In einem Monat geht die südbadische Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer in den Ruhestand. Die monatelange Hängepartie um die Nachfolge hat auch machtpolitische Gründe.
Eine Behörde mit fast 2.000 Mitarbeitern sucht nach Führungspersonal: Die Nachfolge von Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer ist, kurz bevor sie in den Ruhestand geht, noch immer nicht geklärt. Die 65-Jährige hat bereits signalisiert, dass sie ihren Vertrag nicht mehr verlängern wird. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) weiß seit gut einem halben Jahr, dass er die Stelle neu besetzen muss. In Freiburg regt sich zunehmend Unmut über den Landesvater: Entscheidungsschwäche und mangelnde Wertschätzung gegenüber der Behörde werden ihm hinter den Kulissen vorgeworfen.
Grünen-Politiker in der Region scheinen ratlos
Wie weit ist die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin wirklich? Was eine gemeinsame Recherche des SWR und des Schwarzwälder Boten bisher ergeben hat, ist überschaubar: Laut Insidern werden Landtagsabgeordnete wegen möglicher Kandidaten für die Nachfolge um Vorschläge angefragt. Im Raum Freiburg ist die Rede von einer Liste mit Namen, die Kretschmann kontaktieren könnte. Aber viele Grünen-Abgeordnete in und um Freiburg wissen nichts von der vermeintlichen Liste, geschweige denn von möglichen Namen, die darauf stehen. Fragt man Grünenpolitiker in der Region nach der anstehenden Entscheidung, erntet man leere Blicke oder ein verlegenes Kichern. Niemand scheint einen Einblick in Kretschmanns Gedankenspiele zu haben oder zu wissen, wie weit diese überhaupt schon sind.
Kretschmann schasste den Vorgänger wegen seines Parteibuchs
Dass sich die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger so schwierig gestaltet, hat auch machtpolitische Gründe. Bei Regierungspräsidentinnen und Regierungspräsidenten handelt es sich um politische Beamte, die durch die Landesregierung bestimmt werden. Das hat Julian Würtenberger (CDU) im Jahr 2012 deutlich zu spüren bekommen. Die damals neue grüne Landesregierung sagte leise servus und schickte ihn in die Wüste. Die parteilose Bärbel Schäfer zog ein in den Basler Hof, wo die Regierungsbehörde ihren Sitz hat: streiche schwarz, setzte grün - auch wenn Schäfer nicht einmal Mitglied der Grünen war. Aber grünennah. Würtenberger musste gehen, obwohl ihm parteiübergreifend sehr gute Arbeit bescheinigt wurde.
Dem neuen Regierungspräsidenten droht ein schnelles Aus
Wenn Bärbel Schäfer in vier Wochen in den Ruhestand geht, müsste nach der politischen Farbenlehre und den Gesetzen politischer Macht jemand von den Grünen folgen, oder jemand, der sich grün anstreichen lässt. Aber: Der Job - wie beschrieben - ist ein unbequemer Schleudersitz. Denn alle Umfragen gehen davon aus, dass bei der nächsten Landtagswahl die CDU im Landtag die Mehrheit und den neuen Ministerpräsidenten bzw. die neue Ministerpräsidentin stellt. Ein sehr hohes Risiko. Denn dann wird es im Basler Hof heißen: Schneller Wechsel kurz nach Spielbeginn. Streiche grün, setze schwarz. Da ist noch die Würtenberger-Rechnung offen seit 2012.
Die Suche nach dem Nachfolger gestaltet sich schwierig
Wer will sich also auf den Schleudersitz begeben? In Freiburg wäre da Umweltbürgermeisterin Christine Buchheit zu nennen, die sicherlich gerne Karriere machen würde, aber schlau genug ist, den Schleudersitz abzulehnen. Auch andere führende Grüne in Freiburg und Umgebung lehnen offenbar ab.
Viel Zeit bleibt Kretschmann nicht mehr
Ministerpräsident Kretschmann hat die Karten in der Hand. Er hat nicht mehr lange Zeit, sie auszuspielen, denn es gilt, die wichtigste politische Position in Südbaden zu besetzen. Eine Vakanz wäre schädlich und würde den Eindruck eines entscheidungsschwachen Ministerpräsidenten hinterlassen. Das können die in den Meinungsumfragen angezählten Grünen im Land nicht brauchen. Kretschmann muss die Karten bald aufdecken. Welche Trümpfe hat er in der Hand? Oder setzt er darauf, dass Klemens Ficht als stellvertretender Regierungspräsident zuerst einmal bis auf Weiteres die Behörde leitet?
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