Die Zeit des Nationalsozialismus ist wohl das unrühmlichste Kapitel des deutschen Fußballs. Der SC Freiburg will dieses nun aufarbeiten lassen.
Mit der Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus hat sich der deutsche Fußball lange schwer getan. Das Thema wurde lange totgeschwiegen oder einfach ignoriert. Erst nach der Jahrtausendwende ist Bewegung in die Sache gekommen. Inzwischen beschäftigen sich immer mehr Bundesligavereine mit dieser unrühmlichen Zeit. Auch der SC Freiburg. Er hat jetzt eine Studie in Auftrag gegeben, die Licht in das wohl dunkelste Kapitel der Vereinsgeschichte bringen soll.
SC Freiburg hat Hitlerdeutschland gefeiert
Viel ist nicht mehr übrig von den SC-Unterlagen zwischen 1933 und 1945. Ein halbes Jahr vor Kriegsende wurde das Vereinsheim bombardiert, die Mitgliederlisten und sonstige Unterlagen verbrannten. Lediglich ein paar alte Vereinszeitschriften sind bis heute erhalten. Darin steht, dass der SC Freiburg - wie allgemein der deutsche Fußball - ab 1933 von den Nationalsozialisten vereinnahmt wurde.
Belegt ist, dass der Sport-Club Hitlers Machtübernahme feierte und dass entsprechend des Zeitgeistes im Frühjahr 1933 ein neuer Vorstand gewählt wurde. Zwei strenge Nationalsozialisten standen dem Verein nun vor, so der Freiburger Historiker und Nationalsozialismusexperte Robert Neisen, der im Auftrag des SC die Fakten recherchiert. Demnach wurden fortan dIe ideologischen Ziele der Nazis propagiert - inklusive Geländesport und Wehrertüchtigung.
Jüdische Vereinsmitglieder aus Sport-Club ausgeschlossen
Neisen geht davon aus, dass es damals viele jüdische Vereinsmitglieder gegeben hat. Mit der Gleichschaltung wurden sie ab 1933 aus dem Verein ausgeschlossen und diffamiert. Der Historiker verweist exemplarisch auf einen Hetzartikel gegen den ehemaligen SC-Jugendtrainer Hans Strauß, veröffentlicht in der badischen Propagandazeitung "Der Alemanne".
Ein tragisches Schicksal musste der jüdische Kaufmann Sigmund Günzburger, nach dem 1. Weltkrieg Vizepräsident des SC, erleiden. Die Nazis verschleppten ihn zusammen mit anderen südbadischen Juden, zuerst nach Gurs und dann nach Auschwitz, wo er 1942 in den Gaskammern ums Leben kam.
Profiteure und Widerständler
Neisen zufolge ist auch bekannt, dass sich ein Vorstand des SC Freiburg persönlich an der Vertreibung der Juden bereichert hat. Umgekehrt gab es aber auch einen kommunistischen Spieler, der einer halbjüdischen Familie zur Flucht nach Südafrika verhelfen konnte. Doch wie war das Verhalten der vielen anderen SC-Mitglieder und Vorstände damals? Wie haben sie sich vom Nazi-Regime vereinnahmen lassen und es unterstützt? Oder vielleicht sogar Widerstand geleistet? Hinweise dazu erhofft sich der Historiker nun durch Recherchen unter anderem in Entschädigungs- und Wiedergutmachungsakten.
Geschichtsaufarbeitung gehört zur Glaubwürdigkeit des SC
Der SC Freiburg versteht sich als Verein, der für Vielfalt und gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung steht. Um diese Werte glaubhaft vertreten zu können, müsse man sich mit der eigenen Vergangenheit auseinandersetzen, so Marketingleiter Hanno Franke, der für das NS-Projekt verantwortlich ist. Es gehe um Glaubwürdigkeit und auch um Erinnerungskultur.
Die Aufarbeitung der SC-Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus wird ein Puzzlespiel. Doch trotz der schwierigen Quellenlage ist die Zuversicht groß, am Ende ein umfassendes Bild über den Sport-Club aus jener Zeit zu erhalten. Ende 2024 soll die Studie vorliegen.
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