Straßenmusik mit Protest? Das geht - wie ein Dutzend Kinder am Wochenende in der Freiburger Innenstadt gezeigt haben. Ihr Ziel: Endlich ein eigenes Haus für ihre Musikschule.
Auf eine ganz andere Art und Weise haben am Wochenende ein Dutzend Schülerinnen und Schüler der Freiburger Musikschule in der Innenstadt klangvoll demonstriert - mit ihren Instrumenten und Musiklehrern. Sie fordern ein eigenes Haus und verlässliche Unterrichtsräume für ihre Musikschule.
Der klangvolle Protest hat einen ernsten Hintergrund. Erst im Dezember hatte die Musikschule rund ein Dutzend Proberäume verloren, als die marode Stadthalle geräumt werden musste. Auch wenn inzwischen Ersatzräume gefunden wurden, bleibt die Unzufriedenheit. Lena Kühnbach, Mutter und Initiatorin der Protestaktion kritisiert die Tatenlosigkeit der Stadt: "Wir haben nicht das Vertrauen das von alleine was passiert. Es ist so, dass die Musikschule in dieser Situation schon seit Jahren ist."
Musikschule Freiburg hat rund 3.000 Schülerinnen und Schüler
So unterstützt Kühnbach die Online-Petition mit dem Titel "70 Jahre Warten sind genug." Mit dieser wollen sie die Stadt überzeugen. Derzeit ist die Musikschule über die ganze Stadt verteilt. Es gibt kein zentrales Verwaltungsgebäude und keinen eigenen Konzertsaal oder gar Raum. Und das, obwohl die Musikschule Freiburg rund 3.000 Schülerinnen und Schülern hat und Angebote für aller Altersklassen anbietet.
Lernen im Keller, in Privatwohnungen und Schulen
Trotz der Raumnot mussten bisher keine Proben der Musikschule ausfallen. Das liegt aber auch am Einsatz der Lehrerinnen und Lehrer, findet Kühnbach: "Das ganze wäre schon zusammengebrochen, wenn die Lehrer nicht immer neue Räume gefunden hätten. Zum Teil unterrichten sie in ihren eigenen Wohnungen. Das kann’s nicht sein."
Wegen fehlender Räume bleibt die Warteliste für neue Kinder lang. Derzeit sind es rund 400 Kinder. Ideal wären fest zugesagte Räume in den Schulen, besonders für die Kleinsten, damit diese nach dem Unterricht direkt zum Musikunterricht können, unabhängig von ihren Eltern. Dieses Konzept gibt es bereits und es funktioniert, meint Sonja Hölger. Sie ist Musikschullehrerin für Geige und Bratsche. Sie findet, dass die Situation momentan schwierig ist: "Die Schulen können uns Räume nicht verlässlich garantieren, die haben selbst Raumnot."
Wunsch: Zentrales Gebäude für Musikschule Freiburg
Hölger wünscht sich für ihre Musikschule: "Einen zentralen Ort der gut erreichbar ist und wo Musikschule in der Stadt sichtbar wird. Mich fragen Leute, wo ist denn die Musikschule, weil wir in Herdern im Keller oder im Rieselfeld im 4. Stock unterrichten." Für Hölger und die anwesenden Kinder ist zudem klar, dass erneuter Online-Unterricht nicht in Frage kommt.
Die Stadträtin Irene Vogel sitzt für ihre Fraktion "Eine Stadt für Alle" im Vorstand der Musikschule und verfolgt die Bestrebungen der Stadt seit Jahren: "Sie versucht natürlich schon was, aber es sind halt immer nur Übergangslösungen, und damit lebt die Musikschule schon seit vielen vielen Jahren, und die Übergangslösungen fallen für die Musikschule dann immer wieder weg." Als Beispiele nennt Vogel die Räume in der Stadthalle und das ehemalige Verkehrsamt am Rotteckring. Dort konnte die Musikschule ein Jahr lang unterrichten. Nun wird dort aber bald das NS-Dokumentationszentrum einziehen.
Gemeinderat Freiburg setzt sich für neue Mieträume ein
So ist dem Gemeinderat das Problem bekannt. Erst kürzlich haben "Eine Stadt für alle", die CDU, Grünen und SPD/Kulturliste neue Gelder für die Musikschule beantragt. Sie wollen, dass die Musikschule in Zukunft Räume anmieten darf und die Verwaltung so einen festen Ort bekommt. Die Entscheidung wird Ende März im Haupt- und Finanzausschuss fallen. Die Stadträtin Vogel sieht aber auch, dass es derzeit wenig Mietobjekte gibt.
Bis dato kann die Musikschule nur öffentliche oder kostenlose Räume nutzen. Insgesamt erhält sie jährlich rund 1,5 Millionen Euro Unterstützung von der Stadt Freiburg. Damit wird beispielsweise das Kollegium finanziert.
Online-Petition mit fast 6.000 Unterschriften
Am Samstagnachmittag steht fest: Die Protestgruppe hat fast 400 Unterschriften gesammelt. Das ergibt zusammen mit der Online-Petition über 6.000 Befürworterinnen und Befürworter. Abgesehen davon, war die Aktion für die Kinder auch musikalisch ein voller Erfolg. Das fand zumindestens die elfjährige Greta: "Mal so auf der Straße zu spielen und vor Leuten, die man nicht kennt, finde ich cool."