Im Kreis Lörrach schalten immer mehr Gemeinden nachts die Straßenlaternen ab, um Energie zu sparen. Für Zeitungszustellerinnen und -zusteller etwa wird das zum Problem.
Energiesparen ist diesen Winter schon fast ein Motto - auch im Kreis Lörrach. Dort sparen immer mehr Gemeinden Energie, indem sie nachts die Straßenlaternen ausschalten. Was auf der einen Seite positiv klingt, schafft auf der anderen Seite Probleme: bei Menschen, die nachts arbeiten müssen. Zum Beispiel für Zeitungszustellerinnen und -zusteller - bei ihnen häufen sich derzeit die Unfälle.
Straßenlaternen in Rümmingen bis zum Morgen aus
Diana Bürgin ist als Zeitungszustellerin für das Verlagshaus Jaumann unterwegs. Mit einer Taschenlampe bewaffnet leuchtet sie bei völliger Finsternis die Hauseingänge in Rümmingen (Kreis Lörrach) ab. Sie schaut nach den Namen an den Briefkästen, dann sortiert sie auf dem Gehweg die Zeitungen und steckt sie ein. Es ist 1:30 Uhr nachts. Seit ein paar Wochen sind die Straßenlaternen von 23 bis 6 Uhr ausgeschaltet. Die Gemeinde will Energie sparen. Und lässt auch die Zeitungszustellerin Bürgin im Dunkeln.
"Man hat schon mehr Angst. Von Geräuschen, die man nicht zuordnen kann: Es raschelt im Gebüsch, man weiß nicht was dahintersteckt. Ist es nur eine Katze, ein Igel - ein Mensch, der gleich herausspringt?"
Zeitungen bei Dunkelheit austragen: Zustellerin bereits gestürzt
Mit der einen Hand hält Bürgin ihre einzige Lichtquelle und schaut immer wieder auf den Weg, im Arm hält sie die Zeitungen. Die Orientierung im Dunkeln ist schwierig. Vor allem wenn sich die Route ändert. Doch Häuser finden ist noch ihr kleinstes Problem. Für die Zustellerin ist es im Dunkeln vor allem gefährlich geworden. Bürgin ist vor ein paar Wochen auf einer Treppe gestürzt.
"Die Hände waren natürlich offen und blutig. Die Beine waren zum Teil auch auf. Ja, hatte halt Schmerzen. Ich hab' dann noch fertig gemacht. Es waren nicht mehr so viele Zeitungen - Gott sei Dank."
Schlechtere Arbeitsbedingungen durch Energiesparen: Nacht-Jobber kündigen
Obwohl sie ihre Arbeit mag, hat Bürgin wegen der inzwischen schlechten Bedingungen zum Jahresende gekündigt. Und nicht nur sie - drei weitere Kolleginnen und Kollegen wollen deshalb nicht mehr austragen. Holger Schwickert ist Personaldisponent im Verlagshaus Jaumann und kann das verstehen, die Situation sei schwierig, sagt er.
"Da werden Zahlen gesehen und Geld gespart. Ist ja auch vernünftig, dass Energie gespart wird. Aber es darf nicht zu Lasten der Sicherheit gehen, von Leuten, die ihre Arbeit machen. Das finden wir natürlich nicht gut."
Bürgermeisterin bedauert Folgen der notwendigen Energiesparmaßnahmen
Ein Drittel Strom will die Gemeinde Rümmingen sparen, durch Maßnahmen wie die nächtliche Verdunkelung. Leicht sei die Entscheidung nicht gefallen, so Bürgermeisterin Daniela Meier (Freie Wähler): "Ich gebe zu, die Situation ist nicht einfach. Das tut mir persönlich auch leid, und Sie dürfen mir glauben, ich hätte ganz sicher auch gerne bedeutend andere Entscheidungen getroffen und der Gemeinderat auch. Aber hier ist es ein Abwägungsprozess und die Themen Sicherheit haben wir sehr sauber abgeklopft. Und das, was wir tun, ich sage ich jetzt mal so, ist zulässig."
Um 6 Uhr morgens gehen in Rümmingen die Straßenlaternen wieder an. Doch da ist Zeitungszustellerin Bürgin längst zu Hause. Lange wird sie den Job im Dunkeln ja nicht mehr machen. Aber bis zum Jahresende muss sie noch durchhalten.
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