Nach 12 Jahren ist Schluss: Freiburgs Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer hört Anfang April auf. Was sie prägte und wohin sie nun steuert. Ruhestand? Noch lange nicht in Sicht.
12 Jahre lang war sie das Gesicht des Regierungspräsidiums in Freiburg: Am 1. April ist Schluss. Kein Aprilscherz, sondern Realität. Bärbel Schäfer verabschiedet sich in den Ruhestand. Die 66-Jährige kehrt der Behörde mit fast 2.000 Mitarbeitenden den Rücken zu und bricht zu neuen Ufern auf. Ein Blick zurück zu ihren Herzensanliegen, wie zum Beispiel der Abschaltung des AKW Fessenheim oder dem Ausbau der Windkraft im Regierungsbezirk Freiburg und ein Blick nach vorne zu den neuen Herausforderungen, wie der Kandidatur für den Freiburger Gemeinderat.
Wie die gebürtige Schwäbin im Dreiländereck heimisch wurde
Aufgewachsen in Geislingen an der Steige (Kreis Göppingen) ist Bärbel Schäfer eigentlich eine klassische Schwäbin. Doch schon früh kam sie mit dem Alemannischen in Berührung. Ihre Großmutter, gebürtig aus dem Markgräflerland, übernahm die Erziehung und da wurde eben "Anggeschnidde" und nicht Butterbrot gesagt. Als es dann darum ging, wohin zum Studieren, berichtet Schäfer von einem Schlüsselmoment auf dem Münsterberg in Breisach (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald). "Ich habe den Blick in die Vogesen hineingehabt und ich habe auch in Freiburg selber diese Trinationalität erlebt. Für mich war ganz klar: Ja, da will ich leben, weil die Menschen einfach eine andere Denke haben", erzählt Schäfer. Es folgten ein Studium der Rechtswissenschaften an der Uni Freiburg, unter anderem ein Lehrauftrag an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl und die Leitung des Rechtsamtes in Freiburg. 2012 ging es dann in den Basler Hof - berufen von der ganz neuen grünen Landesregierung unter Führung von Winfried Kretschmann.
Welche Projekte Bärbel Schäfer besonders am Herzen lagen
Zu Beginn ihrer Amtszeit als Regierungspräsidentin gibt Schäfer zu, dass sie noch ein wenig mit den hiesigen Gepflogenheiten fremdelte. Der traditionelle Trachtenempfang, begleitet von bewaffneten Bürgermilizen, war nur ein Beispiel. Doch mit der Zeit erkannte sie das Herzblut, das die Menschen in ihre ehrenamtliche Arbeit steckten. Sie verstand, dass es darum ging, aufeinander zuzugehen und einander zu verstehen. Dies wurde zu einem zentralen Pfeiler ihrer Arbeit. Ein prägendes Ereignis war die Abschaltung des französischen Kernkraftwerks in Fessenheim im Jahr 2020. Es war das älteste und leistungsschwächste Atomkraftwerk in Frankreich. Die Stilllegung war ein Herzensprojekt für Schäfer. Sie lobte die offene Zusammenarbeit mit den französischen Kollegen. Als Beweis dafür nannte sie die Teilnahme des Regierungspräsidiums an den Sitzungen der französischen Überwachungskommission, den sogenannten CLIS-Sitzungen.
Spatenstiche, Sitzungen, Pressekonferenzen: Der Terminkalender von Bärbel Schäfer war stets voll. Hindernisse und Widerstände inklusive. Zum Beispiel beim Ausbau der Windenergie im Schwarzwald. "Es war gewöhnungsbedürftig für die Menschen. Es war die Angst da, dann kommen ja gar keine Touristen mehr. Und der Hochschwarzwald lebt ja von den Touristen", erzählt Schäfer. Mittlerweile sei viel Bewegung in dem Thema drin. "Natürlich haben wir noch nicht so viele Windräder stehen, wie wir das wollen, [...], aber wir gehen davon aus, dass wir die Windkraft-Leistung bis 2030 vervierfacht haben werden und das werden wir auch erreichen, da bin ich mir sicher", so die noch amtierende Regierungspräsidentin.
Eine weitere Baustelle ist die Wiederbelebung der Bahnlinie Freiburg-Colmar. Wer durch "Klein-Venedig" bummeln möchte, braucht rund zwei Stunden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Freiburg aus - mit ein bis zwei Umstiegen. Doch das könnte sich bald ändern. Die im Zweiten Weltkrieg Bahnlinie zwischen Freiburg und Colmar soll wieder in Betrieb genommen werden. Schäfer ist zuversichtlich: Frankreich führe derzeit eine Potentialstudie durch, um die Machbarkeit zu prüfen. In den kommenden Wochen würden Deutschland und Frankreich planen, eine Finanzierungsvereinbarung zu unterzeichnen. "Wenn da der Haken dran ist, dann ist meines Erachtens dieser Zug nicht mehr aufzuhalten", prognostiziert Schäfer.
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Warum es so wenig Frauen in Führungspositionen gibt
Bärbel Schäfer war eine Pionierin. 2012 wählte die Landesregierung sie aus - als erste Frau und erste Grüne in einer solchen Position im Land. Seitdem ist der Frauenanteil in Führungspositionen nicht wirklich in die Höhe geschnellt. Bei Bürgermeisterinnen in Baden-Württemberg liegt der Frauenanteil bei mageren acht Prozent. Warum ist das so? "Frauen brauchen Vorbilder", betont Schäfer. Frauen seien unglaublich kritisch mit sich selbst. "Bei Männern muss ich manchmal sagen: Warum sind Sie jetzt so überzeugt? Warum soll ich jetzt glauben, dass Sie diese Führungsaufgabe machen? Und bei den Frauen muss ich sagen: Trauen Sie sich doch zu, Sie schaffen das doch", erklärt die 66-Jährige.
Warum Bärbel Schäfer in den Freiburger Gemeinderat will
Der klassische Ruhestand ist nichts für Bärbel Schäfer. Sie will auf der politischen Bühne bleiben und kandidiert in Freiburg für den Gemeinderat auf der Liste der Grünen. Listenplatz 23. Die Grünen stellen derzeit 14 der 48 Gemeinderäte und Gemeinderätinnen in Freiburg. "Ich habe das nicht gesucht, sondern in meiner Position wird man gefragt: Würdest du uns nicht helfen?", erzählt Schäfer. "Nein" zu sagen, habe sie nicht übers Herz gebracht. Besonders angesichts der aktuellen gesellschaftspolitischen Lage, in der sich Deutschland befände: die zunehmende Verschiebung an die rechten Ränder, das Wanken einiger demokratischer Grundwerte. "Da habe ich das Gefühl gehabt, dass ich diese Erfahrung und das Wissen meines Alltags, der ja im Moment genau von diesen Themen geprägt ist, einbringen muss." Ihr Alltag sei geprägt von Fragen wie: Wie kann ich das Vertrauen in die Institutionen stärken? Wie kann ich den Menschen zeigen, was der Staat täglich leistet? Wie kann ich klarstellen, dass wir weit entfernt von einem Staatsversagen sind? Nach der Zeit im Regierungspräsidium möchte Schäfer ihren Beitrag im Freiburger Gemeinderat leisten. Mit dem Ziel: die Welt ein bisschen besser zu machen.
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