zunächst aufforderte, die Waffe abzulegen, und ihn dann überwältigte. "Ich muss den Jungen aufhalten, egal wie", habe er gedacht, so Ayoub im Interview. Zuerst habe er dessen Arm umgedreht, ihn dann zu Boden geworfen und mit dem Knie auf den Rücken gedrückt. Angst habe er nicht gehabt.
Es sei ihm darum gegangen, die vielen unschuldigen Schülerinnen und Schüler, die sich noch im Gebäude befanden, zu schützen. Auch seine drei Kinder waren zu diesem Zeitpunkt in der Schule. Der 15-Jährige habe wohl gedacht, er sei von der Polizei. "Ich habe gemerkt, dass er sehr nervös ist", erzählt Sabah Ayoub, der Taekwondo beherrscht. Als die Polizei später kam, hätten sich die Beamten bei ihm bedankt.
Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln auch gegen die Eltern
Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft laufen derzeit noch. Um den minderjährigen mutmaßlichen Täter zu schützen, gelangen viele Dinge aber nicht an die Öffentlichkeit. Der 15-Jährige sitzt seit dem 9. November wegen des Verdachts des Totschlags in Untersuchungshaft.
Zur Tat hat er sich laut Staatsanwaltschaft Offenburg bisher nicht geäußert. Es werde derzeit geprüft, ob er strafrechtlich verantwortlich sein kann. Ein jugendpsychiatrischer Sachverständiger habe mit ihm gesprochen. Gegen die Eltern des Verdächtigen werde ebenfalls weiter ermittelt. Und zwar wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und eines Verstoßes gegen das Waffenrecht.
Große Betroffenheit bei allen an der Waldbachschule
Die Schulleiterin der Offenburger Waldbachschule will sich in der Öffentlichkeit derzeit nicht äußern. In den ersten Tagen nach der Tat wurde der Unterricht in der sonderpädagogischen Schule intensiv von Schulpsychologinnen und -psychologen begleitet.
Die sind auch einen Monat nach der Tat noch vor Ort. Der normale Schulalltag kehrt aber langsam wieder zurück. Das bestätigt auch Werner Nagel vom Regierungspräsidium Freiburg. Die Betroffenheit bei Schülerinnen und Schülern, bei den Lehrerinnen und Lehrern und auch bei den Eltern sei aber weiterhin groß.
Sabah Ayoub macht sich keine Sorgen, wenn seine Kinder nun jeden Tag wieder in die Schule gehen. Auf der Weihnachtsfeier seines Arbeitgebers wird der 47-Jährige für seine Zivilcourage geehrt. Auch die Offenburger Polizei sowie der Oberbürgermeister der Stadt haben ihm gedankt. Dennoch sprach die Polizei eine Warnung aus, in einer entsprechenden Situation zu handeln wie Ayoub, sei lebensgefährlich.
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