Sie hätte ihr ganzes Leben in einer Spezialklinik verbringen müssen - so schwer waren die Verletzungen der sechs Wochen alten Tochter. Das Gericht hat den Vater nun freigesprochen.
Das Landgericht Waldshut-Tiengen hat am Dienstag einen 32-jährigen Mann freigesprochen. Er stand wegen Totschlags vor Gericht. Doch das Gericht sah es nicht als erwiesen an, dass er der Täter war. Die sechs Wochen alte Tochter des Mannes war Ende Mai mit Brüchen an Halswirbelsäule, Oberarm und Schlüsselbein in ein Krankenhaus gebracht worden.
Unklar ob Vater oder Mutter gewalttätig waren
Für das Gericht steht fest, dass entweder Vater oder Mutter für die Verletzungen des Mädchens verantwortlich sind. Doch ob es der Vater war, konnte im Prozess nicht bewiesen werden. Er hat die Tat nicht gestanden. Die einzigen Zeugen sind die Eltern selbst. Weitere Erkenntnisquellen habe das Gericht nicht, so der Vorsitzende Richter.
Rund vier Wochen nachdem der Säugling in die Kinderklinik Basel eingeliefert wurde, entschied ein Gremium die lebenserhaltenden Geräte abzustellen. Denn das kleine Mädchen hätte lebenslang in einer der wenigen Spezialkliniken in Europa liegen müssen, erklärte die behandelnde Ärztin des Basler Klinikums. Maschinen hätten sie beatmen müssen, da Nervenbahnen an der Halswirbelsäule durchtrennt worden waren. Das Mädchen hätte starke Schmerzen gehabt, betont sie.
Staatsanwaltschaft und Verteidigung fordern Freispruch
Die Beweislage sei zu dünn, um den 32 Jahre alten Vater für den Tod seiner sechs Wochen alten Tochter zu verurteilen, so die Staatsanwaltschaft. Es sei nicht möglich, nachzuvollziehen, wie sich der Säugling die schweren Verletzungen Ende Mai dieses Jahres zugezogen habe. Denn laut den Experten passen die Frakturen nicht zu der Erklärung des nun Freigesprochenen.
Nur die Eltern würden wissen, was wirklich passiert ist. Doch die Frau des Angeklagten machte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Von ihr liegt keine Aussage vor. Auch die Verteidigung forderte, dass der Angeklagte freigesprochen wird. Jens Janssen, der Verteidiger des Angeklagten, geht von einem Unfall aus. Er stellte die Frage wiederholt in den Raum, ob nicht die Mutter des Babys für die Tat verantwortlich sei.
Strategie des Verteidigers baut auf Mutter als Täterin
In seinen Schlussworten stellte der Verteidiger die Frage: "Wem ist die Tat zuzuordnen?" Eine Zeugin aus dem Kinderspital Basel soll gehört haben, dass der Angeklagte die Schuld auf sich nehmen würde, sollte es zu einer Anklage kommen. Was genau an dem Nachmittag passiert sei, darüber habe es von der Mutter unterschiedliche Versionen gegeben. Er würde seine Ehefrau schützen wollen, so der Verteidiger.
Rechtsmediziner stufen Verletzungen als sehr schwer ein
Das sechs Wochen alte Mädchen musste Ende Mai dieses Jahres in einer Klinik in Rheinfelden reanimiert werden. Noch am selben Tag wurde das Baby in das Basler Kinderspital verlegt. Der Säugling hätte sich verschluckt und sei blau angelaufen, erzählten die Eltern den Ärzten. Panisch hätte der Vater das Mädchen geschüttelt.
Zwei Rechtsmediziner aus Basel und München haben die Verletzungen vor Gericht genauer erläutert. Beide waren sich einig: Die Frakturen an der Halswirbelsäule, dem Oberarm und dem Schlüsselbein passen nicht zu der Aussage des Vaters.
Kathrin Gerlach, leitende Ärztin am Institut für Rechtsmedizin der Universität Basel, hat die Behandlung des Säuglings ebenfalls begleitet. Solche Verletzungen würden sie am Kinderspital nicht beobachten. Das seien keine Verletzungen gewesen, die durch einen Unfall im Alltag entstehen würden. Damit Halswirbelknochen brechen und ins Rückenmark drücken, bräuchte es extreme Kraft, so die Ärztin.
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