Vier Frauen sind 2023 in Südbaden schon von Männern getötet worden. Eine erschreckende Zahl. Dennoch werden Femizide immer noch verharmlost, auch in der Justiz. Paula Zeiler kommentiert.
Sie sind immer seltener geworden, Schlagzeilen wie "Frau offenbar Opfer von Beziehungstat" oder "Familiendrama im Schwarzwald". Nicht weil die Fälle weniger sind, Fälle bei denen Männer ihre Ex-Partnerin stalken und ermorden, Fälle bei denen Partner versuchen, die Mutter ihrer Kinder zu töten. Nein, vielmehr scheinen die meisten Journalistinnen und Journalisten langsam zu merken, dass Mord eben kein Familiendrama ist. Für mich ist eine Seifenoper ein Drama.
Femizid: Wenn ein Mann eine Frau umbringt
Wenn sich aber ein Mann auf seine Frau setzt, mit Fäusten auf sie einschlägt und versucht sie zu ersticken: Ja, so etwas ist ein Mordversuch. Und wenn sie dabei stirbt, ist es ein Femizid. Der Begriff bezeichnet die Gewalt als das, was sie ist: die Tötung einer Frau oder eines Mädchens durch einen Mann – ja und das ist eben häufig auch ihr Ex-Partner oder aktueller Lebensgefährte.
Vier Femizide in Freiburg und Region
Femizide sind ein strukturelles Problem in Deutschland. Fast jeden dritten Tag versucht hier ein Mann eine Frau aus seinem näheren Umfeld zu töten – meistens seine Partnerin oder Ex-Partnerin. Auch bei uns in der Region. Allein dieses Jahr wurden in Südbaden schon vier Frauen umgebracht.
Femizid kein Straftatbestand in Deutschland
Über einen Femizid und einen versuchten Femizid wird gerade vor einem Gericht in Freiburg verhandelt. Ein Mann attackiert mitten auf der Straße seine Ex-Freundin, ihre Mutter stellt sich schützend vor sie. Die Mutter stirbt, die Tochter überlebt. Und so etwas passiert, obwohl gegen den mutmaßlichen Täter ein gerichtliches Annäherungsverbot verhängt worden war. Noch gibt es kein Urteil. Wegen eines Femizides wird der Mann aber sicherlich nicht verurteilt, denn "Femizid" ist kein eigener Straftatbestand. Und so bekommen Täter in Deutschland oftmals kein Lebenslänglich. Müssen keine 25 Jahre in Haft. Sondern werden "nur“ wegen Totschlags verurteilt.
Eifersucht als Tötungsgrund
In Hamburg bekam diese Woche ein Mann, der seine Ex-Partnerin mit einem Messer getötet hat, 12 Jahre Gefängnis. Sie hatte zu dem Zeitpunkt wieder einen neuen Freund. Er habe aber nicht aus niedrigen Beweggründen gehandelt, sondern er sei eifersüchtig und verzweifelt gewesen - so die Begründung der Richterin.
Belgien, Spanien und Frankreich: Vorbilder im Kampf gegen Femizide
Verzweifeln lässt mich auch die Gesamtsituation - Präventionsprogramme fehlen, in der Justiz sind Weiterbildungen für Richter zu geschlechtsspezifischer Gewalt keine Pflicht und von einem festen Bestandteil im Schulunterricht kann man nur träumen. Anders ist das in Spanien. Und in Belgien wurde erst vor kurzem ein Gesetz gegen Femizide beschlossen. Bei unseren französischen Nachbarn sinkt die Zahl der Femizide übrigens seit drei Jahren, denn da hat die Regierung zusammen mit Frauenrechtsorganisationen Maßnahmen beschlossen.
Im Südwesten Europas tut sich etwas – tatsächlich bewegt durch den gesellschaftlichen Druck. Obwohl bei uns die Gesetze noch fehlen, einen kleinen Schritt hätten wir schon getan, wenn alle – nicht nur wir Frauen – die Gewalt als das benennen, was es ist: ein Femizid.
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